Körnerleguminosen: Gut für Mensch, Tier, Boden und Umwelt Kulturpflanzenvielfalt und Fruchtfolge

Nachdem ihr Anbau in Deutschland in den letzten Jahrzehnten etwas in Vergessenheit geraten ist, rücken Körnererbsen, Ackerbohnen, Süßlupinen und Sojabohnen wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit.

Leguminosen sind Eiweißlieferanten für Mensch und Tier. Quelle: DS70/E+/GettyImagesPlus via Getty Images

Hülsenfrüchtler (Fabaceae oder Leguminosae), auch Leguminosen genannt, gehören zur botanischen Ordnung der Schmetterlingsblütenartigen (Fabales) und sind eine der artenreichsten Pflanzenfamilien überhaupt. Sie begleitet den Menschen schon seit Jahrtausenden, entstammen ihr doch zahlreiche Vertreter der wichtigsten pflanzlichen Eiweißquellen für Mensch und Tier. So sind die großkörnigen Leguminosen oder auch Körner-Leguminosen, zu denen Erbsen, Bohnen, Lupinen, Linsen oder Erdnüsse gehören, dank ihres hohen Eiweißgehaltes und der guten Ertragsleistungen beinahe überall auf der Welt wichtiger Bestandteil der menschlichen Ernährung. Darüber hinaus versorgen Sojabohne und Vertreter der sogenannten kleinkörnigen Leguminosen, wie Klee und Luzerne, Haus- und Nutztiere mit Protein und weiteren Nährstoffen.

Umfrage: Ihre Meinung ist uns wichtig!

Bild: gunnar3000 - stock.adobe.com

Liebe Leserinnen und Leser,
wir möchten praxis-agrar.de zukünftig noch besser auf Ihre Informationsbedürfnisse zuschneiden. Wir freuen uns, wenn Sie an unserer kurzen Umfrage teilnehmen. Die Bearbeitung der Umfrage dauert etwa 2 Minuten.

Zur Umfrage

Renaissance einer Pflanzenfamilie

Jahrhundertelang gehörten die Leguminosen fest in den Anbauplan bäuerlicher Betriebe. Zum einen als Eiweißquelle für Mensch und Tier und zum anderen, weil ihr Anbau für den Boden und nachfolgende Feldfrüchte aus ackerbaulicher Sicht wichtig war. Doch mit zunehmender mineralischer Düngung und dem Erstarken des globalen Welthandels wurden sie immer weniger angebaut. Lediglich im Ökolandbau blieben sie immer fester Bestandteil der Fruchtfolgen.

Doch seit einiger Zeit erleben die pflanzlichen Alleskönner auch im konventionellen Anbau eine Renaissance (siehe Infografik). Getrieben von der Diskussion um gentechnikfreie und umweltschonende Futtermittel wird nach heimischen Alternativen für importiertes Soja gesucht. Neben dem vertrauten Raps finden Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen oder heimisches Soja zunehmend Platz in den Futtertrögen. Immer mehr Verbraucher suchen zudem nach Alternativen zum Fleischverzehr und finden Geschmack an pflanzlichen Eiweißprodukten.

Landwirte erinnern sich an die bodenverbessernden und stickstoffnachliefernden Eigenschaften und lockern mit Leguminosen enge Fruchtfolgen auf. Wetterextreme, zunehmende Resistenzen bei Unkräutern und Schaderregern sowie schärfere politische Vorgaben der Pflanzenschutz- und Düngegesetzgebung zwingen zur Rückbesinnung auf robuste und widerstandsfähige Anbaukonzepte.

Auch die heftigen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Lieferketten und den weltweiten Handel haben klargemacht, dass heimische Eiweißquellen zu einer resilienteren Ernährungswirtschaft beitragen können.

Infografik Körnerleguminosen

Wie viele Hülsenfrüchte werden in Deutschland angebaut?

Erbsen, Ackerbohnen, Süßlupinen und Sojabohnen. Auf deutschen Äckern wachsen immer mehr Körnerleguminosen. Die Anbauflächen und Erntemengen sind in den letzten 10 Jahren deutlich gestiegen.

Zur Infografik

Ackerbauliche Vorzüge

Was macht die Leguminosen nun aber so besonders interessant für den Ackerbau? Das ist der evolutionäre Trick, durch den sie sich mithilfe von Bodenbakterien, die sich an ihren Wurzeln ansiedeln, ganz ohne Düngung mit Stickstoff versorgen können. Die Knöllchenbakterien binden molekularen Stickstoff aus der im Wurzelraum vorhandenen Luft und stellen ihn als pflanzenverfügbare Verbindungen bereit. Zur „Belohnung“ für die biologische Stickstofffixierung bekommen sie Photosyntheseprodukte von den Pflanzen für ihren eigenen Stoffwechsel. Dank dieser Symbiose sind die Leguminosen nicht nur in der Lage, sich selbst mit ausreichend Stickstoff zu versorgen, ein Teil bleibt auch für die Nachfrucht im Boden. Und da die Pflanzenfamilie so umfangreich ist, findet sich tatsächlich für beinahe jede Klimazone, jede Region und jeden Standort ein für den Anbau geeigneter Vertreter. Die ackerbaulichen Vorzüge des Leguminosenanbaus lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • Sie brauchen keine Stickstoffdüngung, da sie sich aufgrund der Symbiose mit Knöllchenbakterien selbst mit Stickstoff aus der Luft versorgen können.
  • Wegen ihrer meist großen und tiefreichenden Wurzelapparate verbessern sie die Bodenstruktur, vor allem Ackerbohnen und Süßlupinen können Bodenverdichtungen aufbrechen. Dank der guten Bodengare nach dem Anbau eignen sie sich für bodenschonende Anbauverfahren wie Mulch- oder Direktsaat.
  • Eingeordnet in getreidereiche Fruchtfolgen, unterbrechen sie Infektionsketten – bei Getreide etwa von Schwarzbeinigkeit, Halmbruch, DTR und Fusarium, bei Raps von Kohlhernie – und helfen so, Resistenzbildung bei Schaderregern und Unkräutern zu vermeiden. Der Wechsel von Sommerung und Winterung sowie von Blatt- und Halmfrüchten erlaubt die effiziente chemische und mechanische Unkraut- bzw. Ungrasbekämpfung.
  • Blaue Lupinen verfügen über ein hohes Phosphor-Aneignungsvermögen, sie können mehr festgelegtes Phosphat aus dem Boden aufschließen, als sie selber benötigen.

Der Anbau von Körnerleguminosen entzerrt Arbeitsspitzen, hilft, Arbeitszeit zu sparen und vorhandene Maschinen besser auszulasten.


Video: Leguminosen lohnen sich! – Anbau und Ernte von Erbsen

Youtube-Videos

Zum Schutz Ihrer Privatsphäre, werden erst beim klick auf Aktivieren, Daten an Youtube übertragen.


Es gelingt nur zusammen

Blaue Lupinen mobilisieren festgelegtes Phosphat im Boden, was den Nachfrüchten zugute kommt. Quelle: Catrin Hahn

Neben dem Wissen um ackerbauliche und ernährungsphysiologische Vorzüge der Leguminosen braucht es für einen verstärkten Anbau aber auch optimale Rahmenbedingen. Hier sehen Landwirte, Verbände und Wissenschaftler einiges Verbesserungspotenzial. So klagen Anbauer regelmäßig über stark schwankende Erträge beim Anbau von Körnerleguminosen und teilweise schlechte Absatzmöglichkeiten. Dafür wurden mehrere Ursachen identifiziert:

  • Wissensverlust durch jahrzehntelangen Anbauverzicht,
  • kaum Züchtungsprogramme in dieser Zeit – also wenig züchterischer Fortschritt,
  • Verbesserungsbedarf in der Produktionstechnik,
  • zu wenig zugelassene Pflanzenschutzmittel für ausgewogenes Resistenzmanagement, weswegen in vielen Arten Pilzkrankheiten und Virusbefall ein Problem sind,
  • trotz einiger Fortschritte sind die Vermarktungsmöglichkeiten und die Preise vielerorts nicht zufriedenstellend.

Um die Erzeugung von Eiweißpflanzen aus heimischem Anbau weiter zu steigern, sind also in mehreren Bereichen Anstrengungen gefragt. Züchterhäuser starten Zuchtprogramme und beginnen, stabile, leistungsfähige, gesunde Sorten für alle Standortbedingungen bereitstellen. Dazu gehört auch die Suche nach geeigneten Winterformen, die die Niederschläge in Herbst und Winter ausnutzen können. Im Bereich Vermarktung brauchen Landwirte Planungssicherheit und wirtschaftliche Absatzchancen. Das betrifft die Forschung für einen bedarfsgerechten Einsatz in der Tierfütterung ebenso wie die Suche nach neuen Absatzwegen in der Humanernährung. Ganz wichtig ist auch der schnelle Transfer der Erkenntnisse in die Praxis durch intensivierte Ausbildung und Beratung.

Es mag wie eine Binsenweisheit klingen, ist aber dennoch unerlässlich: Es braucht eine konzentrierte Zusammenarbeit aller Akteure der Wertschöpfungskette – von Pflanzenzüchtung und Landwirtschaft über den Erfassungshandel bis hin zu Futtermittelherstellern, Verarbeitung und Lebensmittelhandel.

Unterstützung durch die Politik

Das BMEL fördert den Anbau von Leguminosen wie der Körnererbse im Rahmen der Eiweißpflanzenstrategie. Quelle: Catrin Hahn

Auch die Politik kann bei der Renaissance des Leguminosenanbaues behilflich sein. Die deutsche und europäische Gesetzgebung hat das vor Jahren erkannt und Anreize zum Anbau von Körnerleguminosen geschaffen.

So hatte die Bundesregierung im Rahmen ihrer 2012 gestarteten Eiweißpflanzenstrategie für jeweils fünf Jahre Demonstrations-Netzwerke initiiert: das Soja-Netzwerk, das Lupinen-Netzwerk und das Demo-Netzwerk Erbse/Bohne. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erkennt dabei ausdrücklich die Notwendigkeit an, dass die gesamte Wertschöpfungskette in die Förderung einbezogen werden muss:

"Mit der Eiweißpflanzenstrategie des BMEL sollen – unter Berücksichtigung der internationalen Rahmenbedingungen – Wettbewerbsnachteile heimischer Eiweißpflanzen (Leguminosen wie Ackerbohne, Erbse und Lupinenarten sowie Kleearten, Luzerne und Wicke) verringert, Forschungslücken geschlossen und erforderliche Maßnahmen in der Praxis erprobt und umgesetzt werden." (bmel.de)

Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode des deutschen Bundestags wurde als Ziel festgehalten, die Attraktivität des Leguminosenanbaues durch die Weiterentwicklung der Eiweißpflanzenstrategie zu erhöhen. Agrar-Umwelt-Klimamaßnahmen (AUKM) der 2. Säule bieten hier ebenfalls Fördermöglichkeiten.

Auch die Europäische Union bemüht sich im Rahmen ihrer Gemeinsamen Agrarpolitik, den Anbau von Eiweißpflanzen voranzubringen. Die Ende 2013 beschlossene GAP-Reform bot starke Anreize zum Anbau von Erbsen und Bohnen, indem sie die Anrechnung auf die ökologische Vorrangfläche möglich machte. Die darauffolgende Anbauausdehnung schwächte sich allerdings deutlich ab, als die EU ab 2018 den Pflanzenschutzmitteleinsatz auf diesen Flächen verbot.

Anbauer, Verbandsvertreter, Wissenschaftler, Verarbeiter und Politik sind sich einig, dass es weiterer Anstrengungen bedarf, um dieser vielseitigen und vielversprechenden Pflanzenfamilie ihren gebührenden Platz auf den Feldern einzuräumen.

Letzte Aktualisierung 01.10.2020

Wie wirtschaftlich ist der Anbau von Erbsen und Bohnen?

Der Anbau von Ackerbohnen und Erbsen bietet nicht nur zahlreiche ackerbauliche Vorteile. Auch ökonomisch können die Körnerleguminosen mit Weizen und Raps mithalten.

Zwischenfruchtbau – auch bei Trockenheit kein Problem

Trockenheit ist kein Grund, auf den Anbau von Zwischenfrüchten zu verzichten. Der Ertrag der Hauptkultur wird durch die Zwischenfruchtkultur nicht negativ beeinflusst.

Resistenzmanagement

Resistenzen gegen Pflanzenschutzmittel fordern die landwirtschaftliche Praxis heraus, Anbauverfahren zu überdenken und auf zukunftsfähige Beine zu stellen.