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Leguminosen für die menschliche Ernährung: Anbau und Vermarktungsmöglichkeiten Kulturpflanzenvielfalt und Fruchtfolge

Heimische Körnerleguminosen haben den Sprung vom einfachen Eiweißfuttermittel hin zu einem Rohstoff für pflanzenbasierte Lebensmittel geschafft. Die bestehenden und sich entwickelnden Absatzwege sind vielfältig. Damit Anbau und Vermarktung klappen, sollte vorausschauend geplant werden.

Blaue Süßlupine im Aufwuchs
Foto: Petra Zerhusen-Blecher

Herbizid-Resistenzen nehmen zu, der veränderte Zuckermarkt wirbelt den Rübenanbau durcheinander, Kosten für Betriebsmittel steigen. Agrarmärkte werden zunehmend volatiler und die Witterungsverhältnisse werden als Folge des Klimawandels unkalkulierbar. Vor diesem Hintergrund werfen die letzten Anbaujahre eine wichtige Frage auf: Wie können Fruchtfolgen gesund und ökonomisch erfolgreich bleiben?

Die Fruchtfolgen an den aktuellen Marktpreisen zu orientieren, wäre auf kurze Sicht zwar wirtschaftlich interessant. Aus Gründen der Pflanzengesundheit, der sich stärker abzeichnenden Klimaänderung mit unvorhersehbaren Nässe- und Trockenperioden und nicht zuletzt der ökonomischen Sicherheit ist eine genetisch breite Fruchtarten- und Sortenvielfalt sinnvoll. In diesem Zusammenhang steigt auch das Bewusstsein bei Landwirtinnen und Landwirten für die Vorteile des Anbaus von Körnerleguminosen wie Ackerbohne, Körnererbse, Sojabohne, Süßlupine, Kichererbse und Linse.

Wachsende Nachfrage nach heimischen Körnerleguminosen

Versorgung mit Hülsenfrüchten (BRD)
Abbildung: BLE

Eine weitere Triebfeder ist die wachsende Nachfrage nach heimischen Körnerleguminosen auf dem deutschen Markt. In den vergangenen 10 Jahren hat sich die Inlandsverwendung von Hülsenfrüchten mehr als verdoppelt. Nach Schätzungen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) wurden in 2020/21 ca. 33 Prozent der angebauten Leguminosen der menschlichen Ernährung zugeführt. Ungefähr 67 Prozent gelangten in die Tierfütterung. Die Nachfrage wird zu knapp 62 Prozent durch die Inlandserzeugung gedeckt. Anbaupotenzial ist also reichlich vorhanden.

Anbau für den Lebensmittelbereich

Die Lebensmittelindustrie hat mit vegetarischen und veganen Produkten auf Basis von (heimischen) Hülsenfrüchten eine neue Produktsparte im Markt entdeckt. Wie der Markt für Pflanzenproteine wächst diese derzeit immens. Dabei sind nicht nur vegetarisch und vegan lebende Menschen die Zielgruppe: Personen, die zeitweise auf tierische Produkte verzichten und diese durch adäquate pflanzliche Produkte ersetzen möchten, nutzen die Produkte vermehrt. Neben Hülsenfrüchten werden auch die einzelnen Fraktionen wie Protein, Stärke oder Fasern in der Lebensmittelindustrie und darüber hinaus (z. B. Körnererbsenstärke) verwendet und nachgefragt.

Produktbeispiele für Ackerbohnen, Körnererbsen, Lupinen und Sojabohnen
Abbildung: Petra Zerhusen-Blecher

Als Gründe für den Verzehr sind u. a. die Nachfrage nach nachhaltigen, klimaschonenden, tierfreundlichen und regionalen Nahrungsmitteln zu nennen. Darüber hinaus machen ihr günstiges Nährstoffprofil sowie ihre vielfältigen Einsatzmöglichkeiten die heimischen Hülsenfrüchte zu attraktiven Rohstoffen für die Lebensmittelindustrie.

Doch was müssen Landwirtinnen und Landwirte beim Anbau von Körnerleguminosen beachten?

Standortangepasste Wahl der richtigen Körnerleguminose

Ein ökonomisch erfolgreicher Anbau der Körnerleguminosen gelingt auf entsprechend geeigneten Standorten. Boden- und Klimaansprüche sowie die individuelle Trockentoleranz der jeweiligen Leguminose müssen dabei berücksichtigt werden. Sie müssen außerdem zur Betriebsstruktur passen und in der Bestandsführung dieselbe Sorgfalt erhalten wie die übrigen Hauptkulturen.

Standortansprüche einzelner Körnerleguminosen

Anbau-Checkliste: Erbsen
Abbildung: Petra Zerhusen-Blecher; Foto: Irene Jacob

Erbsen

Körner- bzw. Futtererbsen bringen auf humosen, tiefgründigen Lehmböden die besten Erträge. Sie können ihr Leistungspotenzial auch auf leichteren, flachgründigen Böden ausschöpfen. Dazu muss eine ausreichende Wasserversorgung zur Keimung, Blüte und Kornfüllung gesichert sein. Sie tolerieren einen gewissen Trockenstress. Im Bundesdurchschnitt erzielt die Körnererbse im 7-jährigen Mittel 32,3 dt/ha. Ihr Ertragspotenzial spiegelt sich in den erzielbaren Erträgen von bis zu 70 dt/ha in günstigen Jahren und Standorten wieder. Das haben Erhebungen in Praxisbetrieben des Demonstrationsnetzwerkes Erbse/Bohne gezeigt.

Anbau-Checkliste: Ackerbohnen
Abbildung: Petra Zerhusen-Blecher; Foto: Irene Jacob

Ackerbohnen

Die anspruchsvolleren Ackerbohnen bevorzugen mittlere bis schwere Böden mit sicherer Wasserführung über die gesamte Vegetationsperiode. Als geeignete Bohnenstandorte heben sich die Küstenregion Deutschlands, die Lehmböden im südwestlichen Niedersachsen sowie die Börderegionen Nordrhein-Westfalens hervor. Im Vergleich zu den übrigen Bundesländern konnten hier 7-jährige Ertragsmittel mit bis zu 51 dt/ha errechnet werden, die deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 36,8 dt/ha lagen. Praxisbetriebe des Demonstrationsnetzwerkes Erbse/Bohne konnten in günstigen Jahren Erträge bis zu 74 dt/ha realisieren.

Anbau-Checkliste: Blaue Lupinen
Abbildung und Foto: Petra Zerhusen-Blecher

Blaue Süßlupinen

Die Blaue Süßlupine hat ihre Anbauschwerpunkte auf leichten bis mittleren Böden mit einem pH-Wert von 5,0 bis 6,8. Sie eignet sich für alle Klimalagen Deutschlands, besonders für Gebiete mit kurzer Vegetationszeit, Vorgebirgslagen und Küstengebieten. In normalen Jahren und entsprechend der Standortgüte bewegen sich die Erträge zwischen 15 und etwa 45 dt/ha (Gesellschaft zur Förderung der Lupine 2016).

Anbau-Checkliste: Weiße Lupinen
Abbildung und Foto: Petra Zerhusen-Blecher

Weiße Lupinen

Die Weiße Lupine hat höhere Ansprüche: Sie bevorzugt wärmere Lagen und zeigt sich auf mittleren bis besseren Böden bei einem pH von 5,5 bis 7,0 ertragsstark. Dadurch hat sich die Süßlupine mit ihren anthraknosetoleranten Sorten auch vermehrt in Anbauregionen, wie z.B. Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Baden-Württemberg und Bayern etabliert (Deutsche Saatveredlung 2022).

Anbau-Checkliste: Sojabohnen
Abbildung und Foto: Petra Zerhusen-Blecher

Sojabohnen

Für eine gesicherte Entwicklung und rechtzeitige Abreife der Sojabohne sind Wärme- und Wasserangebot am Standort entscheidend. Sie eignet sich daher für wärmere Lagen mit Anbauschwerpunkten in Bayern und Baden-Württemberg. Neue ertragsstarke, frühreife 000-Sorten begünstigen die Ausweitung des Sojaanbaus auch in die kühleren nördlicheren Bundesländern. Das Ertragspotenzial der Sojabohne zeigt sich in einzelnen Praxiserträgen von bis zu 49 dt/ha (Schmidt et al. 2019).

Vorteile des Anbaus von Körnerleguminosen

Die Integration von Körnerleguminosen in die Fruchtfolgen verändert das Anbausystem in seinen Wechselbeziehungen und seinen Leistungen. Je einseitiger die bisherige Fruchtfolge und je geringer die Bodenfruchtbarkeit im praktizierten Anbausystem ist, desto größer sind die Vorfruchtwirkungen und Fruchtfolgeeffekte einer Körnerleguminose. Vorfruchteffekte, wie z. B. Mehrertrag der Folgefrucht, Stickstoffdüngereinsparung und Einsparungen bei der Bodenbearbeitung zur Folgefrucht können betriebsspezifisch monetär berechnet werden. Sie sollten als Bonus auf die Leistung der Körnerleguminose angerechnet werden.

Fruchtfolgeeffekte durch Körnerleguminosen

  • Stickstofffixierung mit Hilfe der Knöllchenbakterien
    --> Stickstoffdüngerungeinsparung, CO2-Einsparung, höhere Energieeffizienz
  • Verbesserung der Bodenstruktur, Aufbrechen von Verdichtungen (tiefwurzelnde Ackerbohne und Lupine) und damit Erhalt und Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit
  • Bodenverbesserung erleichtert die maschinelle Bodenbearbeitung. Kraftstoff-Einsparung und Vermeidung von Treibhausgasemissionen
  • Aufschluss des im Boden festgelegten Phosphats, insbesondere durch Lupinen
  • Auflockerung getreidereicher Fruchtfolgen und Unterbrechung von Infektionsketten (Krankheitserreger), Vermeidung von Resistenzbildungen (Krankheiten/ Problemgräsern)
  • Verbesserte Unkrautregulierung durch Kulturartenwechsel
    - Sommerungen und Winterungen sowie Blatt- und Halmfrüchte
  • Entzerrung von Arbeitsspitzen, Verringerung von Arbeitsstunden und effizientere Maschinennutzung im Landwirtschaftsbetrieb
  • Möglichkeit zum Einstieg in die pfluglose Bodenbewirtschaftung vor oder nach der Körnerleguminose
  • Effizienzsteigerung bei der Bewertung vollständiger Produktionssysteme nach Vollkosten, auch bei steigendem Preisniveau der Kulturen
  • Erhöhung der Biodiversität in der Landschaft und Nahrungsquellen für Insekten
  • Produktion von einheimischen eiweißreichen und gentechnikfreien Rohstoffen für die Tier- und Humanernährung

Absatzwege für Ackerbohne, Erbse und Co.

Genauso vielfältig und regional unterschiedlich wie die auf Hülsenfrüchten basierenden Produkte sind die Vermarktungsstrukturen und –möglichkeiten. Die bestehenden und sich entwickelnden Absatzwege für Ackerbohne, Körnererbse und Co. sind zahlreich. Gleichzeitig sind sie oft schwierig zu finden.

Auf diesen Online-Handelsplattformen finden Anbieter und Abnehmer zusammen:

Darüber hinaus sollte die direkte Ansprache von Hülsenfrüchte verarbeitenden Firmen, Erzeugergemeinschaften oder Initiativen unbedingt genutzt werden.

Auf der Homepage des Leguminosen-Netzwerkes findet sich zudem eine Liste mit Lohndienstleistern zur Aufbereitung von Körnerleguminosen: www.legunet.de/vermarktung.

Vermarktungsmöglichkeiten rechtzeitig planen

Empfohlen wird, vor dem Anbau der Körnerleguminose ihre weitere Verwendung und Vermarktung zu planen und mit der aufnehmenden Hand Gespräche zu führen. So können im Vorfeld geforderte Qualitätsanforderungen und Sortenfragen geklärt sowie Abnahmemenge und Preis ausgehandelt werden. Anbauverträge bieten verlässliche Rahmenbedingungen über den Zeitraum von mindestens einem Wirtschaftsjahr. Sie können ein gutes Vermarktungsmodell für die erzeugten Hülsenfrüchte darstellen.
Aufgrund der sich stark entwickelnden Nachfrage nach heimischen Körnerleguminosen durch die Lebensmittelindustrie ergeben sich für die Vermarktung neue ökonomisch attraktive Optionen durch einen Vertragsanbau. Dieser bietet vielversprechende Preismodelle, wie einen prozentualen Preisaufschlag auf den Matifpreis für Weizen oder einen Preisbonus pro abgelieferter Tonne anbieten.

Dauerhafte Wertschöpfungsketten basieren darauf, dass alle Wertschöpfungsstufen Vorteile realisieren können. Eventuelle Einschränkungen durch Vorgaben von z. B. Anbau, Liefermengen und -qualitäten müssen durch Parameter wie Planungssicherheit oder Preis mehr als aufgewogen werden. Es sollte kein Absatzweg kategorisch ausgeschlossen werden.

Weitere Informationen können auf der Webseite des Leguminosen-Netzwerkes https://www.legunet.de/ abgerufen werden.

Weitere Informationen

BZL-Broschüre „Erbsen und Ackerbohnen anbauen und verwerten"

Gesellschaft zur Förderung der Lupine e.V. (2016): Lupinen – Anbau und Verwertung. Bocksee.

Deutsche Saatveredlung (2022): Die Weiße Lupine – Anbauratgeber. Lippstadt.

Schmidt, H., Langanky, L., Wolf, L., Schätzl, R. (2019): Soja-Anbau in der Praxis. Ackerbau & Ökonomie – ökologisch & konventionell. ISBN: 9783895749797.

Letzte Aktualisierung: 15.01.2024

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