Die Anforderungen an wolfsabweisende Zäune sind nicht leicht umzusetzen. Die lokalen Gegebenheiten sind ebenso wie die bestehenden Betriebsabläufe und die finanziellen und arbeitszeitlichen Ressourcen miteinzubeziehen. Die Bundesländer unterstützen Weidetierhalterinnen und Weidetierhalter beim präventiven Herdenschutz indem sie Förderprogramme anbieten. Deren Ausgestaltung ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, so sind auch die Anforderungen an wolfsabweisende Zäune nicht überall gleich und situationsbedingt. Eine Herdenschutzberatung ist in jedem Falle vor dem Beginn eines Zaunbauvorhabens zu empfehlen – ganz gleich, ob es sich dabei um einen Neubau oder eine Nachrüstung handelt.
Herdenschutzberatung in den Bundesländern
Gesamte Weidefläche zäunen
Die wichtigste Maßnahme um die Wirkung eines wolfsabweisenden Zauns zu gewährleisten ist, dass alle Seiten der Weidefläche gleich gut mit einem wolfsabweisenden Zaun geschützt sind. Bäche, Wassergräben und andere Wasserflächen eignen sich nicht als Weidebegrenzung. Wölfe sind gute Schwimmer und scheuen vor dem Queren von Wasserflächen nicht zurück. Ebenso wenig hält sie sumpfiger, mooriger oder matschiger Untergrund vom Eindringen in Weiden ab, was beim Zaunbau entsprechend zu berücksichtigen ist. Ebenso gilt: auch wenn Weideflächen nah an Dorf, Hof oder Garten gelegen sind und Weidetiere dadurch geschützt erscheinen mögen, nur die Installation eines wolfsabweisenden Zauns auf allen Seiten der Weidefläche hat eine wolfsabweisende Wirkung.
Schwachstellen im Zaunsystem vermeiden
Ähnlich wie Wölfe das schwächste Tier in einer Herde ausfindig machen, suchen sie auch einen Zaun nach der der schwächsten Stelle ab. Daher müssen auch die Zauntore wolfsabweisend ausgerüstet sein. Ebenso sind Schwachstellen an Gräben und Senken durch angepasste Zaunführung und technische Lösungen zu vermeiden.
Durchschlüpfen verhindern
Das sogenannte Durchschlüpfen kann prinzipiell durch einen rein mechanisch wirkenden Stabilzaun oder durch einen Elektrozaun, als Festzaun oder Mobilzaun, verhindert werden. Für das mechanische Verhindern des Eindringens muss das Material so stabil und engmaschig sein, dass ein Wolf nicht hindurchpasst, wie zum Beispiel bei den Feldern eines stabilen Knotengeflechts mit nicht-verschiebbaren Knoten. Handelt es sich beispielsweise um einen Holzlattenzaun wird ein Abstand von maximal 20 Zentimetern zwischen vertikalen oder horizontalen Latten empfohlen. Ist das Material biegbar, sind die Abstände entsprechend kleiner zu gestalten. (Diese Abstände sind Empfehlungen. Sie stellen keine hundertprozentige Sicherheit dar, dass ein Wolf in einer Extremsituation sich nicht doch hindurchquetschen könnte.). Der Kontakt mit einem rein mechanisch wirkenden Zaun ist bei Berührung in der Regel schmerzlos. Da jedoch die Gefahr besteht, dass einzelne Wölfe bei wiederholtem Kontakt mit diesen Zäunen lernen sie zu überklettern oder mit Pfote oder Schnauze zu manipulieren. Es ist daher sinnvoll, mechanisch wirkende Stabilzäune mit einem Überkletterschutz auszurüsten.
Um bei elektrischen Zäunen einen Schutz vor dem direkten Eindringen durch den Zaun zu gewährleisten sollten die untersten drei Stromleiter maximal einen Abstand von 20 Zentimetern zueinander und zum Boden aufweisen. Die Abstände der Stromleiter darüber können auch etwas größer sein, maximal bis zu 30 Zentimeter.
Untergrabeschutz
Das Eingraben des Zaunes, die Befestigung einer Zaunschürze und die Anbringung elektrischer Leiter im Bodenbereich haben sich als Untergrabeschutz bewährt. Lediglich Stabilzäune, deren Hütewirkung rein mechanisch ist, werden mit Untergrabeschutz ausgerüstet. Dieser soll verhindern, dass ein Wolf einen Zaun untergraben kann. Ein individueller Untergrabschutz an schwierigen Stellen kann auch durch Einbringung von festem Material, zum Beispiel Metallstangen, Baustahlmatten, Steinen, wie Findlingen, Betonbruch oder ähnlichem, erreicht werden.
Wie tief ein Zaun sinnvollerweise eingegraben werden sollte, hängt von lokalen Faktoren der Bodenbeschaffenheit ab. Ist der Boden so beschaffen, dass ein Wolf gut graben kann – wie beispielsweise bei sandigen Böden – ist in der Regel eine Tiefe von mindestens 50 Zentimetern zu empfehlen. Bei Gegebenheiten wie stark lehmigen, festem oder steinigen Böden bis hin zu bodennahen Gesteinsschichten kann eine geringere Tiefe ausreichend sein. Steht ein Zaun beispielsweise direkt angrenzend an einem stark verfestigten oder gepflasterten Weg, kann ein zusätzlicher Untergrabschutz, in Absprache mit Herdenschutzberatenden, verzichtbar sein. Da die Eingrabtiefe des Zaunes in der Zaunhöhe berücksichtigt werden muss, eignet sich diese Methode besonders für Neuanlagen. Ein Nachrüsten ist prinzipiell möglich, aber aufwändig.
Auch das Anbringen einer Schürze kommt hauptsächlich bei Neuanlagen in Frage. Eine Schürze ist ein Drahtgeflecht, das circa einen Meter lang sein sollte. Die Schürze wird an der Außenseite des Zaunes an der Bodenoberfläche mit Hilfe von Erdankern fixiert und ist gleichzeitig am Zaum befestigt.
Eine weitere Möglichkeit, einen Wolf am Untergraben zu hindern, ist die Anbringung eines elektrischen Leiters in einem Abstand von höchstens 20 Zentimeter über dem Boden und im Abstand von circa 15 Zentimetern vom Zaun. Ein zusätzlicher elektrischer Leiter auf 40 Zentimetern Höhe über dem Boden, wie er beispielsweise in Brandenburg für einen wolfsabweisenden Zaun gefordert wird, verhindert zusätzlich, dass ein Festzaun mit der Schnauze manipuliert werden kann.
Ein wolfsabweisender Elektrozaun benötigt keinen zusätzlichen Untergrabschutz. Sein unterster Stromleiter stellt den der Untergrabschutz dar. Damit der Zaun nicht doch untergaben wird, ist es wichtig, dass der unterste Stromleiter maximal 20 Zentimeter über dem Boden verläuft und jederzeit ausreichend Strom führt.
Überklettern und Überspringen vermeiden
Ein möglichst auf ganzer Länge straff gespannter Zaun hilft, die Höhe eines Zaunes komplett auszuschöpfen. Die Stellen, an denen Zäune durchhängen und damit weniger hoch sind, können einen Ansatzpunkt für einen Überwindungsversuch darstellen. Bei Elektrozäunen gewährleistet das straffe Spannen den passenden Abstand der Stromleiter zueinander. So wird die Stromführung und damit die wolfsabweisende Wirkung aufrechterhalten. Die Höhe eines Elektrozaunes kann optisch noch erhöht werden, indem eine Breitbandlitze als Flatterband über dem Zaun angebracht wird. Dabei ist darauf zu achten, dass der Abstand zum eigentlichen Zaun weniger als 30 Zentimeter beträgt.
Einen rein mechanisch wirkenden Festzaun kann ein Wolf berühren und so üben und lernen diesen zu überklettern. Daher ist es sinnvoll diese Zäune mit einen elektrischen Überkletterschutz aus einem vorgelagerten Stromleiter auszurüsten. Dieser kann oftmals mit Hilfe von Abstandsisolatoren am Zaun angebracht werden. Der Abstand sollte circa 10 bis 15 Zentimeter betragen. Die Höhe und die Art der Anbringung hängen unter anderem von der Höhe des mechanischen Festzaunes ab. Wichtig dabei ist, dass ein Wolf beim Überklettern des Zauns nicht an einer Berührung des Stromleiters vorbeikommt und bei Berührung einen Stromschlag erhält, der ihn zurückschrecken lässt. Prinzipiell kann der Überkletterschutz vorgelagert, schräg nach oben oder über dem Zaun angebracht werden. Ist der mechanische Festzaun beispielsweise bei Schafen 120 Zentimeter hoch, bietet ein zusätzlicher elektrischer Leiter, der über dem Zaun auf 140 Zentimeter Höhe angebracht ist, neben dem Überkletterschutz, auch den Vorteil einer Erhöhung des Zaunes.
Einsprunghilfen vermeiden
Auch hohe wolfsabweisende Zäune nutzen nichts, wenn ein Wolf die Möglichkeit hat, über eine Einsprunghilfe in die Weide zu gelangen. Auch Gegenstände, die niedriger sind als der Zaun, bieten Wölfen eine Einsprungmöglichkeit. Deshalb sollten Stroh- oder Heuballen, Misthaufen, Bänke, Baumstämme, Mauern, Holzstapel und Weiteres mehr, von Weidetierhaltenden als mögliche Einsprunghilfen für Wölfe wahrgenommen werden. Dabei ist der Abstand der Einsprunghilfe zum Zaun, die Zaunhöhe sowie die Höhe der Einsprungmöglichkeit zu beachten.
Möglichkeiten, um Einsprunghilfen zu vermeiden sind:
- den Abstand zwischen der möglichen Einsprunghilfe und dem wolfsabweisenden Zaun zu vergrößern und/oder
- für bewegbare Einsprunghilfen einen anderen Platz zu finden und/oder
- den wolfsabweisenden Zaun an der Einsprunghilfe entsprechend zu erhöhen
Folgende Beispiele verdeutlichen dies: Je höher ein „unbeweglicher“ Baumstumpf oder eine begehbare Mauer ist, desto weiter weg sollte die eingezäunte Weidefläche liegen. Im Fall von Böschungen und Geländekanten, die als Einsprungmöglichkeit genutzt werden können, kommen alternativ zum Abstand-Einhalten ein versetzter Zaunverlauf entlang der erhöhten Stelle oder das Erhöhen des Zaunes in Frage.