Auch wenn ein Herdenschutzhund weitestgehend allein und oft auch unbeaufsichtigt „arbeitet“, sind eine enge Bindung zu seiner Bezugsperson und eine tägliche Kontrolle auf Wohlergehen unerlässlich. Interessierte sollten sich also zunächst die Frage stellen: Bin ich ein Hundemensch? Habe ich Hunde-Sachverstand und bin offen für die tägliche Zusammenarbeit mit den Tieren?

Herdenschutzhunde brauchen Pflege, Futter und medizinische Versorgung sowie Kontakt zum Menschen – und das über Jahre. Die haltende Person muss dafür Sorge tragen, dass die Hunde sozialisiert werden und sich an ihre Umwelt gewöhnen.

Da die Herdenschutzhunde fester Bestandteil der täglichen Betriebsabläufe werden, sollten auch Familienmitglieder und Mitarbeitende in das Projekt Herdenschutzhund mit einbezogen werden. Weiterbildungen und Trainings können dabei helfen, die Zusammenarbeit mit den Tieren zu verbessern.

Ist der menschliche Faktor geklärt, sollten praktischere Überlegungen hinzukommen:

• Wo liegt mein Betrieb und wie sieht die Umgebung aus?
• Liegt er in Ortslage?
• Könnten sich Nachbarn oder Anwohner von Hundegebell belästigt fühlen, insbesondere nachts?
• Grenzen die Flächen an beliebte und gut besuchte Spazierwege oder liegen sie in touristisch genutzten Gebieten?
• Könnte es zu Irritationen bei Spaziergängern kommen, wenn die Herdenschutzhunde ihr Territorium schützen wollen und abwehrend reagieren?

Hier macht es Sinn, verschiedene Szenarien gedanklich durchzuspielen, mögliche Problemfelder auszuloten und die Umsetzbarkeit der Pläne ehrlich zu prüfen.

Eine Herdenschutzberatung kann auch zu rechtlichen Bestimmungen für die Haltung von Herdenschutzhunden im jeweiligen Bundesland informieren. Darüber hinaus kann die Vernetzung mit anderen Halterinnen und Haltern sowie Profis nützlich sein, um von deren Erfahrungen zu hören und wertvolle Praxistipps zu erhalten.

Auch die Tiere, die man schützen möchte, sollten in den Überlegungen Platz finden:

• Sind die Weidetiere bereits an Herdenschutzhunde oder Hunde insgesamt gewöhnt?
• Und sind andersherum auch die Herdenschutzhunde an die zu schützende Tierart gewöhnt?

Beide Fragen sind für eine erfolgreiche Beziehung wichtig. Sollten die Tiere noch nicht an Herdenschutzhunde gewöhnt sein, können sie zunächst nervös und schreckhaft reagieren und der Bindungsaufbau verzögert sich. Jungtiere, die bereits in der Anwesenheit von Herdenschutzhunden geboren werden, sind wiederum schneller an diese gewöhnt.

Die Herde sollte für den Hund ein wichtiger Bestandteil seines sozialen Netzwerkes sein – nur mit dieser engen Bindung erfüllt er die gewünschte Schutzfunktion gegen den Wolf. Der haltenden Person kommt hierbei die wichtige Aufgabe zu, die Sozialisierung und Gewöhnung der Tiere zu unterstützen, denn sie kennt die eigene Herde am besten.

Um einen erfolgreichen Herdenschutz mit Hunden aufbauen zu können, darf eine Bestandsaufnahme in Sachen Wolf nicht fehlen:

• Wie viele bekannte Tiere oder Rudel gibt es in der Nähe, welches Verhalten zeigen sie bisher?
• Könnten sie bereits mit Herdenschutzhunden von Nachbarbetrieben Bekanntschaft gemacht haben oder daran gewöhnt sein?

Antworten auf diese Fragen haben unter Umständen auch Auswirkungen auf die am besten zum Betrieb passenden Hunderassen, den gewünschten Charakter der Hunde und die Zusammensetzung des „Hundes-Teams“. Mindestens zwei Herdenschutzhunde sollten immer eingeplant werden, damit die sozialen Bedürfnisse der Tiere erfüllt werden.

Eine Herdenschutzberatung in Ihrem Bundesland ist immer empfehlenswert. Nicht nur zum betriebsindividuell passenden Herdenschutzsystem (mit oder ohne Herdenschutzhund), sondern auch zu Fördermöglichkeiten und zur regionalen Wolfssituation können hier Infos eingeholt werden.

Wie bereits erwähnt, haben auch Herdenschutzhunde ihren ganz eigenen Charakter. Deshalb sollte vorab geklärt werden, ob Herdenschutzhunde zum Betrieb passen – vor allem wenn bereits andere Arbeitshunde im Betrieb leben. Auch individuelle Bedürfnisse des einzelnen Tieres sind zu berücksichtigen, genau wie Geschlecht, Bewegungsverhalten und soziale Kompetenz. Nur wenn der Herdenschutzhund sich wohlfühlt und gut sozialisiert ist, wird er die erwünschte Schutzfunktion für die Herde erbringen können. Er braucht eine stabile Verbindung zur Herde, aber auch zum betreuenden und verantwortlichen Menschen, der ihn pflegt und für ihn sorgt.

Das passende Futter und medizinische Versorgung sind hierbei genauso wichtig wie Bindung und Förderung. Dieser Zeitaufwand im täglichen Betriebsgeschehen sollte vor der Anschaffung unbedingt eingeplant und bedacht werden. Gleiches gilt für den finanziellen Aufwand. Hund, Versorgun, Versicherung, gegebenenfalls Steuern und Tierarzt kosten Geld – und zwar nicht nur einmalig, sondern laufend. Die finanziellen Ressourcen für das Projekt sollten daher realistisch und langfristig eingeschätzt und Fördermöglichkeiten vorab gecheckt werden.