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CowEnergy: Kombination von Energie- und Milcherzeugung Erzeugung erneuerbarer Energien und Energieeffizienz

Im Verbundforschungsvorhaben CowEnergy wird die Energie- und Milcherzeugung zusammengeführt. Ein integriertes Farm-Management-System soll betriebliche Abläufe automatisieren und die Vernetzung mit regionalen Energienetzen ermöglichen.

Der Stall ist hell und luftig unter Tierwohlgesichtspunkten gebaut. Im Projekt werden alle Stromabnehmer im Stall wie beispielsweise Melkroboter, Spaltenreiniger, Kuhbürsten, Beleuchtung und Ventilatoren hinsichtlich ihres Strombedarfs und ihrer Laufzeiten erfasst. Foto: Brammert-Schröder

In der Milchviehhaltung setzt sich die Automatisierung beim Melken und Füttern der Kühe immer weiter durch. Gleichzeitig unterstützen verschiedene Sensoren beim Herdenmanagement. Das Tierwohl steht dabei mehr denn je im Mittelpunkt. Auch bei der Erzeugung erneuerbarer Energien hat sich viel getan. Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe erzeugen Strom über Photovoltaik-, Biogas- oder Windkraftanlagen und verbrauchen ihn auch im eigenen Betrieb. Die Forschungsvorhaben Stall 4.0 – Integrated Dairy Farming und CowEnergy wollen eine weitestgehende Stallautomatisierung mit dezentraler Energieerzeugung und intelligenter Netzanbindung optimal verknüpfen.

Hoher Eigenstromverbrauch ist lukrativ

Im Batteriespeicher wird der Strom, der nicht direkt verbraucht wird, zwischengespeichert. Foto: Brammert-Schröder

„Wir sehen ein enormes Potenzial für die Eigenversorgung von Betrieben und auch zur Bedarfsdeckung eines regionalen Energieversorgungsnetzes“, so Prof. Jörn Stumpenhausen von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT). Für die Landwirte ist ein hoher Eigenstromverbrauch lukrativ und eine Flexibilisierung der Einspeisung kann auch für regionale Energieversorger interessant sein. Neben der HSWT ist die Technische Universität München-Weihenstephan (TUM) federführend an den Projekten beteiligt, die im Dezember 2016 an den Start gegangen sind. CowEnegry wurde im Rahmen der Innovationsförderung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft gefördert.

Ziel der Projekte ist die Entwicklung eines autonomen Energie Management Systems (EMS). Es soll den Energieverbrauch auf dem Betrieb an die aktuell erzeugte Energiemenge anpassen. Strom, der nicht direkt verbraucht wird, kann beispielsweise in Batteriespeichern zwischengespeichert oder in regionale Energieversorgungsnetze einspeist werden. Das EMS wird seit 2017 auf einem Praxis-Pilotbetrieb in Bayern getestet.

Die Photovoltaikanlagen liefern 215 kWp. Strom, der nicht direkt verbraucht wird, kann in einem Batteriespeicher zwischengespeichert werden. Zukünftig soll der Strom auch in das regionale Energienetz eingespeist werden. Foto: Betrieb Demmel

Flexibles System durch Einsatz von Aktoren

Der Wassertank der Kochendwasserreinigung für die Melkanlage dient als Energiespeicher. Hierüber lassen sich die Spitzen in der Stromerzeugung bis zum Verbrauch zwischenspeichern. Das Wasser wird im vorgeheizten Zustand abgegeben. Foto: Brammert-Schröder

Es klingt zunächst ganz einfach: Der auf einem landwirtschaftlichen Betrieb erzeugte Strom aus Photovoltaik-, Biogas- oder Windkraftanlagen soll im eigenen Stall verbraucht werden. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass viele Prozesse aufeinander abgestimmt und geregelt werden müssen.

Bei der Entwicklung des autonomen EMSs für den Stall mussten verschiedene Rahmenbedingungen erfüllt werden. Zum einen muss das Tierwohl zu jeder Zeit geschützt werden: Die Kühe benötigen Futter zu bestimmten Zeiten und die Melkroboter müssen immer einsatzbereit sein. Eine weitere Bedingung sind die Qualitätsansprüche der Milch, die Kühlung darf beispielsweise nicht ausfallen. Die technischen Grenzen geben die elektrischen Verbraucher vor, die bestimmte Laufzeiten haben.

„Trotz dieser Rahmenbedingungen war die Anforderung, das System flexibel zu gestalten“, erklärt Martin Höhendinger von der Hochschule Triesdorf, der im Rahmen seiner Doktorarbeit an der Entwicklung des EMS arbeitet. Das gelang, indem die Wissenschaftler eine weitere Ebene, sogenannte Aktoren, zwischen den Stromerzeugern und den Stromverbrauchern integrierten. Über diese Aktorensteuerung wird die Stromverfügbarkeit für die Prozesse im Stall geregelt. Gleichzeitig wird gewährleistet, dass zwingend erforderliche Prozesse immer laufen können.

Stromverbrauch und Stromproduktion werden aufeinander abgestimmt

Auf dem Pilotbetrieb laufen verschiedene Fahrzeuge mit Elektroantrieb: der Futtermischwagen, ein Radlader, ein Hoftrac und die PKWs der Familie. Foto: Brammert-Schröder

Im ersten Schritt wurden differenzierte Lastganganalysen aller Verbraucher gemacht und definiert, welche Versorgungspriorität sie haben und wie flexibel sie einzusetzen sind. „Alles, was einen Leistungsbedarf hat, wurde mit Messtechnik versehen und es wurde ermittelt, was wieviel Strom zu welchem Zeitpunkt verbraucht“, so Höhendinger. Auf diese Weise wurden die wichtigsten Verbraucher definiert. Beispielsweise hat das automatische Melksystem im Pilotbetrieb immer Vorrang. Die Fütterung läuft zu bestimmten Zeiten, darauf zeitlich abgestimmt der Spaltenreiniger. Diese zeitliche Hierarchie ist wichtig, damit die Kühe beim Fressen nicht gestört werden.

Stromverbrauch im Stall und Stromerzeugung auf dem Dach sollen gut aufeinander abgestimmt werden, um einen hohen Eigenstromverbrauch zu ermöglichen. Über einen stationären Batteriespeicher mit einer Kapazität von 138 kWh werden vorübergehend nicht benötigte Strommengen, die die Photovoltaikanlagen auf den Dächern des Pilotbetriebes mit einer Gesamtleistung von 215 kWp erzeugen, zwischengespeichert. Sie werden freigegeben, wenn die aktuelle Stromerzeugung für den Verbrauch nicht ausreicht, beispielsweise nachts. Als weitere mobile Stromspeicher stehen auf dem Betrieb ein elektrischer Futtermischwagen sowie weitere E-Fahrzeuge zur Verfügung.

Verhalten der Kühe fließt in Prozessoptimierung ein

Das Verhalten der Kühe wird im Projekt über verschiedene Sensoren überwacht, wie hier am Melkroboter. Eine Prognose, wie sich die Kühe in den nächsten 15 Minuten verhalten werden, ist wichtig für die Prozessoptimierung. Foto: Brammert-Schröder

Die Hierarchie der Energieverwendung festzulegen, war das zweite große Thema. „Das Tierwohl muss mit der Automatisierung konform gehen“, so der Wissenschaftler. Deshalb dreht sich bei der Entwicklung des EMS ein großer Teil des Forschungsvorhabens um das Verhalten der Kühe.

Über ein Ortungssystem sowie über Videokameras wurde das Verhalten der Kühe beobachtet. Eine Prognose darüber, wie sich Kühe in den nächsten 15 Minuten verhalten werden, ist wichtig für die Prozessoptimierung. Bei der Prozessoptimierung setzen die Wissenschaftler auf den Einsatz künstlicher Intelligenz (KI).

Über die Aktoren werden die Verbraucher im Stall nach bestimmten Algorithmen gesperrt oder freigegeben. In diese Aktoren sind intelligente Stromzähler (Smart Meter) integriert, die jederzeit den aktuellen Verbrauch erfassen und ein intelligentes Lastmanagement ermöglichen. Ziel ist es, eine Steuerungs- und Regellogik zu entwickeln, damit die Prozesse im Stall automatisiert laufen.

„Momentan ist die automatisierte Freigabe des Stroms für die einzelnen Verbraucher im Testbetrieb. Die nächsten Schritte sind die Integration des Steuerungsalgorithmus und die ersten Tests der Optimierungsergebnisse. Bis eine KI die Verteilung des Stroms komplett autonom steuert und optimiert, werden wir noch einiges an Forschungsarbeit investieren müssen“, so das Fazit von Höhendinger.

Vernetzung mit regionalen Energienetzen als Ziel

Das Forschungsprojekt läuft noch bis Ende Februar 2021. Dann soll im besten Fall ein integriertes Farm-Management-System stehen, dass eine Automatisierung betrieblicher Abläufe und Verfahrensketten in Milchviehbetrieben ermöglicht, die auf den eigenen Dachflächen oder durch die Einbindung von Windkraft- und Biogasanlagen ihren eigenen Strom erzeugen.

Weiteres Ziel des Projektes ist es, dass das On-Farm Energie Management System die Vernetzung in regionale Energienetze ermöglicht. Denn in der Regel ist das Energieerzeugungspotenzial deutlich größer als der Strombedarf des Stalls oder des landwirtschaftlichen Betriebes. So könnte beispielsweise ein landwirtschaftlicher Betrieb, der über Photovoltaik oder eine Biogasanlage Strom erzeugt und über einen Batteriespeicher verfügt, den Strom nicht nur für die betriebseigenen Lastspitzen speichern, sondern auch zur Netzstabilität insgesamt beitragen. Hierfür wird ein netzdienlicher Anschluss benötigt, an dem noch geforscht wird.

Letzte Aktualisierung 12.02.2021

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