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Gehölze mit Ackerkulturen oder Grünland auf einer Fläche so kombinieren, dass sich Vorteile für Natur, Klima und Geldbeutel ergeben – genau das ist Agroforstwirtschaft. Dabei kann die Fläche unter und neben den Gehölzen entweder für Garten- und Ackerkulturen oder für die Tierhaltung verwendet werden, es gibt vielfältige Möglichkeiten.
Agroforstsystem – klingt modern und zukunftsgerichtet, ist eigentlich aber schon ein alter Hut. In Deutschland waren sie bereits im Mittelalter verbreitet, zum Beispiel in Form von Streuobstwiesen, Schneitelwirtschaft (Rückschnitt von Futterbäumen zur Gewinnung von Viehfutter) oder Hutewäldern (zum Beispiel zur Eichelmast mit Schweinen). Zum Ende des 19. Jahrhunderts verschwanden diese Bewirtschaftungssysteme dann allerdings mehr und mehr aus der Agrarlandschaft.
Mit fortschreitender Intensivierung und Rationalisierung der Landwirtschaft empfand man die Bäume und Sträucher auf den Feldern immer mehr als störend und entfernte sie daher. Nur in wenigen Nischenbereichen haben Agroforstelemente bis heute überlebt. Beispielsweise in Form von Streuobstwiesen, Windschutzhecken oder Gewässerrandstreifen.
Seit einiger Zeit nimmt das Interesse an der Agroforstwirtschaft wieder zu. Denn Klimawandel, zunehmende Biodiversitätsverluste und die steigende Nachfrage nach Bioenergie-Rohstoffen haben dazu geführt, dass nachhaltiger Landnutzungssysteme wieder stärker im Fokus stehen.
Die modernen Agroforstsysteme unterscheiden sich von den alten dadurch, dass sie an die aktuelle landwirtschaftliche Produktionstechnik angepasst sind. Die landwirtschaftliche Nutzung soll dabei möglichst wenig durch die Bäume beeinträchtigt werden, sodass eine ökonomisch konkurrenzfähige Produktion von tierischen, ackerbaulichen und forstwirtschaftlichen Produkten möglich ist.
Im Folgenden zeigen wir auf, mit welche Vorteilen moderne Agroforstsysteme punkten können:
Ein wesentlicher Vorteil von Agroforstsystemen ist, dass sie länger anhaltende Trockenperioden besser überstehen. Das liegt daran, dass im Schutz der Bäume das Mikroklima auf dem Feld verbessert und die Verdunstung verringert wird. Durch verschiedene Maßnahmen können die Bäume zur Bildung tiefer Wurzeln angeregt werden und dienen damit als Wasser- und Nährstoffpumpe. Je nach Standort können diese Effekte die Ertragshöhe und die Ertragsstabilität der Ackerkulturen positiv beeinflussen. Besonders wahrscheinlich ist dies auf ärmeren, durch Trockenheit geprägten Standorten, wie beispielsweise im Nordosten Deutschlands.
Agroforstsysteme schützen den Boden in beachtlicher Weise vor Erosion. Auf hängigen Flächen begrenzen Gehölzstreifen, quer zum Hang gepflanzt, die Wassererosion erheblich. Und auch die Winderosion wird durch die Gehölze deutlich gemindert. Messungen konnten zeigen: In einem Agroforstsystem mit 4,5 Meter hohen Gehölzstreifen, die 50 Meter voneinander entfernt standen, konnte die Windgeschwindigkeit um 90 Prozent gemindert werden.
Laubfall, abgestorbene Feinwurzeln und Wurzelausscheidungen der Bäume tragen dazu bei, dass Humus angereichert und so die Bodenqualität langfristig gesteigert wird. Das landwirtschaftliche Forschungsinstitut Agroscope aus der Schweiz konnte in einem Versuch eine Humusanreicherung von 18 Prozent in nur sieben Jahren unter Agroforstsystemen feststellen.
Auch das Grundwasser wird in Agroforstsystemen besser geschützt. Als Pufferstreifen vermindern die Gehölze zum einen den Stoffaustrag in Oberflächengewässer. Außerdem können Bäume durch die tiefreichenden Wurzeln Nährstoffe und Schadstoffe auch aus tieferen Bodenbereichen aufnehmen. So haben Untersuchungen in einem Agroforstsystem gezeigt, dass unter Pappelstreifen die mittlere Nitratkonzentration im Grundwasser mehr als 120-mal niedriger war als unter den Ackerkulturen.
Agroforstwirtschaft leistet überdies einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz. Denn im Holz der Bäume und Sträucher werden beachtliche Mengen an CO2 gebunden. Diese Bindung ist von besonders langer Dauer bei Wertholz- und Obstbäumen. Durch die bereits genannte Humusanreicherung wird außerdem mehr Kohlenstoff im Boden gespeichert.
Gehölzstreifen sorgen für vielfältige Lebensräume und fördern damit die Biodiversität. Der Wert lässt sich erhöhen, indem man verschiedenartige Gehölze verwendet oder Blühstreifen entlang der Baumstreifen einsät.
Bei Agroforstsystemen mit Gehölzen und Tierhaltung bieten die Bäume und Sträucher den Weidetieren Schutz vor Wind, Sonne und Regen. In Verbindung mit Ackerkulturen schützt der Baumschatten vor zu starker Austrocknung des Bodens und der Unterkultur.
Mit Agroforstwirtschaft kann die Produktpalette der Landwirtschaftsbetriebe bereichert werden, zum Beispiel durch den Verkauf von Hackschnitzeln, Obst oder durch den langfristigen Kapitalaufbau in Form von Wertholz.
Nicht zuletzt bieten Bäume und Sträucher auch die Möglichkeit, die Ästhetik heutiger, weitgehend ausgeräumter Agrarlandschaften aufzuwerten.
Im Vergleich zu einjährigen Kulturen ist bei Agroforstsystemen nicht nur mit höheren Etablierungs- und Bewirtschaftungskosten zu rechnen, sondern auch mit einem erhöhten Arbeitsaufwand. Neben den landwirtschaftlichen Arbeiten für den Ackerbau und die Weidewirtschaft muss in Agroforstsystemen noch Zeit für die Baum- und Strauchpflege eingeplant werden. Die Pflege der Gehölzkulturen findet allerdings vorrangig in den Wintermonaten statt und konkurriert damit zeitlich kaum mit den anderen landwirtschaftlichen Tätigkeiten.
Als ein weiterer Nachteil kann die langfristige Kapital- und Flächenbindung durch die vergleichsweise langsam wachsenden Gehölze genannt werden. Denn dadurch wird die betriebliche Flexibilität hinsichtlich Flächenverpachtung oder -verkauf verringert.
Manchmal kann es zwischen Gehölzen und Ackerkulturen auch zu einer Konkurrenz um Licht, Nährstoffe, Wasser und Wuchsraum kommen. Solche Effekte können durch eine vorausschauende Planung und Bewirtschaftung meist jedoch vermieden oder zumindest auf ein tolerierbares Maß reduziert werden.
Mitverantwortlich dafür, dass Agroforstsysteme in Deutschland relativ wenig verbreitet sind, ist die Tatsache, dass es in Deutschland lange keine Förderung für derart genutzte Flächen gab. Am 13. Januar 2021 beschloss der Bundestag, dass Agroforst zukünftig gefördert werden soll. So sind die Systeme nun auch Teil der ab 2023 geltenden Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP).
Andere Länder waren hier schon weiter als Deutschland: In Frankreich hatten Baumstreifen bereits vorher die gleichen Zahlungsansprüche wie Ackerkulturen. Daher wuchs die Fläche mit Agroforstsystemen in Frankreich in den letzten Jahren stark.
Auch in der Schweiz können seit den 90er Jahren im Rahmen der landwirtschaftlichen Direktzahlungen Fördergelder für Agroforstsysteme beantragt werden. Darüber hinaus förderte die Schweizer Supermarktkette Coop im Rahmen eines eigenen Förderprogramms die Pflanzung von Bäumen auf Acker- und Weideland. Der Fokus lag dabei auf Wildobst- und Wertholzbäumen.
Was die Wahl der Gehölze angeht, gibt es verschiedene Möglichkeiten:
Prinzipiell gibt es keine Vorgaben, wie die Bäume auf die Fläche gepflanzt werden. Sie können einzeln verteilt auf der Fläche stehen (wie zum Beispiel bei Streuobstwiesen). Meist werden sie aber in Streifen angebaut, da man diese besser (mit Maschinen) bewirtschaften kann. Grundsätzlich überwiegt bei Agroforstsystemen der Flächenanteil der landwirtschaftlichen Nutzung gegenüber dem der Gehölze.
Neuanlagen von Agroforstsystemen sollten im Vorfeld gut geplant werden. Gehölze, Unterkulturen und gegebenenfalls die zu haltenden Tierarten müssen aufeinander abgestimmt werden und auch an die lokalen Gegebenheiten angepasst sein. Außerdem sollte die Vermarktung der neuen Gehölzprodukte in die Planung einbezogen werden. Des Weiteren müssen sich Landnutzerinnen und Landnutzer mit der aktuellen rechtlichen Situation sowie etwaigen Fördermaßnahmen vertraut machen. Anlaufstellen für mehr Informationen und Beratung finden Sie in der nachfolgenden Linkliste.
Letzte Aktualisierung 09.04.2024
Das Informationsportal agroforst-info.de stellt umfangreiche Informationen und Planungshilfen zur Verfügung. So gibt es auf der Website eine interaktive Planungshilfe zur Planung von Agroforstflächen. Außerdem werden dort Anlaufstellen für Hilfe und Beratung rund um das Thema Agroforst genannt.
agroforst.de – Informationen und Beratung rund um das Thema Agroforstsysteme