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Praxisbeispiel Fernerkundungsmethoden: Braunrost in Weizen Aus der Praxis

Wie kann die praktische Anwendung einer Drohne zur Krankheitserkennung im landwirtschaftlichen Betrieb aussehen?

Braunrostbefall aus nächster Nähe, direkt am sichtbaren Infektionsherd.
Bild: Christian Trautmann

Der beschriebene Datensatz wurde im Zeitraum von April bis Juli 2021 erstellt und zeigt ein Weizenfeld in der Vorbergzone des Schwarzwaldes. Die Größe des Feldes beträgt 0,4 Hektar und ist typisch für die kleine Strukturiertheit der Flächen in der Region. Die Saison 2021 zeichnete sich durch eher kühle Witterung mit regelmäßigen, teils hohen Niederschlägen aus. Entsprechend hoch war der Infektionsdruck verschiedener Pilzkrankheiten.

Das Interessante an dem Datensatz ist, dass einer der Infektionsherde vom Feldrand aus gesehen mit dem bloßen Auge erkennbar war.

Nach der Datenanalyse durch Fachpersonal wurde festgestellt, dass die gerechneten Vegetationsindizes weitere markante Stellen im Feld zeigten. Bei der anschließenden Begehung wurden sie als zusätzliche Infektionsherde identifiziert.

Die Infektionsherde waren mit bloßem Auge zunächst nicht erkennbar, weil die befallenen Blattetagen von der obersten, noch gesunden Blattebene verdeckt wurden. Hierbei ist bemerkenswert: Obwohl sich die unsichtbaren Infektionsherde in direkter Nähe einer Straße befanden, sind sie nicht aufgefallen.

Die Vorteile eines drohnengestützten Systems werden anhand dieses Beispiels offenbar.

Bild: Christian Trautmann
RGB-Bild des Weizenfeldes

Rotes Rechteck: Vom Feldrand sichtbarer Infektionsherd
Blaues Rechteck: Nicht sichtbarer Infektionsherd
Gelbes Rechteck: Vom Nachbarfeld vorüberziehende Staubwolke

Bild: Christian Trautmann
NDVI-Bild des Weizenfeldes mit niedrigem Kontrast

Rotes Rechteck: Vom Feldrand sichtbarer Infektionsherd
Blaues Rechteck: Nicht sichtbarer Infektionsherd
Gelbe Rechteck: Vom Nachbarfeld vorüberziehende Staubwolke

Bild: Christian Trautmann
NDVI-Bild des Weizenfeldes mit hohem Kontrast

Rotes Rechteck: Vom Feldrand sichtbarer Infektionsherd
Blaues Rechteck: Nicht sichtbarer Infektionsherd
Gelbes Rechteck: Vom Nachbarfeld vorüberziehende Staubwolke

Vergleich von Indizes: Senitel-2 versus Drohnenbilder

Grundsätzlich ist es möglich, statt Bilddaten von Drohnen jene von Satelliten zu verwenden. Zur Veranschaulichung werden frei zugängliche Sentinel-2-Bilder mit den Drohnenbildern aus dem Praxisbeispiel bezüglich Auflösung und Nutzbarkeit in Abhängigkeit der Agrarstruktur verglichen.

Wie bereits erwähnt, sind mit der ESA und NASA zwei Anbieter vorhanden, die freien Zugang zu entsprechenden Datensätzen ermöglichen. Für den Weizendatensatz wurden im Zeitraum April bis Juli 2021 ebenfalls die zugänglichen Daten der Sentinel-2-Satelliten hinsichtlich Auflösung und Verwendbarkeit in Gebieten mit besonders kleinstrukturierter Landwirtschaft, wie im hier vorliegenden Fall, verglichen.

RGB-Bild basierend auf den Daten einer Feldbefliegung. Durch die hohe Auflösung sind Details wie Fahrspuren und Bereiche mit ins Lager gegangenem Getreide erkennbar.
Bild: Christian Trautmann

Für den betrachteten Pflanzenbestand standen im genannten Zeitraum lediglich drei nutzbare Datensätze zur Verfügung. Im gewünschten Zeitraum wurde das betrachtete Weizenfeld ständig von einer Wolkendecke verdeckt. Für den Vergleich von Satelliten- und Drohnenbilddaten musste deshalb auf Datensätze von Mitte Juli 2021 zurückgegriffen werden.

Speziell zur Erkennung von Pflanzenkrankheiten ist jedoch eine möglichst engmaschige Überwachung der Felder notwendig. Als weiterer Nachteil ergibt sich die im Verhältnis zu Drohnenaufnahmen viel gröbere räumliche Auflösung, wie im direkten Vergleich zwischen den Abbildungen zu erkennen ist.

RGB-Bild basierend auf Daten von Sentinel-2. Die Pixelgröße entspricht 10 x 10 Meter. Bereits erkennbar sind die Mischpixel entlang der roten Linie.
Bild: Christian Trautmann

Soll ein Vegetationsindex berechnet werden, wird ein Band aus dem RedEdge Bereich (705 Nanometer) benötigt. So ändert sich die Größe eines Pixels von 10 x 10 Metern zu 20 x 20 Metern, also 400 Quadratmeter pro Pixel. 

Die grobe Auflösung führt dazu, dass entlang der Ränder betrachteter Flächen eine hohe Anzahl von Mischpixeln entsteht. Mischpixel sind Pixel, die zum Beispiel zu einer Hälfte im Weizenfeld liegen, zur anderen Hälfte aber die spektrale Signatur der angrenzenden Straße enthalten. Die Daten dieser Pixel können entweder gar nicht oder nur sehr eingeschränkt für eine Begutachtung des Pflanzenbestands herangezogen werden.

NDVI basierend auf Daten von Sentinel-2.
Bild: Christian Trautmann

Ein Pixel eines Sentinel-2-Bildes entspricht am Boden bestenfalls einer Fläche von 100 Quadratmetern (10 x 10 Meter). Allerdings weisen nicht alle Kanäle der Sentinel-2-Satelliten eine Auflösung von 10 x 10 Metern auf.

Das rote Rechteck markiert die Feldgrenze. Pixel, die über die Feldgrenze hinausragen haben eine gelbe Farbe, im Feld liegende blau und außerhalb des Feldes liegende sind orange bis rot. Die gelbe Farbe der nur teilweise im Feld liegenden Pixel ergibt sich durch die gemischte Spektrale Signatur (Mischpixel).

NDVI basierend auf Daten einer Feldbefliegung. Es gibt keine sichtbaren Mischpixel, weil die Auflösung mit circa 2 Zentimeter pro Pixel extrem fein ist.
Bild: Christian Trautmann

Die Daten werden je nach Weiterverarbeitung auf die Teile der Fläche interpoliert, für die nur Mischpixel vorliegen. Betrachtet man also ein Feld von über 50 Hektar Größe, ist der Anteil der auszulassenden Randpixel prozentual an der Gesamtfläche relativ klein und wird umso kleiner, je größer die betrachtete Fläche ist. In kleinstrukturierten Gebieten mit Flächenstrukturen von oftmals weniger als einem Hektar mit einzelnen größeren Parzellen bis fünf Hektar wird die Aussagekraft der Bilddaten durch den höheren Anteil nicht verwertbarer Pixel stark eingeschränkt. 

Es gibt auch kommerzielle Anbieter für satellitenbasierte Bilddaten, deren Daten über bessere räumliche Auflösung verfügen. Der Zugang zu diesen Daten ist jedoch mit der Entrichtung von mitunter stattlichen Gebühren verbunden.

Leitfaden zur Interpretation der Daten anhand des Praxisbeispiels

Die Nutzung der gewonnenen Daten hängt nicht nur von technischen Faktoren, wie der Qualität oder dem Alter der Daten, ab. Die korrekte Interpretation der Daten ist auch abhängig vom Erfahrungslevel des Anwenders.

Plötzlich auftretende Umwelteinflüsse, wie eine vorüberziehende Staubwolke, können die Bilder stellenweise beeinflussen, sodass die Situation im Pflanzenbestand in dem jeweiligen Bildausschnitt nicht bewertet werden kann. Auch das Wetter während der Befliegung kann die Daten beeinflussen.

Möchte man sich mit der Drohne einen schnellen Überblick über das Feld verschaffen, wiegen diese Faktoren nicht so schwer. Sollen die Daten aber zur Erstellung eines Vegetationsindizes als Grundlage für eine Ertragszonenkarte des Feldes verwendet werden, ist ein „geschultes Auge“ zur Erkennung und Aussonderung solcher Datensätze von Vorteil.

Da Vegetationsindizes nicht spezifisch sind, können diese nur zur Erkennung von Heterogenität im Feld, nicht aber zur Bestimmung von Krankheiten oder Schädlinge genutzt werden. Ebenso kann eine Entwicklungsverzögerung in einem Teil des Feldes auch auf Bodenverhältnisse zurückgeführt werden.

Die Prozessierung der Daten mit KI-Unterstützung befindet sich momentan in der Entwicklung. So kann beispielsweise mit der qGIS-Erweiterung „Deepness“ auf RGB-Bilddaten von Getreidefeldern der Flächenanteil des Lagergetreides bestimmt werden. Ähnliche Anwendungen könnten zum Beispiel zur Quantifizierung von Wildschäden zukünftig Eingang in die praktische Anwendung finden.

Fazit

Im Bereich des Krankheits- und Schädlingsmonitorings könnte es noch einige Jahre dauern, bis automatisierte, verlässliche Produkte verfügbar sind. Hier bleibt geneigten Praktikerinnen und Praktikern vorerst nur die Nutzung von Vegetationsindizes. Landwirtinnen und Landwirte sollten sich davon nicht abschrecken lassen, da ein gehöriges Maß an persönlicher Erfahrung im Umgang mit der Technik notwendig ist, um valide Ergebnisse zu erzeugen.

Insbesondere für die junge Generation ist die fortlaufende Beschäftigung mit der Technik essenziell, um nicht den Anschluss zu verpassen. Um den Einstieg zu finden, bietet sich auch hier der Besuch entsprechender Kurse an. Die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf führt beispielsweise Drohnenkurse mit landwirtschaftlichem Schwerpunkt durch.


Letzte Aktualisierung 08.01.2024

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