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Künstliche Intelligenz in der Landwirtschaft KI im Ackerbau

Welche Rolle spielt KI in der Landwirtschaft, welche nutzbaren Anwendungen gibt es bereits und was ist für den Ackerbau zu erwarten? Diesen und weiteren Fragen geht diese Forschungsübersicht nach.

Smarte Anwendungen unterstützen sowohl beim Pflügen als auch bei der Behandlung von Unkräutern.
Bild: kosssmosss / AdobeStock

Seit der Einführung des ChatGPT von Open AI ist künstliche Intelligenz (KI) ein großes Thema in der Öffentlichkeit. Es eröffnet eine neue Digitalwelt, in der ohne Programmierkenntnisse ganze Texte, abstrakte bis reale Bilder und detaillierte Programmiercodes erstellt werden können. Zudem können diese Systeme als sehr zielführende Suchmaschinen genutzt werden, die direkte und verständliche Antworten geben.

Computertechnologien spielen in der Landwirtschaft seit den 1970er Jahren und der Entwicklung von Satellitenortungssystemen, wie GPS, eine Rolle. Jede Einführung einer neuen Technologie hat und hatte aber ihre Hürden zu meistern. So sind die zurzeit sehr populär angebotenen Ertragskartierungen und teilflächenspezifische Bewirtschaftungstechniken keine neue Erfindung. Schon in den 1990er Jahren wurden diese Systeme kommerziell vertrieben. Die Technik war jedoch sehr kompliziert und sehr teuer in der Anschaffung. Aber die Forschungs- und Investitionsfreude an diesen modernen Technologien blieb.

Der strukturelle Wandel der landwirtschaftlichen Betriebe und der politisch-gesellschaftliche Druck wächst seit über 50 Jahren an. Das führt nicht nur zu einem Verlust der eigenen „Flächenexpertise“ aufgrund größerer Betriebe und Feldarbeiten durch Lohnunternehmen, sondern auch zur zügigen Suche nach Kosteneinsparung, Gewinnsteigerung, Arbeitsentlastung und Reduzierung der negativen Umweltauswirkungen. Dabei helfen moderne Maschinen, smarte Applikationen (Software) und auch die KI.

Was ist Künstliche Intelligenz?

Ohne dass eine einheitliche genaue Definition von KI existiert, beschreibt dieser Begriff generell die Entwicklung von Computermodellen, die in der Lage sind, durch „Lernprozesse“ eine „intelligente“ und damit menschenähnliche Entscheidung zu treffen, um Aufgaben zu erledigen. Für uns Menschen ist dies ein alltäglicher Prozess, da wir im Laufe unseres Lebens lernen, Erfahrungen zu kombinieren und zu abstrahieren, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Die Menge an Eindrücken und Informationen, die wir Menschen tagtäglich aufnehmen und durch unser Gehirn verarbeiten, ist enorm. Daher liegt es nahe, dass auch KI-Modelle große Mengen an Daten benötigen, um zu „lernen“.

Die Datenquellen können dabei vielfältig sein und aus Datenbanken, Internet, Sensoren und vielem mehr stammen. Die Datenqualität der gesammelten Daten muss allerdings sehr hochwertig sein. Das bedeutet, dass diese bereinigt, normalisiert und in ein geeignetes Format gebracht werden müssen. Ansonsten können Falschinformationen und Fehler gelernt und verarbeitet werden. Je vielfältiger der Trainingsdatensatz, desto breiter ist das Spektrum der Anwendungen für das Modell. Aufbauend auf den Daten ist die Auswahl der mathematischen-Logik, einem sogenannten Algorithmus, entscheidend, um zielführende Ergebnisse zu erreichen.

Anwendung der KI in der Landwirtschaft

Die gängigsten Aufgaben sind eine Einteilung von Informationen oder auch eine Zuordnung von Informationen in eine Gruppe von ähnlichen Eigenschaften. Unterschiedliche Algorithmen können dann zur Lösung der Aufgabe herangezogen werden. Neben dem Maschinellen Lernen sind Natürliche Sprachverarbeitung wie Sprachassistent, Compuer Vision, zum Beispiel Bilderkennungs-Apps, Expertensysteme wie Vorhersagemodelle und  Robotics, zum Beispiel autonome Fahrzeuge, Anwendungsbereiche der KI.

Abbildung zu Anwendung KI in der Landwirtschaft
Themenbereiche der künstlichen Intelligenz und Beispiele der Anwendung in der Landwirtschaft und landwirtschaftlichen Forschung. Die Grundlage der Systemlösungen bilden oft Methoden und Techniken des Maschinellen Lernens.
Bild: Dr. Matheus T. Kuska / Dr. Stefan Paulus

Aktuelle Forschungsaktivitäten rund um KI im Ackerbau

KI hat in der Landwirtschaft mit Herdenmonitoring, wie in den Projekten  DigiMilch und DigiSchwein oder  Cattlehub unter der Projetträgerschaft der BLE, mit Stallsteuerungen, wie im Projekt smartMILC, ebenfalls unter der Projektträgerschaft der BLE, mit Gewächshausüberwachung sowie weiteren Bereichen die ersten Schritte hin zu nutzbaren Anwendungen für die Landwirtschaft gemacht. 

Seit 2014 fördert die Europäische Innovationspartnerschaft für Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP) auch in Deutschland Praxisprojekte zur Nachhaltigkeitssteigerung. Mit dem Fokus auf Ackerbau werden auch neue KI-Anwendungen entwickelt, wie in den Projekten Sustainable PhenoAI, in denen seit 2023 Möglichkeiten zur Unkrauterkennung und deren Bekämpfung erarbeitet werden. Auch exakte Ertragskartierungen, wie bei Zuckerrüben, sind mithilfe von Roderdaten und KI-Auswertungen bis Ende des Jahres 2024 im Projekt KibEZ untersucht worden.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) fördert seit 2021 mit rund 44 Millionen Euro insgesamt 36 Verbundprojekte zum Thema KI in der Landwirtschaft. Die Forschungsthemen sind vielfältig. Sie reichen von automatischer Blattlauserkennung, Unkrautmanagement, Krankheitsbonituren, Ertragsprognosen, Pflanzenzüchtung und -zulassung bis hin zur Marktvernetzung und Ressourcenschonung.

Digitaler Pflanzenschutz

Im Ackerbau liegt der Fokus auf einer Optimierung des Pflanzenschutzeinsatzes. Das liegt nicht nur an dem zurzeit politisch-gesellschaftlichen Wandel, sondern auch an dem grundlegenden Wissen und der Datenverfügbarkeit der Phytopathologie. Seit Anfang der 1990er Jahre stehen zum Krankheitsmanagement im Ackerbau wetterbasierte Beratungs- und Prognosesysteme, wie proPlant Expert.classic, zur Verfügung. Ein genaues Verständnis des Erregers und seiner Biologie ist notwendig, um einen Befall anhand von aktuellen Wetterdaten und Prognosen vorherzusagen. Das stellt in dieser Kombination und der Datenmenge eine gute Datenbasis für KI-Anwendungen dar.

In den vergangenen 20 Jahren haben Forscher auf dem Gebiet der Phytopathologie das Ziel verfolgt, Sensoren, maschinelles Lernen und neue Technologien der Phänotypisierung von Pflanzen in wissensbasierte Methoden für den Pflanzenschutz zu integrieren. Für die Pflanzenzüchtung wurde dies sehr erfolgreich in praktische Anwendungen umgesetzt, um effizient und zügig neue Sortenpotentiale (Beispiel Resistenzen) zu finden.

Dies wurde bis Mai 2024 im Projekt  KIBREED unter der Projektträgerschaft der BLE untersucht, welches Künstliche Intelligenz für die Züchtung standortangepasster Sorten nutzbar gemacht hat. Dazu wurde am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung IPK ein Deep-Learning Algorithmus entwickelt, der die in der Züchtung erfassten Daten analysiert.

Praxisanwendungen von KI im Pflanzenschutz werden seit drei Jahren in der Unkrautbekämpfung eingesetzt. Mithilfe von Kameras und KI, meist einer Kombination aus Computer Vision und maschinellem Lernen, können Systeme lernen, Unkräuter zu erkennen und in Echtzeit zu bekämpfen.

Digitaler Spotsprayer

Im Projekt Farmerspace unter der Projektträgerschaft der BLE wurden digitale Werkzeuge, darunter auch ein digitaler Spotsprayer, getestet. Die Ergebnisse sind vielversprechend. Ein weiterer Output dieses Vorhabens ist die Entwicklung eines Spot-Applikations Simulators. Hier lässt sich eine Kostenersparnis der eigenen geplanten flächigen Herbizidanwendung gegenüber einer Spotanwendung simulieren. Abhängig von der Unkrautdichte kann das Einsparpotential sehr lukrativ sein, aber es ist ebenso möglich, dass eine Flächenanwendung notwendig wird.

 

Aufgeklappter schleppergezogener Spotsprayer des Modells ARA von Ecorobotix. Neben dem Düsenbalken sind die beiden Kameraboxsysteme zur Unkrauterkennung zu sehen.
Bild: Dr. Matheus T. Kuska / Dr. Stefan Paulus

Auch in einem feuchten Jahr mit gut wirkenden Bodenherbiziden kann sich in vielen Fällen (zum Beispiel Durchwuchskartoffel, Wildrüben) der Einsatz eines Spotsprayers lohnen. Diese Technologie ermöglicht neben der Pflanzenschutzmittelreduzierung auch eine verbesserte Abdriftminderung und geringere Phytotoxizität, da die Kulturpflanzen nicht flächendeckend behandelt werden müssen.

Der Ecorobotix ARA ist ein smartes System zur pflanzengenauen Behandlung von Unkrautpflanzen.
Bild: Dr. Matheus T. Kuska /Dr. Stefan Paulus

Die vom ARA aufgenommenen Daten und Bilder werden bei Mobilfunkempfang über ein Telemetriemodul sowohl an den Kunden in eine Webanwendung gesendet als auch an den Hersteller, der stichprobenartig die Daten überwacht, um den KI-Algorithmus weiter zu justieren und zu verbessern. 

Auch Neuentwicklungen wie beispielsweise in einem Gemeinschaftsprojekt der Firmen Bosch, xarvioTM und AMAZONE zur Entwicklung eines schleppergezogenen UX SmartSprayer mit einer Arbeitsbreite von 36 Metern werden vorangetrieben. Vermehrt sind außerdem autonome Systeme und Hackroboter auf Ackerflächen zu beobachten. Einige von ihnen verwenden einen solchen Bilderkennungsalgorithmus zur Unkrauterkennung.

Arbeitsweise eines Spotsprayers

Kommerziell erhältlich ist zur Zeit beispielsweise der schleppergezogene ARA von Ecorobotix.

  • Das System arbeitet mit sechs Kameraboxen, in denen jeweils eine RGB-Kamera, ein Infrarotsensor und zwei LED-Blitzlichter verbaut sind.
  • Jede Kamerabox macht bis zu fünf Bilder pro Sekunde und beobachtet 1,20 Meter Arbeitsbreite.
  • Ein jeweils pro Kamerabox integrierter Computer mit einer kulturartspezifischen KI interpretiert fünf Bilder pro Sekunde und löst beim Erkennen eines Unkrauts die Düse mit der passenden Position aus.
  • Bei einer Arbeitshöhe von 20 bis 40 Zentimetern und einer Arbeitsbreite von sechs Metern werden 156 Flachstrahldüsen am Düsenbalken benötigt.
  • Mit einer Fahrgeschwindigkeit von bis zu 7,2 km/h sind somit 4 ha/h maximal zu behandeln.

In Feldversuchen und aus Erfahrungsberichten von Lohnunternehmern und Landwirten ist ein zufriedenstellender Wirkungsgrad (> 95 Prozent) mit einem hohen Einsparpotenzial bei Herbiziden deutlich zu erkennen.

IoT, Smarte Maschinen und Roboter

Das Internet der Dinge (engl. Internet of Things (IoT)) ist die Vernetzung von physischen Geräten zum Zwecke der Kommunikation und des Datenaustausches. Das bekannteste Beispiel ist das Ein- und Ausschalten von Steckdosen oder Lichtschaltern über einen Sprachbefehl an den Sprachassistenten. IoT steht damit in einem engen Zusammenhang mit KI, denn die IoT-Geräte sammeln Daten mithilfe der eingebauten Sensoren, die analysiert werden. In der Nutztierhaltung sind Halsbänder und Ohrmarken erhältlich, die das Aktivitätsniveau der Tiere überwachen und so Anhaltspunkte zur Vitalität der Tiere liefern. Selbstfahrende Reinigungs- und Fütterungsroboter wirken dem Fachkräftemangel entgegen. Im Garten- und Ackerbau zählen moderne Wetterstationen und Bodensensoren für KI-gestützte Bewässerungssteuerung dazu, wie das von 2020 bis 2024 unter der Projektträgerschaft der BLE geförderte Projekt GeoSenSys.

Auch Landmaschinen werden durch die Integration von IoT und KI immer intelligenter oder in der Fachsprache immer smarter. Sie sammeln Daten während ihrer Nutzung, z. B. Position, Fahrgeschwindigkeit, Erntemenge und Treibstoffverbrauch. Diese Dateninformationen werden in geeignete Systeme, meist in die der Maschinenhersteller (beispielsweise R-Connect, MyJohnDeere) gesendet und weiterverarbeitet. Dies ermöglicht ein Flottenmanagement, eine Optimierung der Flächenleistung einer Maschine und auch Ferndiagnosen. Eines der Hauptziele dieser Entwicklung ist eine optimale Maschinenwartung, die kosteneffizient ist und dazu führt, dass die Maschinen keinen Ausfall erleben. Das Frauenhofer-Institut für Kognitive Systeme (IKS) erarbeitet mit weiteren Partnern im Projekt INVIA diese Technologie für die Praxisanwendung.

Ein autonomer Hackroboter bei der Unkrautbekämpfung in Zuckerrüben aus der Vogelperspektive. Das Interesse ist groß, da die Technologie auch immer mehr für den konventionellen Anbau praxistauglich wird.
Bild: Dr. Matheus T. Kuska / Dr. Stefan Paulus

Die Kombination dieser technischen Innovationen von IoT, KI-Modellen und Fortschritten im Maschinenbau sowie in der Elektro- und Mobilfunktechnik bringt immer mehr autonom agierende Hackroboter auf die Felder. Dabei ist zwischen positionsbasierten Systemen mithilfe von RTK-GPS, die Aussaat und anschließend die Unkrautbekämpfung durchführen, und kamerabasierten Systemen zur direkten Erkennung von Unkräutern und deren Bekämpfung zu unterscheiden.

In positionsbasierten Systemen ist eine präzise Aussaat essenziell, da der Roboter die gesamte Fläche mit seinen Hackwerkzeugen bearbeitet. Der Bereich um die Aussaatposition wird dabei anhand der gespeicherten GPS-Position ausgelassen, ohne Kameras zu nutzen. Kamerabasierte Hackroboter arbeiten mit einer Kombination von RGB-Kameras und einer KI zur Erkennung von Kulturpflanzen und Unkräutern. Während der positionsbasierte Ansatz nur schwer für weitere Anwendungen ausgearbeitet werden kann, aber leicht an verschiedene Kulturen anzupassen ist, kann der kamerabasierte Ansatz für Anwendungen wie Unkrautselektion weiterentwickelt werden. In naher Zukunft können anhand der gemachten Bilder weitere Informationen über Biomasse und Gesundheitsstatus abgeleitet werden.

Besonders im ökologischen Anbau stellen derzeit Hackroboter eine vielversprechende Technologie zur Reduzierung der Hackarbeitsstunden dar. Die ersten Hackroboter mit Spotspraying-Systemen zeigen auch im konventionellen Anbau zufriedenstellende Ergebnisse. Jedoch wird aufgrund des zurzeit noch hohen Anschaffungspreises (75.000 – 150.000 €) ein überbetrieblicher Einsatz verfolgt. Hier sind noch Servicefragen und logistische Hürden zu überwinden und es gilt, Lösungen zu entwickeln.

Um für die eigenen Flächen einen generellen Mehrwert solcher modernen digitalen Technologien zu haben, eignen sich die vielfältig angebotenen Dienstleistungen von Drohnenanwendungen. Diese können ebenfalls zur Unkrautdetektion genutzt werden, aber auch schon für aktive Arbeiten, wie beispielsweise der Zwischenfruchtaussaat.

Fazit

Die Anwendung von KI und Robotik ist kein fernes Zukunftsszenario, sondern unterstützt die Landwirtschaft schon heute, in dem die vorliegenden Ressourcen für Hof und Felder effizienter eingesetzt werden können. Mit weiterer intensiver Forschung und dem Pioniergeist zur Feldtestung sorgt die KI dafür, die Vision einer noch nachhaltigeren und gleichzeitig hochpräzisen Landwirtschaft einen entscheidenden Schritt voranzubringen. Aktuelle Forschungsaktivitäten wie die KI-Projekte unter der  Projektträgerschaft der BLE oder die digitalen Experimentierfelder des BMEL evaluieren nicht nur neue Methoden, sondern legen den Fokus auf die praxisnahe Testung und den Wissenstransfer in die Landwirtschaft.

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Letzte Änderung dieser Seite am 07.02.2025