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Pflanzenschutz ist in der modernen Landwirtschaft unverzichtbar. Er soll Ernte- und Qualitätsverluste verhindern. Der integrierte Pflanzenschutz kombiniert verschiedene Ansätze, um die Effektivität und Nachhaltigkeit des Pflanzenschutzes zu steigern. Er gilt dabei als „Maßnahmenphilosophie“ der guten fachlichen Praxis.
Forschungsaktivitäten zu nicht-chemischen Maßnahmen erweitern den Werkzeugkasten des integrierten Pflanzenschutzes und liefern der Landwirtschaft die Möglichkeit, die Bekämpfungsstrategien passgenauer für den eigenen Betrieb zu gestalten. Gleichzeitig tragen sie dazu bei, den aktuellen Herausforderungen im Pflanzenschutz zu begegnen. Zum Beispiel schränken Wirkstoffverluste und Resistenzen gegen Pflanzenschutzmittel die Bekämpfung von bestimmten Schädlingen, Krankheitserregern und Unkräutern zunehmend ein.
Die Anwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln steht wegen möglicher Risiken für die Umwelt in der Kritik. Der Klimawandel bedeutet mehr Stress für heimische Kulturpflanzen durch Wetterextreme oder neue Schadorganismen. Die Lösungssuche erfordert einen integrierten Ansatz, der wissenschaftliche Forschung, technologische Innovation und praxisorientierte Ansätze vereint.
Die aktuellen Forschungsaktivitäten zu nicht-chemischen Maßnahmen sind vielfältig. Sie umfassen die Weiterentwicklung bereits existierender präventiver und biologischer Maßnahmen sowie die Entwicklung neuer Technologien. Im Folgenden werden beispielhaft Forschungsprojekte im Bereich tierischer und pilzlicher Schaderreger sowie zu Unkräutern vorgestellt. Diese werden über den Projektträger Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung mit Mitteln des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) gefördert.
Pilzliche Schaderreger stellen eine bedeutende Bedrohung für die Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit dar. Sie können eine Vielzahl von Pflanzenkrankheiten verursachen, die zu erheblichen Ernteverlusten führen und die Qualität von Ernteprodukten negativ beeinflussen. Um dem zu begegnen, werden derzeit innovative und nachhaltige Methoden entwickelt, die den Einsatz von chemisch-synthetischen Fungiziden reduzieren und gleichzeitig den Pilzbefall effektiv bekämpfen sollen.
Die Verwendung von Pflanzenschutzpräparaten auf Basis von Mikroorganismen ist eine Bekämpfungsmethode, bei der beispielsweise antagonistische Pilze gegen phytopathogene Pilze eingesetzt werden. Eine Herausforderung ist hierbei der Verbleib des Präparates auf der Pflanze, um die Wirkungsdauer zu verlängern.
Das Projekt „SporeGlue“ untersucht bioabbaubare Peptidhaftvermittler, die eine verbesserte Anhaftung von Präparaten an behandelten Pflanzen ermöglichen sollen. Gegenstand der Versuche sind unter anderem die Sporen der antagonistischen Pilze Clonostachys rosea und Trichoderma harzianum.
Außerdem wird die Verwendung von Sporen insektentötender Pilze untersucht. Hier besteht die Herausforderung darin, eine ausreichende Anhaftung zu erreichen, die gleichzeitig einen Abrieb der Sporen auf die Zielinsekten ermöglicht.
Das Projekt läuft von 2024 bis 2027 und wird unter der Leitung des JKI-Instituts für Biologischen Pflanzenschutz sowie mehreren Partnern durchgeführt. Beteiligt sind das DWI-Leibniz-Institut für Interaktive Materialien e.V. und die Firma e-nema.
Ziel ist es, durch die verbesserte Anhaftung die Aufwandmenge biologischer Präparate auf Basis von Mikroorganismen zu optimieren und die Wirkungssicherheit zu verbessern. Dies soll die Anwendungskosten in der Praxis reduzieren.
Ein weiterer zentraler Forschungsansatz konzentriert sich auf die Entwicklung resistenter Weizenlinien gegen bedeutende Pilzkrankheiten. Im Forschungsprojekt MultiResist GS , welches bis September 2025 gefördert wird, werden diese gezielt auf Resistenzen gegen die Pilzkrankheiten Septoria, Fusarium und DTR-Blattdürre (Pyrenophora tritici-repentis) gezüchtet. Diese Krankheiten führen häufig zu erheblichen Ertragsverlusten von bis zu 70 Prozent im Weizenanbau und stellen durch Mykotoxinbelastungen ein Gesundheitsrisiko für Mensch und Tier dar.
Das Projekt nutzt moderne genomische Selektionsmethoden, um Resistenzgene mit leistungsstarken agronomischen Eigenschaften zu kombinieren. Ziel ist es, Weizenlinien zu entwickeln, die sowohl hohe Resistenzen als auch gute Ertragseigenschaften aufweisen.
Durch den Einsatz resistenter Weizensorten kann langfristig der Bedarf an chemischen Pflanzenschutzmitteln verringert und gleichzeitig die Ertragssicherung im Weizenanbau verbessert werden.
Das MultiResist GS-Projekt wird in Zusammenarbeit mit verschiedenen Zuchtunternehmen und Forschungsinstitutionen wie der Justus-Liebig-Universität Gießen und dem Julius Kühn-Institut durchgeführt. Das übergeordnete Ziel ist die Entwicklung resistenter Weizenlinien, die nahtlos in bestehende Zuchtprogramme integriert werden können.
Tierische Schaderreger, insbesondere Insekten, stellen eine große Herausforderung im Pflanzenschutz dar. Sie können nicht nur Ernteausfälle verursachen, sondern auch als Überträger von Viruskrankheiten bei Nutzpflanzen wie zum Beispiel Zuckerrüben agieren. Die folgenden Projekte entwickeln innovative, nicht-chemische Ansätze, um diesen Schädlingen gezielt entgegenzuwirken.
Vorhersagemodellen kommt im Pflanzenschutz eine wichtige Rolle zu, da sie es ermöglichen, den Befall von Schaderregern frühzeitig vorherzusagen und gezielte Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Bislang finden solche Modelle eher im Bereich der phytopathogenen Pilze Anwendung. Derzeit gibt es unzureichende Lösungen für die Vorhersage der Befallsstärke von Schadinsekten.
Im Projekt „EntoProg“ werden digitale Prognosemodelle und Entscheidungshilfesysteme (EHS) entwickelt, die präzise die kritischen Zeitpunkte für den Befall von Schadinsekten in Raps, Zuckerrübe und Mais vorhersagen sollen. Es werden modernste KI-Methoden genutzt, um tagesaktuelle und schlagspezifische Vorhersagen für den Erstzuflug von Schädlingen zu berechnen. Die Überschreitung von Schadschwellen steht ebenfalls im Fokus.
Außerdem werden die zu entwickelnden Modelle durch die Einbindung von Daten aus Versuchen, unter anderem dem Einfluss der Landschaftsstrukturen auf den Zeitpunkt des Zuflugs und der Schwellenwertüberschreitung, verbessert.
Das Projekt wird von der Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz (ZEPP) koordiniert und läuft von 2021 bis 2026. Es wird in Zusammenarbeit mit sieben Pflanzenschutzdiensten der Länder sowie dem Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenverband durchgeführt.
Ziel ist es, ein umfassendes Prognosemodell zu entwickeln, das die jeweils effektivsten Pflanzenschutzmaßnahmen vorschlägt und gleichzeitig die Auswirkungen auf die Umwelt minimiert. Nach erfolgreicher Validierung wird das Entscheidungshilfesystem unter www.isip.de öffentlich zugänglich gemacht.
Pflanzenschutzmittel auf RNAi-Basis eliminieren Schadorganismen, indem sie essentielle Gene ausschalten und dabei extrem schaderreger-spezifisch sind. Diese hohe Selektivität schützt Nichtzielorganismen und somit auch die Biodiversität auf dem Feld. Sie bedingt jedoch ein hohes Maß an Forschungsaufwand, um geeignete Gene zu identifizieren und den Schaderreger zu bekämpfen.
Das RiboRef-Projekt konzentriert sich auf die Entwicklung und Anwendung von RNA-Interferenz (RNAi)-Technologien, um den Rapserdfloh (Psylliodes chrysocephala) im Rapsanbau nachhaltig zu bekämpfen. Im Fokus steht die Anwendung von doppelsträngiger RNA (dsRNA), um gezielt Gene im Schädling auszuschalten.
Das Projekt läuft von 2024 bis 2027 und wird von der NPZ Innovation GmbH durchgeführt.
Durch die Weiterentwicklung und Anpassung an den Schaderreger von RNAi-Technologien sollen nachhaltige Pflanzenschutzmethoden zur Bekämpfung des Rapserdflohs etabliert werden, die langfristig eine umweltfreundliche und effiziente Lösung für den Rapsanbau bieten.
Weitere Informationen zum Thema RNAi und dessen Nutzen in der Schädlingsbekämpfung finden Sie in unserem Artikel Pflanzenschutzmittel auf RNA-Basis: Eine alternative Schädlingsbekämpfung?
Die Unkrautkontrolle stellt eine weitere Herausforderung im Pflanzenschutz dar. Zahlreiche Forschungsprojekte setzen auf den Einsatz moderner Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und mechanische Methoden, um den Bedarf an chemischen Herbiziden zu verringern und die Landwirtschaft nachhaltiger zu gestalten. Die folgenden Projekte zeigen verschiedene Ansätze zur umweltfreundlichen Unkrautbekämpfung.
DiNoHerb erforscht ein bodenschonendes Ackerbaukonzept, das auf mechanische Unkrautbekämpfung in herbizidfreien, regenerativen No-Till-Systemen setzt. Dieses Projekt entwickelt innovative Anbausysteme, die auf chemische Herbizide verzichten und dennoch hohe Erträge sichern sollen.
DiNoHerb kombiniert Direktsaattechniken mit ausgewählten Zwischen- und Beisaatmischungen, um Unkräuter zu unterdrücken und den Ertrag von Hauptkulturen wie Mais, Winterweizen und Winterraps zu sichern. Die mechanische Bearbeitung erfolgt durch speziell entwickelte technische Komponenten, die flexibel an die Wachstumsstadien der Pflanzen anpassbar sind.
Ein weiterer Fokus liegt auf der Auswahl und Anordnung der Zwischenfrüchte, die durch hohes Konkurrenzpotential Unkräuter unterdrücken. Dies schafft die Basis für eine stabile und nachhaltige Unkrautkontrolle ohne chemische Mittel.
Das Projekt wird von Oktober 2023 bis November 2026 gemeinsam mit der LEMKEN GmbH & Co. KG, der Technischen Hochschule Köln und der Deutschen Saatveredelung AG durchgeführt. In dem Projekt wird durch einen Vergleichsanbau mit herkömmlicher Technik die Wirksamkeit der neuen Methoden getestet.
Das Management von Unkräutern kann präventiv durch die Verringerung der Unkrautsameneinträge und somit des Samenpotentials im Boden erfolgen. Unkrautsamen können, wenn sie einmal im Boden sind, jahrelang überdauern. Das heißt dass die Unkräuter immer wieder nachwachsen, selbst wenn ihre Ausbreitung kurzfristig kontrolliert wurde. Der Eintrag ist also ein maßgeblicher Faktor, den es zu reduzieren gilt.
Genau darauf zielt das Verbundvorhaben „KITE-Unkraut“ ab. Es sollen neue Technologien zur Unkrautbekämpfung etabliert werden, die Bodensamenpotentiale durch optimierte Entscheidungshilfen und die Anwendung von innovativen Geräten wie dem „Top Cut Collect“ und „Seed Terminator“, die Unkrautsamen abführen oder zerstören können, verringern. Zudem wird untersucht, wie der optimale Zeitpunkt für die Stoppelbearbeitung bestimmt werden kann, um die Unkrautentwicklung zu minimieren und den Sameneintrag zu reduzieren.
Das Projekt läuft von 2024 bis 2028 und wird von der Zürn Harvesting GmbH & Co. KG und der Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz (ZEPP) durchgeführt.
Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines Prognosetools („SIMDORMA“ und „SIMONTO- Ungras“), das aus drei Modulen besteht, die die verschiedenen Dormanzausprägungen und Entwicklungsstadien der Ungräser berücksichtigen. Dieses System soll genutzt werden, um Bodenbearbeitungsmaßnahmen zu optimieren und die Effizienz der Unkrautbekämpfungstechnologien zu verbessern.
Forschungen im Bereich des integrierten Pflanzenschutzes bieten Landwirten substanzielle Vorteile und fördern die Entwicklung nachhaltiger landwirtschaftlicher Systeme. Durch die Kombination von biologischen, physikalischen und agrartechnischen Methoden kann der Einsatz chemischer Mittel reduziert und gezielt auf die betrieblichen Gegebenheiten und Bedürfnisse zugeschnitten werden.
Dies führt nicht nur zur Verringerung der Umweltbelastung, sondern trägt auch zur Steigerung der betrieblichen Effizienz bei, indem Ressourceneinsatz und Kosten optimiert werden. Zudem kann durch die Minimierung des chemischen Pflanzenschutzes der Boden und die Biodiversität geschützt und die Entwicklung von Resistenzmechanismen bei Schädlingen verlangsamt werden. Der integrierte Pflanzenschutz stellt einen zentralen Ansatz zur Verbesserung der Umweltverträglichkeit und zur wirtschaftlichen Optimierung dar. Er ermöglicht Landwirtinnen und Landwirten flexibel und wissenschaftlich fundiert auf neue agrarökologische Herausforderungen mit einem breiten Methodenspektrum zu reagieren.
Ein Überblick über Forschung und Beratung zu nicht-chemischen Pflanzenschutzverfahren. Dieser wurde von der Geschäftsstelle NAP und dem Julius Kühn-Institut in Zusammenarbeit mit den Pflanzenschutzdiensten der Länder erstellt.
Broschüre "Forschung und Beratung zum nicht-chemischen Pflanzenschutz"
Im Rahmen der Förderung von Forschungsvorhaben in der Bekanntmachung zu „Innovationen nicht-chemischer Pflanzenschutzverfahren im Gartenbau“ (HortiSustain) verfolgt das BMLEH das Ziel, die nachhaltige Produktion im Gartenbausektor zu stärken. Zur Begleitung der durch die BLE veröffentlichten Bekanntmachung ist ein Vernetzungs-, Transfer- und Evaluierungsprogramm (VTE) vorgesehen.