Kombination von Weidehaltung und Ausmast im Stall
Die Untersuchungen zeigten, dass die Weiden mit hohen Anteilen an FFH-Flächen häufig schwierig zu bewirtschaften waren und am besten durch Mutterkühe genutzt werden können. Für die Ausmast der Biokälber sollten laut Projekt die besseren Standorte genutzt werden, um höhere Zunahmen zu erzielen. An die Weideperiode sollte sich eine Ausmast im Stall anschließen, um höhere Schlachtgewichte und die geforderten Schlachtkörperqualitäten zu erzielen. Die Ausmast kann sowohl in einem Sammelstall als auch in vorhandenen Stallplätzen auf mehreren Betrieben erfolgen, sofern sie den Tierwohlstandards entsprechen.
Wertschöpfung konnte gesteigert werden
Die Weiterentwicklung der Wertschöpfungskette Bio-Weiderindfleisch stand im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Untersuchungen. Als Erfolgsfaktoren für das Projekt, insbesondere für eine erfolgreiche Wertschöpfungskette Bio-Weiderindfleisch, benennt Dr. Juliane Dentler von der Universität Hohenheim das Vorhandensein von intensiven und extensiven Grünlandflächen. „Sie ermöglichen eine wirtschaftlich attraktive Kombination von Mastleistung und Ökosystemleistungen“, so die Wissenschaftlerin.
Durch die stärkere Integration der Biokälber in die Wertschöpfungskette wird die Rentabilität verbessert und die erforderliche Mindestmenge an Rindfleisch für eine Weiterentwicklung der Wertschöpfungskette kann bereitgestellt werden. Denn für die Vermarktungspartner im Lebensmitteleinzelhandel ist eine ganzjährige Verfügbarkeit des Produktes entscheidend, um ein Vermarktungskonzept zu erstellen. „Die besondere Herausforderung lag darin, die komplexen landwirtschaftlichen Produktionsprozesse mit allen Besonderheiten der Wertschöpfungskette Bio-Weiderind und den Anforderungen des Einzelhandels in Einklang zu bringen. Insbesondere braucht es eine entsprechende Produktionsplanung und Lieferlogistik mit Mengen und Qualitäten, die den zusätzlichen Vermarktungsaufwand an der Frischtheke des Einzelhandels mit Zertifizierung und Aufklärungsarbeit rechtfertigen“, fasst Dentler zusammen.
Erfolg für die Bewirtschafter
Die Landwirtinnen und Landwirte des Projektes profitierten von den hohen Erzeugerpreisen für Bio-Weiderinder: es wurden bis zu 5,50 € je Kilogramm Schlachtgewicht für gewünschte Qualitäten (R- und U-Klasse mit Fettstufe 2 oder 3) gezahlt. Hinzu kamen die Prämien für die Bewirtschaftung der Naturschutzflächen. Beides trug dazu bei, dass die Betriebe ausreichend positive kalkulatorische Betriebszweigergebnisse erzielen und somit die regionalen, naturschutzorientierten Grünlandflächen in der Bewirtschaftung halten konnten.
Das Projekt hat also Früchte getragen: die Anzahl der von der Erzeugergemeinschaft vermarkteten Rinder konnte von 700 auf 1.300 Tiere fast verdoppelt werden. Nach Ende des Projektes im Jahr 2021 beteiligen sich rund 150 Landwirtinnen und Landwirte an dem Bio-Weiderindfleischprogramm, mit weiter steigender Tendenz.
Projekt hat Vorbildcharakter
Das GiB-Projekt zeigt, dass der Erhalt von wertvollem Grünland auch mit Naturschutzauflagen möglich ist. Extensives Grünland bietet Lebensraum und Nahrung für zahlreiche Pflanzen und Tiere. Die Prämien aus Naturschutzprogrammen für die Bewirtschaftung der Flächen alleine reichen als Anreiz für die Landwirtinnen und Landwirte zum Teil nicht aus, weiterhin Rinder auf den Flächen zu halten. Es bedarf eines guten Vermarktungskonzeptes und engagierter Akteure, um eine erfolgreiche Wertschöpfungskette für Weiderinder ins Leben zu rufen. Eine ausreichende Wertschöpfung für die Erzeuger konnte erst im Zusammenspiel mit attraktiven Mindestpreisen und Abnahmegarantien seitens des Handels erzielt werden.
Vor diesem Hintergrund gehen die am Projekt beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler davon aus, dass auch andere Regionen Deutschlands das Potenzial für die Etablierung ähnlich erfolgreicher Wertschöpfungsketten haben. So könnte beispielsweise im Voralpenraum oder in der Eifel mit einem Bio-Weiderindkonzept der Schutz des Grünlandes in Verbindung mit der Beweidung durch Rinder gelingen.
Letzte Aktualisierung 16.07.2024