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Aus der Forschungsliteratur sind zahlreiche positive Wirkungen verschiedener Mikroorganismen auf die Pflanzengesundheit, das Pflanzenwachstum und den Ertrag bekannt. Diese haben das Potenzial, den Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln zu reduzieren, schädliche Emissionen aus der Landwirtschaft zu verringern und die Resilienz des Ökosystems Acker gegenüber abiotische Stressfaktoren, zum Beispiel in Form von Trockenheit, zu steigern. Gleichzeitig können Mikroorganismen die Qualität der produzierten Ware (beispielsweise den Nährstoffgehalt) verbessern. Auch die Qualität des Bodens (zum Beispiel das Bodengefüge und der Humusaufbau) kann deutlich positiv beeinflusst werden (Ferreyra-Suarez et al. 2024; Compant et al. 2025; Compant et al. 2019; Just et al. 2024; Conti et al. 2025).
Ein bekanntes Beispiel für nützliche Mikroorganismen sind stickstofffixierende Rhizobien. Diese werden bereits seit Längerem gezielt in der Landwirtschaft eingesetzt. Im Folgenden wird zunächst kurz auf den evolutionären und ökologischen Hintergrund der Beziehungen zwischen Pflanzen und Mikroorganismen eingegangen. Anschließend werden zentrale Begrifflichkeiten und Zusammenhänge der Thematik erläutert.
Partnerschaften zwischen Mikroorganismen und Pflanzen gelten heute als entscheidend für die Besiedelung des Landes durch Pflanzen. Es ist anzunehmen, dass Mikroorganismen Pflanzen schon sehr früh halfen, Ressourcen wie Wasser und Nährelemente zu erschließen. Außerdem unterstützten sie bei der Bodenbildung. Im Gegenzug erhielten die Mikroorganismen Sauerstoff und energiereiche, organische Verbindungen – wie Zucker und (tote) pflanzliche Biomasse –, die von den Pflanzen als Primärproduzenten mittels Photosynthese unter Nutzung der Sonnenenergie aufgebaut wurden.
Die fruchtbaren Beziehungen zwischen Mikroorganismen und Pflanzen wurden über Jahrmillionen hinweg beibehalten und weiterentwickelt (Strullu-Derrien et al. 2018; Rosling et al. 2024). Schätzungen zur lebenden Biomasse an Land lassen die Relevanz dieser Verbindungen für das Leben auf der Erde erahnen (Bar-On et al. 2018). Damals wie heute gilt: Über größere, ungestörte Zeiträume hinweg, tendiert das Leben dazu durch die Entwicklung neuer Arten und Beziehungen neue Lebensräume hervorzubringen. Dabei wirkt die von Primärproduzenten wie Pflanzen bereitgestellte Energie als limitierender Faktor. Infolge dieser Tendenz zur Diversifizierung wird die Resilienz des gesamten Systems gesteigert. Mit dieser Thematik beschäftigt sich unter anderem die Ökologie. Aus wirtschaftlicher Perspektive ist es daher von Bedeutung, hier genauer hinzusehen, um die Physiologie biologischer Systeme besser nutzen zu können.
Der Begriff „Mikrobiom“ bezeichnet alle Mikroorganismen eines Lebensraums. Das „pflanzliche Mikrobiom“ umfasst demnach alle Mikroorganismen, die den Körper eines pflanzlichen Wirts besiedeln. Die biologische Einheit von Mikrobiom und Wirt wird als Holobiont (griechisch für Gesamtlebewesen) bezeichnet. Im pflanzlichen Mikrobiom sind vor allem Bakterien, aber auch viele Pilze vertreten (Trivedi et al. 2020). Andere Mikroorganismen inklusive der nicht lebendigen Viren spielen eine untergeordnete Rolle (Berg et al. 2020).
Mikroorganismen besiedeln sämtliche Teile einer Pflanze, also Wurzeln, Stängel oder Stamm (Sprossachse), Blätter, Blüten und Früchte inklusive der Samen (Compant et al. 2010). Dabei variieren ihre Zusammensetzung und Anzahl stark, je nach Lebensraum beziehungsweise Mikrohabitat. Die oberirdischen Teile beherbergen deutlich weniger Mikroorganismen (Compant et al. 2025). Der absolute Hotspot der mikrobiellen Artenvielfalt und Aktivität ist die Rhizosphäre – das Erdreich im Einflussbereich der Wurzeln (Philippot et al. 2013). Der Grund hierfür ist, dass Mikroorganismen die Pflanze bei der Aufnahme von Wasser und Nährstoffen unterstützen. Dort lebende Mikroorganismen werden durch abgesonderte Wurzelexsudate (Zucker, organische Säuren u. v. m.) und durch abgestorbene Wurzelmasse ernährt. Dies beeinflusst auch ihre Zusammensetzung (Carvalhais et al. 2015; Bulgarelli et al. 2013; Philippot et al. 2013).
Mikroorganismen leben in den unterschiedlichen Pflanzengeweben und sogar in pflanzlichen Zellen selbst. Dieser Lebensraum im Inneren der Pflanzen wird als Endosphäre bezeichnet. Die dort lebenden Organismen werden Endophyten genannt. Ihr Wirken ist dabei keineswegs nur negativ. In vielen Fällen sind sogar positive Effekte, wie gesteigerte Abwehrkräfte, beobachtet worden (Compant et al. 2011; Compant et al. 2010).
Die meisten in den Pflanzen lebenden Mikroorganismen gelangen über die Wurzeln in die Pflanze. Von dort aus können sie über das Wasserleitsystem (Xylem) in andere Pflanzenteile einwandern. Alternativ können Endophyten aber auch über die oberirdischen Teile der Pflanze, beispielsweise über Wunden, die Spaltöffnungen in den Blättern oder die Narbe in der Blüte eindringen (Shade et al. 2013). Dabei können sie zunächst passiv über Luft, Wasser, Bodenpartikel und zum Beispiel über Schadinsekten oder Bestäuber zur Pflanze gelangen (Sessitsch et al. 2023). Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich die Mikroorganismen in Früchten, Blüten und Samen stark von denen in anderen Pflanzenteilen wie den Wurzeln unterscheiden können (Shade et al. 2013; Escobar Rodríguez et al. 2018).
Mikroorganismen gedeihen in der Regel nicht isoliert, sondern bilden mit anderen Mikroorganismen komplexe funktionelle Beziehungsnetzwerke aus. Diese werden in der Fachsprache Konsortien genannt und können auch künstlich zusammengestellt werden. Der Begriff mikrobielles Netzwerk hingegen ist weiter gefasst und weniger an die Funktion gebunden. So lässt sich sagen, dass ein Mikrobiomnetzwerk unterschiedliche Konsortien umfasst.
Pflanzliche Mikrobiome setzen sich aus einer Kerngruppe an Mikroorganismen zusammen, die über ein zentrales Netzwerk an Beziehungen und Funktionen verfügen (Toju et al. 2018). Die Mitglieder solcher Gemeinschaften sind Bestandteil nahezu aller Lebensräume einer Pflanze (Toju et al. 2018). Sie können in einer gegenseitig förderlichen Beziehung zur Pflanze stehen und von ihr profitieren, ohne ihr zu schaden. Allerdings können sie auch als Krankheitserreger in Erscheinung treten (Compant et al. 2025).
Zudem gibt es noch sogenannte Schlüsselarten (englisch Keystone Taxa). Diese übernehmen trotz ihrer möglicherweise geringen Individuenzahl wichtige Aufgaben. Ihre Abwesenheit führt zu stärkeren Veränderungen des Mikrobioms mit potenziell negativen Auswirkungen (Banerjee et al. 2018). Sie stärken also Beziehungen zwischen den Mikroorganismen und damit auch die Widerstandsfähigkeit des gesamten Holobionts gegenüber Störfaktoren (Durán et al. 2018; Herren und McMahon 2018; Agler et al. 2016). Als Schlüsselorganismen gelten unter anderem Stickstofffixierer wie Rhizobien, phosphatlösende Bakterien oder arbuskuläre Mykorrhizapilze (AM-Pilze). Sie gehören zu den am häufigsten in der Praxis angewandt Mikroorganismen, welche unter dem Sammelbegriff mikrobielle Biostimulanzien angeboten werden.
Mikroorganismen können sich untereinander (innerartlich oder zwischenartlich) gegenseitig wahrnehmen und abhängig von der Populationsgröße aufeinander reagieren (Venturi und Keel 2016). Diese Fähigkeit wird Quorum Sensing genannt und ermöglicht ein gemeinschaftliches Vorgehen von Mikroorganismen. Dies kann deren gutartiges oder pathogenes Wirken unterstützen. Außerdem können Signalmoleküle ausgeschüttet werden, um die Kommunikation anderer Arten zu stören, das sogenannte Quorum Quenching (Venturi und Keel 2016). Nachgewiesen ist auch, dass Pflanzen Mikroorganismen über ihre abgesonderten Moleküle oder ihre Oberflächenkomponenten wahrnehmen und auf diese einwirken können (Pascale et al. 2019).
Letzte Aktualisierung 30.09.2025