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Worauf es bei der Beschäftigung ausländischer Saisonarbeitskräfte im Einzelnen ankommt, erklärt Dirk Lüvolding von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.
Personen aus EU-Mitgliedsstaaten benötigen zur Arbeitsaufnahme in einem anderen EU-Land keine Arbeitserlaubnis. Sie sind inländischen Personen gleichgestellt („uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit“). Somit können EU-Bürgerinnen und Bürger zu jeder Zeit eine Beschäftigung als Erntehelfer oder Erntehelferin in Deutschland antreten.
Wer aus Nicht-EU-Staaten, den so genannten Drittstaaten, kommt, kann im Bereich der Land- und Forstwirtschaft als Saisonarbeitnehmerin und -arbeitnehmer beschäftigt werden, wenn entsprechende Vermittlungsabsprachen zwischen der Bundesagentur für Arbeit (BA) in Deutschland und der Arbeitsverwaltung im Drittstaat bestehen. Derzeit bestehen Vermittlungsabsprachen für Saisonbeschäftigungen mit Georgien und Moldau. Wenn die jeweiligen Arbeitskräfte eine Arbeitserlaubnis bei der BA beantragen, entfällt die Visumspflicht. Im Arbeitserlaubnisverfahren prüft die BA, ob die angestrebte Tätigkeit die Kriterien einer Saisontätigkeit (max. 90 Arbeitstage im Zeitraum von 180 Tagen und mindestens 30 Stunden Arbeit pro Woche) erfüllt.
In der Regel benötigen Personen aus Drittstaaten zur Einreise nach Deutschland einen Aufenthaltstitel, sprich ein Visum der deutschen Auslandsvertretung (Botschaft, Konsulat) im jeweiligen Herkunftsland. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und die „Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern“ (Beschäftigungsverordnung – BeschV).
Ausländische Studierende, Schülerinnen und Schüler von Fachschulen haben die Möglichkeit, in Deutschland eine Ferienbeschäftigung mit einer Dauer von maximal 90 Tagen innerhalb von zwölf Monaten aufzunehmen, wenn sie durch die Bundesagentur für Arbeit vermittelt wurden bzw. das Arbeitserlaubnisverfahren durchlaufen haben. Die Grundlage hierfür bildet § 14 Absatz 2 der BeschV. Für die Einreise und Aufnahme einer Saisonbeschäftigung ist für jeden einzelnen Studierenden das Durchlaufen eines Antragsverfahrens (hier können auch Stellenangebote aufgegeben werden) bei der Bundesagentur für Arbeit zwingend notwendig.
Ohne eine Bestätigung der Ferienbeschäftigung durch die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit dürfen ausländische Ferienjobberinnen und Ferienjobber nicht beschäftigt werden. Zudem wird die Bestätigung für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Visums) benötigt.
Menschen aus Drittstaaten, die aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen bereits in Deutschland leben, können – abhängig von ihrem individuellen Aufenthaltsstatus – eine Saisonbeschäftigung aufnehmen. Geflüchtete Menschen aus der Ukraine haben größtenteils eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Abs. 1 AufenthG und damit grundsätzlich den vollständigen Zugang zum Arbeitsmarkt.
Für Saisonarbeitskräfte in Deutschland gilt deutsches Arbeits- und Arbeitsschutzrecht. Enthält der geltende Tarifvertrag entsprechende Vereinbarungen, müssen diese beachtet werden. Zwingend erforderlich ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden. Grundsätzlich sind befristete Arbeitsverträge immer schriftlich zu vereinbaren.
Die Gestaltung von Arbeitsverträgen wird im „Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen“ (Nachweisgesetz - NachwG) erläutert. Dessen Inhalte sind für jeden Arbeitsvertrag bindend.
Hinweis: Das Nachweisgesetz wurde zum 01. August 2022 geändert. Arbeitsverträge müssen gegebenenfalls angepasst werden.
Durch die Erweiterung des Nachweisgesetzes werden die Arbeitsverträge umfangreicher. Allerdings gilt auch hier: Optionale Punkte wie „Arbeit auf Abruf“ müssen nicht in den Arbeitsvertrag, wenn sie nicht vereinbart sind. Gegebenenfalls sollte auch die Bereitstellung von Unterkunft und Verpflegung gemäß Sachbezugsverordnung im Arbeitsvertrag geregelt werden, sofern dies nicht in einem gesonderten Mietvertrag geschieht.
Für ausländische Arbeitskräfte kommt wie für alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das Arbeitszeitgesetz und das Bundesurlaubsgesetz zum Tragen.
Die Arbeitszeit ist in § 3 des Arbeitszeitgesetzes geregelt. Sie darf an Werktagen acht Stunden nicht überschreiten. Auf bis zu zehn Stunden kann sie nur verlängert werden, wenn innerhalb von 24 Wochen oder sechs Kalendermonaten die acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Sinngemäß heißt das, dass alle Stunden, die über 48 Stunden (6 Tage mal 8 Stunden) in der Woche hinausgehen innerhalb von 24 Wochen in Form von Freizeit ausgeglichen werden müssen. Um Streit zu vermeiden, sollte die Überstundenvergütung im Arbeitsvertrag geregelt sein.
Die einzuhaltenden Ruhepausen nach dem Arbeitszeitgesetz betragen bei sechs bis neun Stunden Arbeit mindestens 30 Minuten und bei mehr als neun Stunden 45 Minuten.
Der gesetzliche Urlaubsanspruch beträgt mindestens vier Wochen pro Jahr. Das ergibt bei einer 6 Tage‑Woche 24 Werktage und bei einer 5 Tage‑Woche 20 Arbeitstage pro Jahr. Saisonarbeitskräfte sind jedoch meist kurzfristig beschäftigt und häufig unregelmäßig. Bei unregelmäßiger Beschäftigung errechnet sich der Urlaubsanspruch aus den durchschnittlichen Beschäftigungstagen des Jahres. Dazu lässt sich folgende Formel anwenden:
Tatsächlich geleistete Arbeitstage (zum Beispiel 50), dividiert durch die Anzahl der Wochen (52) multipliziert mit 4 Wochen. Das ergibt in unserem Beispiel 3,8 und aufgerundet 4 Urlaubstage.
Durch das Mindestlohngesetz (MiLoG) ist der Lohn nach unten begrenzt. Alle tariflichen Ausnahmeregelungen sind seit 2017 abgeschafft. Eine Abweichung ist nur für Pflichtpraktika sowie freiwillige Praktika zur Berufsorientierung von bis zu drei Monaten gestattet. Zudem ist für Arbeitnehmende unter 18 Jahren ohne Berufsabschluss und Langzeitarbeitslose ein geringerer Lohn zulässig.
Bei Saisonkräften treffen die genannten Einschränkungen in der Regel nicht zu, sodass der aktuelle Mindestlohn als Lohnuntergrenze zu verstehen ist. Auch die weiteren Regelungen des MiLoG, wie die korrekte Stundenerfassung, müssen zwingend eingehalten werden. Leistungs- oder Akkordlöhne sind zulässig, wenn sichergestellt ist, dass eine geringere Leistung nicht zu einer Unterschreitung des Mindestlohns führt. Die Höhe des Mindestlohns beträgt seit 01. Januar 2024 12,41 Euro und ab 01. Januar 2025 12,82 Euro pro Stunde (Stand Mai 2024).
Eine geringfügige Beschäftigung kann in Form eines Minijobs oder einer kurzfristigen Beschäftigung erfolgen. Die Anstellung in Form einer kurzfristigen Beschäftigung ist der Regelfall bei den Saisonkräften. Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn das Arbeitsverhältnis im Voraus zeitlich begrenzt ist. Eine Befristung von maximal drei Monaten bzw. 70 Arbeitstagen im Kalenderjahr ist sozialversicherungsfrei, wenn die Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeführt wird (zum Beispiel Hausfrauen und Hausmänner, Rentnerinnen und Rentner, Studierende, Schülerinnen und Schüler). Möglich ist auch ein Rahmenarbeitsvertrag für ein Jahr mit maximal 70 Arbeitstagen.
Bei einer Beschäftigung auch im folgenden Jahr können die Beteiligten frühestens nach zwei Monaten Unterbrechung einen neuen Rahmenarbeitsvertrag schließen. Einen Überblick über sämtliche Beiträge, Steuern und Umlagen finden Sie bei der AOK.
Ob Sozialabgaben zu zahlen sind, ist auch eine Frage der Berufsmäßigkeit. Sie liegt vor, wenn die Beschäftigung nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer ist. Arbeitslose etwa oder Personen, die im unbezahlten Urlaub eine Erntehelfertätigkeit aufnehmen, tun dies berufsmäßig und sind daher sozialversicherungspflichtig für den jeweiligen Zeitraum.
Bei sozialversicherungsfrei angestellten Erntehelferinnen und Erntehelfern ist eine Erntehelferkranken- und Unfallversicherung abzuschließen, damit im Krankheitsfall eine Behandlung in Deutschland unproblematisch ist. Die Kosten einer solchen Versicherung belaufen sich derzeit auf etwa 50 bis 60 Cent pro Tag und Person.
Wer beispielsweise als Handwerker oder Handwerkerin in seinem Heimatland selbständig ist und in Deutschland als Saisonkraft arbeitet, für den gilt deutsches Sozialversicherungsrecht. Wenn die Helferin oder der Helfer im Heimatland jedoch eine selbständige Tätigkeit ausübt, die der Saisontätigkeit in Deutschland ähnlich ist, kommt das Sozialversicherungsrecht des Heimatlandes zum Tragen. Das wäre der Fall, wenn etwa ein in Polen selbständiger Landwirt als Saisonarbeitnehmer bei einem Landwirt in Deutschland arbeitet.
Für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit bezahltem Urlaub in ihrem Heimatland und mit A1-Bescheinigung, gilt grundsätzlich das Sozialversicherungsrecht des Heimatlandes. Wird diese Bescheinigung nicht vorgelegt, muss der „Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit“ von der ausländischen Saisonkraft ausgefüllt werden, der dann Aufschluss gibt. Der Fragebogen kann in zehn verschiedenen Sprachen auf der Internetseite der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) heruntergeladen werden. Beide Dokumente muss der Arbeitgebende für Prüfungszwecke zu seinen Lohnunterlagen nehmen. Für Saisonarbeitskräfte, die während der Saisonarbeit in Deutschland weiter dem Sozialversicherungsrecht ihres Heimatlandes unterliegen, sind keine Umlagen zu zahlen.
Für Saisonkräfte, die ausschließlich mit typisch land- und forstwirtschaftlichen Saisonarbeiten beschäftigt werden, ist eine Pauschalbesteuerung mit fünf Prozent Lohnsteuer (zuzüglich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) möglich (§ 40a Abs. 3 und 4 EStG). Die Regelung gilt für Personen, die in Deutschland nicht länger als 180 Tage im Kalenderjahr arbeiten und keine ausgebildeten Fachkräfte der Landwirtschaft sind. Der Stundenlohn darf außerdem 19 Euro nicht überschreiten. Diese pauschale Lohnsteuer übernimmt der Arbeitgebende zu eigenen Lasten gegenüber seinem Betriebsstätten-Finanzamt. Es besteht allerdings die Möglichkeit, die pauschale Lohnsteuer beim Lohn der Saisonkraft abzuziehen.
Es ist auch möglich einen „Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug für beschränkt Einkommensteuerpflichtige“ beim Finanzamt für jede Saisonarbeitskraft zu stellen. Das Finanzamt weist ihnen dann für die Dauer der Tätigkeit die Lohnsteuerklasse 1 zu. Wenn der Arbeitgebende diesen Antrag für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer stellt, ist seit 2019 eine Vollmacht dieser Arbeitskraft notwendig. Zudem muss für jede ausländische Saisonkraft ein Antrag auf Vergabe einer steuerlichen Identifikationsnummer für nicht meldepflichtige Personen an das zuständige Betriebsstätten-Finanzamt gestellt werden.
Aufs Jahr gerechnet bleibt die Erntehelferin oder der Erntehelfer in der Regel unter dem steuerlichen Grundfreibetrag zuzüglich Werbungskosten. Für die Erstattung gezahlter Lohnsteuer ist dann im Folgejahr der Beschäftigung eine Einkommensteuererklärung von der Saisonkraft zu erstellen. Dies übernehmen teilweise die Arbeitgebenden als Serviceleistung. Hierfür ist allerdings der ausgefüllte Vordruck „Bescheinigung EU/EWR“ der ausländischen Steuerbehörde notwendig. Die Bescheinigung gibt Auskunft über die Höhe der Einkünfte, die der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat unterliegen. Den Vordruck erhält man in diversen Sprachen bei der Finanzverwaltung. Er sollte den Saisonarbeitskräften spätestens am Tag der Abreise ausgehändigt werden. Hier unterstützt ein Lohn- bzw. Steuerbüro.
Letzte Aktualisierung 08.05.2024