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Menschen mit Behinderung beschäftigen in Landwirtschaft und Gartenbau Beschäftigung in grünen Berufen

Der Gedanke, Menschen mit Behinderung auf einem Bauernhof oder in einer Gärtnerei einzustellen, liegt vielen zunächst fern. Es gibt jedoch gute Gründe, auch diese Möglichkeit in Erwägung zu ziehen. Warum ist das so?

Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung kann ein Gewinn für alle Beteiligten sein.
Bild: Halfpoint – stock.adobe.com

Tanja Iken und Annika Timp von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen zeigen in diesem Beitrag, dass ein entsprechendes Arbeitsverhältnis ein Gewinn für beide Seiten sein kann.

Was ist eine Behinderung im beruflichen Sinn?

Unter Behinderung versteht man eine dauerhafte oder langfristige Einschränkung, die das tägliche Leben einer Person in verschiedenen Bereichen unterschiedlich stark beeinflussen kann. Sie kann auf körperlicher, geistiger oder psychischer Ebene auftreten und wird als Grad der Behinderung (GdB) in Zehnergraden (20 bis 100) angegeben.

Ab einem GdB von 50 und mehr spricht man von einer Schwerbehinderung. Es ist wichtig zu beachten, dass ein GdB nicht aussagt, wie fähig und leistungsstark eine betroffene Person ist. Menschen mit Behinderung können hervorragende Stärken und Fähigkeiten vorweisen und mit entsprechender technischer und personeller Unterstützung auch zur Fachkräftesicherung beitragen.

Gute Gründe, Menschen mit Behinderung zu beschäftigen

Genau wie jede und jeder andere Arbeitnehmende weisen auch Menschen mit Behinderung spezifische Fähigkeiten und berufliche Erfahrungen auf. Fachliche Kompetenz ist bei Ihnen ebenfalls vorhanden. Eine echte Chance also für Unternehmen nicht nur im Kampf gegen den Fachkräftemangel.

Menschen mit Behinderung sind in ihrem Beruf zumeist hoch engagiert und zeigen, dass sie genauso leistungswillig sind wie Menschen ohne Behinderung. Als Teamplayer bringen sich Menschen mit Behinderung häufig besonders motiviert ein, sind loyal und stecken mit Ihrer Motivation oft das gesamte Team an.

In vielen Agrar- und Gartenbaubetrieben gibt es vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten wie die Mithilfe bei Erntearbeiten.
Bild: Sophie – stock.adobe.com

Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung fördert die Vielfalt im Unternehmen. Neben der Unternehmenskultur wird oft zusätzlich das Arbeitsklima verbessert. Besonders können Menschen mit Behinderung Sichtweisen ins Unternehmen einfließen lassen, die Menschen ohne Behinderung nicht haben.

Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung wird durch Förderleistungen unterstützt. Es steht ein umfangreiches Leistungs- und Beratungsangebot zur Verfügung. Dieses zielt darauf ab, Arbeitgebende zu unterstützen. Zudem können auch die betroffenen Arbeitnehmenden Leistungen beantragen sowie Beratungsangebote in Anspruch nehmen. Einen Überblick über länderspezifische oder regionale Beratungsmöglichkeiten finden Sie am Ende dieses Beitrags.

Besonderheit bei Kündigung

Menschen mit Behinderung haben im Vergleich zu Menschen ohne Behinderung einen besonderen Kündigungsschutz (§§ 168 ff. SGB IX). Dieser soll betroffene Arbeitnehmende vor behinderungsbedingten Nachteilen auf dem Arbeitsmarkt schützen. Es bedeutet jedoch nicht, dass Arbeitnehmenden mit Behinderung nicht gekündigt werden kann.

Soll Menschen mit Behinderung gekündigt werden, muss das örtlich zuständige Inklusions- oder Integrationsamt zustimmen. Hierzu muss ein entsprechender Antrag gestellt werden. Keine Zustimmung ist erforderlich, wenn

  • die Kündigung innerhalb der ersten sechs Monate einer Beschäftigung ausgesprochen wird,
  • zwischen Arbeitgebendem und Arbeitnehmendem ein einvernehmlicher Aufhebungsvertrag geschlossen wird,
  • der Betroffene selbst kündigt.
Nicht jeder Konflikt muss zu einer Kündigung führen. Für Menschen mit Behinderung gelten auch hier besondere Regeln.
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Kündigungen vermeiden

Grundsätzlich sollte eine Kündigung aber vermieden und ein langfristiges Beschäftigungsverhältnis angestrebt werden. Dazu dienen unter anderem das Präventionsverfahren und das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM).

Das Präventionsverfahren ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 167 Abs. 1 SGB IX). Es soll Menschen mit Behinderung sowie deren Arbeitgebende bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten am Arbeitsplatz frühzeitig unterstützen und Lösungen für die Weiterführung des bestehenden Arbeitsverhältnisses suchen. Das Verfahren ist unabhängig von der Betriebsgröße durchzuführen und gilt ausschließlich für den Personenkreis der Menschen mit Behinderung.

Auch das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) ist gesetzlich vorgeschrieben (§ 167 Abs. 2 SGB IX) und gilt ebenfalls für jeden Betrieb. Es richtet sich sowohl an Menschen mit Behinderung als auch an alle anderen Beschäftigten. Durch das BEM soll eine Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden. Mittels gezielter Leistungen oder Hilfen soll eine erneute Arbeitsunfähigkeit verhindert und der Arbeitsplatz erhalten werden.

Übersicht Prävention und BEM

 

Prävention

§ 167 Abs. 1 SGB IX

BEM

§ 167 Abs. 2 SGB IX

Zielgruppe

Menschen mit Schwerbehinderung oder Gleichstellung

Alle Beschäftigte, die länger als insgesamt 30 Arbeitstage im Jahr arbeitsunfähig erkrankt sind.

Anlass

Subjektiver Eindruck des Arbeitsgebenden, dass Schwierigkeiten vorliegen, die das Beschäftigungsverhältnis gefährden.

Objektiver Tatbestand

Ziel

Sicherung des bestehenden Arbeitsverhältnisses

Wiederherstellung und Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit               

Zustimmung Arbeitnehmender

Nicht erforderlich

Erforderlich

Ansprechstelle

Integrations- oder Inklusionsamt

Externe Partner

Externe Partner unterstützen das BEM-Verfahren, indem sie Arbeitnehmende und Arbeitgebende beraten, fördern, am Arbeitsplatz assistieren oder Maßnahmen zur Rehabilitation und Qualifizierung aufzeigen. Das können sein

  • Rehabilitationsträger (Krankenkassen, Berufsgenossenschaften, Unfallversicherungen Rentenversicherungen, Agentur für Arbeit),
  • Inklusions- oder Integrationsämter und technische Beratungsdienste,
  • Integrationsfachdienste.

Weitere Informationen finden Sie bei der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) e. V.

Wer hilft weiter bei Fragen?

Für Arbeitgebende stehen verschiedene Ansprechstellen bei der Beschäftigung und Ausbildung von Menschen mit Behinderung zur Verfügung.

Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber (EAA) nach § 185a SGB IX informieren, beraten und unterstützen Arbeitgebende bei der Beschäftigung, Einstellung und Ausbildung von Menschen mit Behinderung. EAA arbeiten im Auftrag der Inklusions- und Integrationsämter und sind flächendeckend bei unterschiedlichen Trägern angesiedelt, im Rheinland und in Westfalen zum Beispiel bei den Handwerkskammern, den Industrie- und Handelskammern und der Landwirtschaftskammer sowie bei den Trägern der Integrationsfachdienste. Sie sind trägerunabhängig und haben für die Betriebe eine Lotsenfunktion.

Die EAA informieren

  • zur Einstellung und Ausbildung von Menschen mit Behinderung,
  • zur Sicherung von Arbeitsplätzen und beruflicher Wiedereingliederung,
  • zu rechtlichen Rahmenbedingungen und Leistungsmöglichkeiten.

Sie beraten individuell zur Analyse des betrieblichen Bedarfes, zu den Voraussetzungen und Erfahrungen sowie zur Entwicklung neuer Perspektiven und inklusiver Beschäftigungsmöglichkeiten.

Darüber hinaus unterstützen sie tatkräftig

  • bei der Suche nach geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern für Arbeits-oder Ausbildungsplätze,
  • bei der Kontaktaufnahme zu allen erforderlichen Stellen für die Umsetzung von Inklusion im Betrieb,
  • bei der Antragstellung für finanzielle Leistungen und für konkrete Hilfen für die besonderen Bedarfe von Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben.

Die Beratung der EAA wird aus der Ausgleichsabgabe finanziert und ist kostenlos. Weitere Informationen dazu finden Sie bei der BIH. Außerdem veröffentlicht die Servicestelle der Bundesagentur für Arbeit aktuelle Informationen für Arbeitgebende.

Die Inklusions- und Integrationsämter haben wesentliche Aufgaben bei der Eingliederung von Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben. Dabei sind sie gleichermaßen für Menschen mit Behinderung als auch für Arbeitgebende tätig. In einigen Bundesländern haben sich die Integrationsämter in Inklusionsämter umbenannt. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Website der BIH.

Die Integrationsfachdienste (IFD) beraten und unterstützen insbesondere Menschen mit Behinderung bei der beruflichen Integration. Weitere Informationen finden Sie bei Rehadat.

Die Aufgaben der Integrationsämter können durch die Länder auch auf „örtliche Fürsorgestellen“ übertragen werden. Diese werden als Fachstelle für Menschen mit Behinderung im Arbeitsleben bezeichnet. In einzelnen Bundesländern führen sie Teile der Begleitenden Hilfe im Arbeitsleben und des Kündigungsschutzes durch. Weitere Informationen gibt auch das BIH.

Letzte Aktualisierung: 14.05.2024

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