Dr. Susanne Böll: Da gibt es ganz unterschiedliche Strategien. Die Silber-Linde beispielsweise dreht bei starker Sonneneinstrahlung ihre silbrige Blattunterseite nach oben und reflektiert dadurch einen Teil der Strahlung. Andere Arten wie die Hopfenbuche können ihre Temperatur aktiv regulieren, wenn sie einen kritischen Wert erreicht hat. Wie genau das funktioniert, haben wir noch nicht herausgefunden, aber den Prozess selbst haben wir bereits belegen können, indem wir mehrere Bäume aufwändig verkabelt und Temperaturmessungen durchgeführt haben, unter anderem an den Blättern, auf der Rinde und im oberen Wurzelbereich.
Eine Untersuchung an der TU Dresden wiederum deutet darauf hin, dass Bäume, die bereits unter Trockenstress aufwachsen, diesbezüglich auch widerstandsfähiger sind. Allerdings entwickeln sie sich dann natürlich auch entsprechend langsamer, und längere Standzeiten in der Baumschule schlagen sich im Preis nieder.
Steigt denn die Bereitschaft, in langfristig stabile Bestände zu investieren?
Dr. Susanne Böll: Es tut sich was, das merken wir unter anderem daran, dass Vorträge zum Thema Klimabäume immer stärker nachgefragt werden. Wie die Erkenntnisse umgesetzt werden, hängt aber natürlich ganz stark von der einzelnen Kommune ab.
Manchmal überzeugen schon einfache Rechenbeispiele. Bei Bäumen muss man ja die Lebenszyklus-Kosten betrachten und unterm Strich ist es günstiger, durch ausreichend große Pflanzgruben und einen regelmäßigen Erziehungsschnitt in vitale, langlebige Bäume zu investieren, Spätere Schadensbegrenzungen und Neupflanzungen sind deutlich teurer.
In einer Kommune, in der wir für unsere Forschungsprojekte Bäume gepflanzt haben, wurden wir vom Stadtrat darauf angesprochen, weshalb unsere Bäume sich eigentlich so viel besser entwickeln und wir viel weniger Ausfälle haben. In der Folge hat die Stadt die Vorgaben für ihre Pflanzgruben überarbeitet.
Das stellen wir im Rahmen unserer Forschungsprojekte ohnehin immer wieder fest: Anschauliche Modellprojekte bewirken extrem viel, sowohl bei der Bevölkerung als auch bei den Entscheidern. Mit einer Klimabaumallee mit Sitzmöglichkeiten und Info-Tafeln beispielsweise können die Bürgerinnen und Bürger zunächst grundsätzlich für das Thema sensibilisiert werden. Entsprechend leichter lassen sich dann Folgeprojekte vermitteln.
Nicht zuletzt appellieren wir an die Kommunen, das 2017 erschiene "Weißbuch Stadtgrün" zu nutzen, das viele konkrete Handlungsempfehlungen enthält und Möglichkeiten aufzeigt, wie sie sich umsetzen lassen. Die Mittel dazu können beispielsweise aus dem Städtebauförderprogramm "Zukunft Stadtgrün" kommen, das – wie in den vergangenen beiden Jahren – auch 2019 wieder mit 50 Millionen Euro ausgestattet wurde.