ALB-Spürhunde: Prophylaxe auf vier Beinen Gartenbau

Speziell ausgebildete Hunde sind wichtige Helfer im Kampf gegen den Asiatischen Laubholzbockkäfer.

Auffällig schön – schrecklich hungrig

Asiatischer Laubholzbockkäfer. Quelle: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)

Er ist zweifelsohne eine Schönheit: Bis zu vier Zentimeter groß, die Flügeldecken glänzend schwarz mit weißen Flecken, die mehr als körperlangen, elegant nach außen gebogenen Fühler schwarz-weiß geringelt könnte der Asiatische Laubholzbockkäfer oder kurz ALB (Anoplophora glabripennis) einem Fantasy-Roman entsprungen sein.

Tatsächlich gleichen Begegnungen mit dem aus China und Korea stammenden Insekt jedoch eher einem Horror-Thriller: Der meist über Holzpaletten mit Steinimporten oder über sonstige Holzverpackungen eingeschleppte Käfer gehört weltweit zu den gefürchtetsten Gehölzschädlingen. Wo er auftaucht, sind die Tage der meisten Laubbäume gezählt und es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, denn mangels effektiver natürlicher Feinde kann eine flächendeckende Ausbreitung nur durch intensive Kontrollen und eine frühzeitige, konsequente Bekämpfung verhindert werden.

Meldepflicht für den ALB

Der Asiatische Laubholzbockkäfer ist ein Quarantäneschädling, für den Meldepflicht besteht. Wenden Sie sich im Verdachtsfall an Ihre regionale Pflanzenschutzbehörde.

Dass die erwachsenen Käfer an Blättern und der Rinde junger Zweige fressen, um geschlechtsreif zu werden, ist das geringere Problem. Hochproblematisch hingegen ist der gewaltige Appetit der bis zu 5 cm großen beinlosen Larven im Inneren von Ästen und Stämmen. Innerhalb weniger Jahre können durch die Fraßschäden und durch darauf folgende Infektionen Kronenteile oder ganze Bäume absterben.

Und bei der Baumart ist der dekorative Käfer nicht wählerisch: Pappel, Ahorn, Rosskastanie, Weide und Birke werden erfahrungsgemäß besonders gerne als Kinderstube genutzt, aber auch Buche, Erle, Hainbuche, Haselnuss, Linde, Platane, Blasenesche, Kuchenbaum und Ulme nicht verschmäht. Unter Laborbedingungen waren zudem zahlreiche weitere Laubgehölze betroffen, etwa die riesige Familie der Rosaceae, zu der neben den Rosen auch die meisten einheimischen Obstarten gehören.

Vor allem aufgrund des breiten Wirtsspektrums ist der Käfer nicht nur für Forstwirte, Baumschulen, Obstanbaubetriebe und Hobbygärtner ein echter ALB-Traum: Der Käfer und sein Nachwuchs bedrohen nicht weniger als die Mehrzahl sämtlicher Laubgehölze der hiesigen Wälder, Parks, Gärten und sonstigen Grünflächen.

Helden mit Supernase

Im Kampf um den Erhalt von Millionen Bäumen und Sträuchern trifft der Lord Voldemort des Käferreichs seit einiger Zeit auf ungewöhnliche Gegenspieler: Hunde. Ob Beagle oder Rauhaardackel, mittlerweile geht deutschlandweit eine ganze Reihe speziell ausgebildeter Spürhunde auf Käfersuche. Wobei, was heißt Käfersuche, die Supernasen erschnüffeln nicht nur die ausgewachsenen Insekten, sondern auch deren Eier, Larven und Puppen, Kot und ausgeworfene Holzspäne sowie mitunter schon monatelang verlassene Fraßgänge.

Quelle: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)

Eine zertifizierte Ausbildung zum ALB-Spürhund ist bislang ausschließlich am Institut für Waldschutz des Bundesforschungs - und Ausbildungszentrums für Wald, Naturgefahren und Landschaft in Wien möglich: Österreich nimmt bei der Erforschung und Bekämpfung des ALB eine Vorreiterrolle ein, da es früh betroffen war. Zwei Wochen lang werden die Vierbeiner gemeinsam mit ihren Führerinnen oder Führern intensiv geschult, damit sie als Team optimal zusammenarbeiten und die Tiere Fundstellen später absolut zuverlässig anzeigen.

Sicher und schonend

Die einzigartige Fähigkeit der Hunde verbessert die Ausgangslage im Hinblick auf den Pflanzenschutz enorm, denn vormals konnten Bohrlöcher oder Fraßgänge oft nicht eindeutig zugeordnet werden: Ob wirklich der ALB am Werk war, oder doch ein harmloseres Schadinsekt, ließ sich nur dann mit Sicherheit sagen, wenn auch Larven, Puppen oder Käfer gefunden und von Spezialisten bestimmt wurden. Dank der Spürhunde kann diese Unsicherheit nun schnell beseitigt werden – und mancher Baum stehen bleiben, der sonst für weitere Untersuchungen hätte fallen müssen.

Darüber hinaus gestaltet es sich oft wesentlich einfacher, mit einem Hund durch Feld und Flur zu streifen, aber auch Baumschulen, Steinmetzbetriebe oder Privatgärten zu besuchen, wo nun nicht mehr jedes Gehölz einzeln unter die Lupe genommen werden muss. Bis zu einer Gehölzhöhe von etwa acht Metern erschnuppern die Hunde Geruchsmoleküle direkt vom Boden aus und zeigen die betreffenden Gehölze sicher an. Bei höher liegenden Kinderstuben können sie das Suchgebiet zumindest stark eingrenzen, indem sie die Hundeführerinnen oder -führer auf herabgefallenes Material hinweisen.

Die Zahl ausgebildeter ALB-Spürhunde steigt stetig an, sodass die feinsinnigen Vierbeiner längst ein entscheidender Faktor im Kampf gegen die invasive Käferart geworden sind. Der Spürhundeeinsatz ergänzt nun die übrigen, teils sehr aufwändigen Monitoringmaßnahmen wie

  • Kontrollgänge mit dem Fernglas
  • Gehölzuntersuchungen per Hubsteiger
  • Gehölzuntersuchungen durch professionelle Baumkletterer
  • Fällungen, um die Fraßgänge genauer unter die Lupe zu nehmen
  • Pheromonfallen (Lockstofffallen; zu Kontrollzwecken, als Bekämpfungsmaßnahme nicht ausreichend)
  • Fangbäume (junge, zu Kontrollzwecken gepflanzte Laubbäume beliebter Gehölzarten wie Ahorn)

Durch eine enge Verzahnung aller Maßnahmen können Verdachtsmomente meist schnell entkräftet oder bestätigt werden.

Übrigens: Ausgebildete Suchhunde spüren auch dem Chinesischen Laubholzbock oder Zitrusbockkäfer (Anoplophora chinensis, CLB) nach, einem nahen Verwandten des ALB. Vereinzelt werden tierische Supernasen zudem bereits im Gemüsebau als Pflanzenschutzhelfer eingesetzt – konkret in Kanada gegen den Paprika-Rüsselkäfer (Anthonomous eugenii).

Im Fall der Fälle: drastische Abwehrmaßnahmen

Die gefällten Bäume werden abtransportiert und noch innerhalb der Quarantänezone gehäckselt und verbrannt. Quelle: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL)

Hat sich der Verdacht auf einen Befall mit dem ALB bestätigt, heißt es zügig handeln. Mit Insektiziden ist dem Schädling bislang nicht beizukommen, auch selektive Fällungen verdächtiger Gehölze führten nicht zum gewünschten Erfolg. Deshalb ergreifen die zuständigen Pflanzenschutzbehörden bei einem Befall mittlerweile drastische Maßnahmen. Unter anderem werden in einem Umkreis von 100 m um die Fundstelle sämtliche potenzielle Wirtspflanzen entfernt und das Holz direkt in der Quarantänezone zerhäckselt (auf die für den Käfer nicht mehr nutzbare Stückgröße von 2,5 cm) und verbrannt. In der Befallszone und in einer zwei Kilometer breiten Pufferzone müssen für mindestens vier Jahre engmaschige Kontrollen stattfinden und Holz- oder Pflanzentransporte sind nur unter strengen Auflagen erlaubt. Bei weiteren Befallsfunden werden am Fundort neue Zonen ausgewiesen – die sich meist mit bereits existenten Zonen überschneiden – und das Prozedere beginnt von vorne.

Diese Maßnahmen sind verständlicherweise extrem unbeliebt – aber dennoch notwendig. Denn nur auf diese Weise kann eine örtlich begrenzte Käferpopulation noch komplett ausgerottet und die weitere Ausbreitung des ALB verhindert werden. Würde nicht oder nur unzureichend eingeschritten, stürbe ein hoher Prozentsatz der Laubgehölze im Befallsgebiet käferbedingt dennoch ab; hinzu käme jedoch ein erhebliches Risiko durch unkontrollierten Astbruch und der Käfer würde sich noch weiter ausbreiten.

Aus der Erfahrung bereits erfolgreicher Ausrottungen lässt sich festhalten, dass vom ersten Käferfund bis zur vollständigen Ausrottung durchschnittlich 10 Jahre vergehen. Je früher ein Befall mit dem Asiatischen Laubholzbockkäfer erkannt und bekämpft wird, desto besser sind die Erfolgsaussichten und umso schneller (nach mindestens vier Jahren ohne weitere Befallsmeldung) kann die Quarantäne für ein Gebiet wieder aufgehoben werden.

Wer übernimmt die Kosten?

Rein rechtlich gesehen müsste derjenige, auf dessen Grundstück ein Befall festgestellt wird, auch für die Folgekosten aufkommen, also für sämtliche Monitoringmaßnahmen sowie für die Fällung und Vernichtung des Holzes. In der Praxis wird dies jedoch grundlegend anders gehandhabt, damit niemand aus Angst vor finanziellen Konsequenzen einen Verdacht verschweigt. Daher werden die Kosten für Monitoring- und Bekämpfungsmaßnahmen rund um den Asiatischen Laubholzbockkäfer von den Kommunen und Ländern getragen.

Kostenschätzung für Schäden und Bekämpfungsmaßnahmen

Der ALB verursacht weltweit bereits erhebliche Kosten. In einer vom Julius Kühn-Institut beauftragten Studie wurde 2013 erstmals eine Kostenschätzung für Deutschland durchgeführt.

Bislang waren in Deutschland nur kleinere Gemeinden von einem ALB-Befall betroffen. Für die Kostenschätzung wurde nun ein fiktiver Befall für die Stadt Bonn angenommen, mit drei unterschiedlichen Szenarien:

  1. Der ALB wird nicht bekämpft und breitet sich vom Befallsherd ausgehend in einem Radius von 2.000 m pro Jahr aus. Kosten ohne Bekämpfung: 117 Millionen Euro allein innerhalb dieser 2.000-Meter-Zone + weitere Ausbreitung des Käfers
  2. Der ALB wird moderat bekämpft. Fällungen finden zum Beispiel nicht flächendeckend, sondern nur auf bei konkretem Befallsverdacht statt, wobei erfahrungsgemäß jedoch immer befallene Gehölze übersehen werden. Folge: Der ALB breitet sich vom Befallsherd ausgehend in einem Radius von 1.000 m pro Jahr aus. Kosten bei moderater Bekämpfung: 168 Millionen Euro allein innerhalb dieser 1.000-Meter-Zone + weitere Ausbreitung des Käfers
  3. Der ALB wird konsequent bekämpft und dadurch in seiner Ausbreitung auf 300 m pro Jahr beschränkt und letztlich ausgerottet. Kosten bei konsequenter Bekämpfung und Ausrottung: 94 Millionen Euro

Gut zu wissen: Die 2.000-Meter-Zone deckt die maximale, in Laborversuchen ermittelte Flugdistanz der Käfer ab. In der Praxis und in unserer Klimazone breitet sich der ALB zurzeit nur in einem Radius von 100-300m pro Jahr aus und es dauert entsprechend länger, bis eine vergleichbare Zahl von Bäumen befallen wird.

Paradoxerweise ist diese langsame Ausbreitung, wenn nicht bekämpft wird, im Hinblick auf die Kosten aber sogar noch fataler. Denn umso länger es sich hinzieht, bis in einem Bereich alle potenziellen Wirtsgehölze abgestorben und gefällt sind, umso länger fallen hohe Kosten für die Verkehrssicherung an: Es müssen immer wieder intensive Kontrollen stattfinden und einzelne Äste oder Bäume beseitigt werden, damit sie nicht unkontrolliert abbrechen oder umstürzen. Daher können die tatsächlichen Kosten bei einer langsameren Ausbreitung ohne Bekämpfung sogar noch deutlich höher ausfallen als in der Kostenschätzung.