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Klimaschutz und Klimaanpassung in der Landwirtschaft Neue Ansätze und Technologien

Wie kann die Landwirtschaft Emissionen senken und sich zugleich an den Klimawandel anpassen? Der Artikel stellt aktuelle Forschungsprojekte vor – von elektrisch betriebenen Traktoren über klimaangepasste Sorten und Agroforstsysteme bis hin zu innovativen Bewässerungskonzepten.

Photovoltaikmodule über Weinreben sind eine Methode, wie man Klimaschutz und Klimaanpassung in der Landwirtschaft voranbringen kann.
Bild: Marina Lorbach/iStock/Getty Images Plus via Getty Images

Die Landwirtschaft nimmt in Bezug auf den Klimawandel eine Doppelrolle ein: Einerseits ist sie Verursacherin von Treibhausgasemissionen – etwa durch Methan aus der Tierhaltung oder Lachgas aus der Düngung. Damit steht sie in der Verantwortung, Emissionen zu reduzieren und zum Erreichen der deutschen Klimaziele beizutragen. Andererseits ist sie wie kaum ein anderer Wirtschaftsbereich direkt von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen. 

Unter anderem führen der Anstieg der Durchschnittstemperaturen, veränderte Niederschlagsverteilungen und Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hagel, Stürme und Hochwasser, aber auch andauernde Trockenheit sowie das vermehrte Auftreten von Schädlingen und Krankheiten zu direkten Auswirkungen auf Produktionssysteme, Erträge und Qualitäten. Ebenfalls sorgt der Klimawandel dafür, dass sich neue Krankheiten und Schädlinge ausbreiten können. An diese Veränderungen muss sich die Landwirtschaft  kontinuierlich  anpassen.

Die Forschung nimmt sich deshalb sowohl dem Klimaschutz als auch der Anpassung an den Klimawandel an – zwei Seiten derselben Medaille. Im Folgenden werden ausgewählte Projekte vorgestellt, die derzeit in Deutschland zu diesem Themenbereich von Bund und Ländern gefördert werden.

Klimaschutz in der Landwirtschaft

Bereits 2021 wurde im Bundes-Klimaschutzgesetz beschlossen, dass Deutschland bis 2030 seine Treibhausgas(THG)-Emissionen um mindestens 65 Prozent mindern soll, im Vergleich zum Jahr 1990. Bis 2040 sollen die Emissionen um 88 Prozent sinken und bis 2045 soll Deutschland treibhausgasneutral sein. Als ein Beitrag zur Erreichung dieser Klimaziele fördert das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) gezielt Forschungsvorhaben. 

In enger Zusammenarbeit von Hochschulen, Industriepartnern, landwirtschaftlichen Betrieben sowie Bundesforschungsinstituten – darunter das Julius Kühn-Institut (JKI) und das Thünen-Institut – werden praxisnahe Lösungen entwickelt. Einige Projekte werden im Folgenden vorgestellt.

Alternative Antriebstechniken und erneuerbare Energien

ONOX Traktor mit Batterien im Feldeinsatz
Bild: ONOX

Ein elektrisch betriebener Traktor mit einem intelligenten, schnell koppelbaren Batterie-Wechsel- und Ladesystem (FlexETractor) wird von der Technischen Universität München in Kooperation mit zwei Unternehmen entwickelt. Ziel dieses Verbundprojekts ist es, für den eigens entwickelten elektrischen Kleintraktor austauschbare, landwirtschaftlich nutzbare Batterien sowie passende Wechsel- und Ladesysteme zu konzipieren. Die Batterien sollen innerhalb weniger Minuten ausgetauscht werden können und je nach Einsatz-Szenario zusätzlich als Ballastgewicht oder mobiler Energiespeicher dienen. Sie lassen sich über hofeigene Photovoltaik(PV)-Anlagen laden, sodass der Traktor jederzeit einsatzbereit bleibt und zugleich eine nachhaltige Energieversorgung gewährleistet ist.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt die Universität Kassel im Projekt E-Plus. Gemeinsam mit einem mittelständischen Maschinenbauunternehmen entwickelt sie einen vollelektrischen Pflegetraktor, der über Photovoltaik-Ladesysteme betrieben werden kann und damit eine ressourcenschonende, emissionsarme Alternative für die landwirtschaftliche Praxis bietet.

Das Projekt TrAkzeptanz möchte die Akzeptanz klimafreundlicher Antriebe in der Landwirtschaft stärken und ihren vermehrten Einsatz fördern.
Bild: Kaspar Obermaier, TFZ

Das Projekt TrAkzeptanz der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf untersucht, wie klimafreundliche Antriebstechniken in der Landwirtschaft angenommen werden. Neben der technischen Machbarkeit stehen dabei auch ökonomische und soziale Faktoren im Mittelpunkt, etwa welche Anreize, Betriebsstrukturen und Rahmenbedingungen nötig sind, um den Umstieg auf nachhaltige Antriebe in der Praxis zu fördern.

Initialcharakter für die Stromerzeugung mittels Photovoltaik in Kombination mit landwirtschaftlicher Nutzung der Flächen hat das Projekt APV-Obstbau. Es untersucht den Einfluss von PV-Anlagen auf die darunterliegenden Apfelplantagen und inwieweit sie als Schutz vor Hagel und Starkregen geeignet sind.

Das Projekt HoPVen kombiniert Hopfenanbau und Stromerzeugung.
Bild: AgrarEnergie GmbH & Co. KG

Im Projekt HoPVen wird erforscht, wie sich Photovoltaikanlagen mit dem traditionellen Hopfenanbau kombinieren lassen. Beteiligt sind unter anderem die Fraunhofer-Gesellschaft sowie die Hochschule Weihenstephan-Triesdorf.

Ziel des Projekts ist es, Stromerzeugung und landwirtschaftliche Nutzung so miteinander zu verbinden, dass sowohl Klimaschutzpotenziale ausgeschöpft als auch die Hopfenerträge langfristig gesichert werden.

Digitale Assistenzsysteme für die Klimabilanzierung

Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) arbeiten Forschende im Projekt EcoAcker gemeinsam mit Landtechnikherstellern an einem System, das die optimale Einstellung von Traktor-Anbaugeräte-Kombinationen berechnet. Auf diese Weise sollen der Diesel- und Energieverbrauch gesenkt und Treibhausgasemissionen minimiert werden. 

Einen anderen Schwerpunkt setzt das Projekt Futurlights, das vom Julius Kühn-Institut (JKI) gemeinsam mit verschiedenen Partnern umgesetzt wird. Entwickelt werden dabei neuartige LED-Beleuchtungssysteme, die den Energieverbrauch im Unterglasanbau deutlich reduzieren und damit zur Senkung von Treibhausgasemissionen beitragen sollen. Gleichzeitig wird angestrebt, dass LED-Systeme die Jungpflanzenproduktion so unterstützen, dass der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weitgehend überflüssig wird.

Sozio-ökonomische Perspektiven

Das Projekt CarbonLeak am Thünen-Institut für Waldwirtschaft untersucht, wie sich verschärfte Klimaschutzanforderungen auf die globalen Agrar- und Holzmärkte auswirken. Ergänzend arbeitet das Thünen-Institut für Marktanalyse im Projekt KlimaLabel an einem einheitlichen und verlässlichen CO₂-Label für Lebensmittel, um Verbraucherinnen und Verbrauchern klimafreundliche Kaufentscheidungen zu ermöglichen.

Darüber hinaus widmet sich das Projekt Canopy der Hochschule Geisenheim der Frage, wie sich die wahren Kosten (True Cost Accounting) von Agri-Photovoltaik-Systemen im Weinbau erfassen und bewerten lassen. Ziel ist es, ökologische und ökonomische Effekte transparent zu machen und damit eine fundierte Entscheidungsgrundlage für Praxis und Politik zu schaffen.

Klimaschutz in der Pflanzenproduktion

Agroforstsysteme haben ein großes Potenzial in Sachen Klimaanpassung.
Bild: BLE/Stefanie Freischem

Im Projekt KlimAF untersucht das JKI in sechs Teilprojekten das Klimaschutzpotenzial moderner Agroforstsysteme und entwickelt Leitlinien zur optimalen Standortwahl, Ausgestaltung und Nutzung.

Einen züchterischen Ansatz verfolgt das Max Rubner-Institut zusammen mit dem JKI und den Universitäten Halle-Wittenberg und Bielefeld im Verbundvorhaben MAGIC-KlimaBack.

Dabei sollen neue Weizenpopulationen mit verbesserter Eiweißnutzung entstehen, die weniger Stickstoffdünger benötigen und dadurch Lachgasemissionen verringern.

Klimafreundliche Tierhaltung

Im Projekt EmiMod werden Emissionsdaten in einem freigelüfteten Mastschweinestall erfasst, um diese besser beurteilen zu können.
Bild: KTBL/EmiMod

Das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft (KTBL) entwickelt gemeinsam mit dem Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie sowie verschiedenen anderen Institutionen im Projekt EmiMod neue Methoden, um Emissionen aus Ställen präziser zu erfassen und gezielt zu mindern.

Parallel dazu arbeitet die Technische Hochschule Bingen mit anderen Forschungseinrichtungen im Projekt FUETURE an innovativen Konzepten, um regionale und nachhaltige Futtermittelressourcen für die Masthähnchenhaltung zu nutzen. Außerdem sollen Importe von nicht nachhaltigem Soja vermieden und so die Umweltwirkungen der Produktion verringert werden.

Einen weiteren Beitrag zum Themenschwerpunkt klimafreundliche Tierhaltung leistet das Verbundvorhaben KlimaTier. Es entwickelt Strategien für den Klimaschutz, indem es Tierhaltung und -bestände optimal an betriebliche Ressourcen anpasst, Stoffkreisläufe effizient gestaltet und so Vorteile gemischter Betriebe für Klima und Umwelt nutzt.

Regionale Lösungsansätze mit EIP-Projekten

Neben den bundesgeförderten Projekten gibt es auch solche der Europäischen Innovationspartnerschaft „Landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit“ (EIP-Agri), die den Klimaschutz unmittelbar in die Praxis bringen. In Schleswig-Holstein arbeiten zum Beispiel Landwirtinnen und Landwirte sowie Forschungspartner im Projekt UMZOG – Kooperative Moornutzung im Oldenburger Graben daran, wie wiedervernässte Moorflächen so bewirtschaftet werden können, dass sie Treibhausgasemissionen senken und zugleich landwirtschaftlich nutzbar bleiben. Einen Überblick weiterer Projekte zum Schutz und zur landwirtschaftlichen Nutzung von nassen Moorstandorten gibt die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR). 

In Hessen entwickelt das Verbundprojekt InDiA Direktsaat-Systeme ohne Herbizideinsatz, die die Bodenstruktur schonen und Emissionen entlang der Bodenbearbeitung verringern sollen.

Klimaanpassung in der Landwirtschaft

Während Klimaschutz vor allem auf die Verringerung von Emissionen zielt, geht es bei der Klimaanpassung darum, die Landwirtschaft widerstandsfähiger gegen die Folgen des Klimawandels zu machen. Die Forschung sucht zum Beispiel nach Lösungen, wie Anbausysteme robuster werden, Kulturen besser mit Stress umgehen können oder Wasser effizienter genutzt werden kann.

Verändertes Klima – neue Kulturen und Sorten

Trockenresistente Kulturen wie Sorghum spielen in der Züchtungsforschung hierzulande eine zunehmend bedeutendere Rolle.
Bild: Arnulf Hettrich/imageBROKER/Getty Images Plus via Getty Images

Das JKI untersucht im Projekt SORGHUM das Potenzial von Sorghum bicolor als trockenresistente C4-Pflanze in Deutschland, indem es genetische Grundlagen für Kältetoleranz und frühe Reife erforscht und entsprechende molekulare Züchtungswerkzeuge entwickelt. Im Züchtungsprojekt SorBOOM wird modernste Genomik, Modellierung und Gen-Editing genutzt, um Kornsorghum als alternative Kultur in Deutschland mit verbesserter Stresstoleranz, angepasster Saatgutqualität und positiven Effekten auf die Biodiversität zu züchten. 

Im Projekt MINOR+ entwickelt das JKI überdies ein modellbasiertes Entscheidungsunterstützungssystem, um das Anbaupotenzial klimaresilienter Kulturen wie Lupine, Kichererbse, Soja und Buchweizen in Deutschland zu erschließen. Außerdem soll dadurch ihr Beitrag zu vielfältigen, dem Klimawandel angepassten Fruchtfolgen gefördert werden. 

Resilientere Obstsorten durch spätere Blüte

Im Projekt BlühASS erarbeitet das JKI molekulare Marker für Apfel- und Kirschsorten mit verspätetem Blühbeginn. Diese Eigenschaft reduziert das Risiko von Spätfrostschäden und ermöglicht es, klimaresiliente Genotypen schneller in die Praxis zu bringen.

Innovationen für ein nachhaltiges Wassermanagement

Steigende Trockenheit und häufigere Dürreperioden machen neue Strategien im Umgang mit Wasser unverzichtbar. Im Thünen-Verbundprojekt LAWAMAD werden zukünftige Bewässerungsbedarfe modelliert und regionale Speicher- sowie Nutzungskonzepte untersucht. 

Die Forschung arbeitet an Möglichkeiten, wie die Bewässerung nachhaltiger und wassersparender werden kann.
Bild: Jevtic/iStock/Getty Images Plus via Getty Images

Einen KI-gestützten Ansatz verfolgt das Projekt KIBrain der Ostfalia Hochschule: Hier entsteht eine Plattform, die Sensordaten, Wettermodelle und Drohnenaufnahmen verknüpft, damit Landwirtinnen und Landwirte ihre Felder künftig noch gezielter und wassersparender bewässern können. 

Das Programm zur Innovationsförderung hat dem Themenkomplex Wasser eine ganze Fördermaßnahme gewidmet, in der künftig zu folgenden Schwerpunkten Projekte gefördert werden: 

Steigender Verbrauch und Notwendigkeit für einen sparsamen und bedarfsgerechten Einsatz, Erhalt des Wasserhaushalts und Wiederverwendung von Wasser.

Regionale Lösungsansätze mit EIP-Projekten

In Schleswig-Holstein erprobt das Projekt Flugsaat den Einsatz von Agrardrohnen zur präzisen und ressourcenschonenden Aussaat von Zwischenfrüchten und Untersaaten, um durch flexiblere Zeitfenster bessere Wachstumsbedingungen und eine klimaangepasste Landwirtschaft zu ermöglichen. 

Ein weiteres Beispiel ist WassKli aus Niedersachsen: Hier werden neue Wasserspeicher und betriebliche Strategien entwickelt, um die Landwirtschaft gegen zunehmende Trockenperioden zu wappnen.

Ausblick: Was die Praxis von der Forschung erwarten kann

Die vorgestellten Projekte zeigen, dass Klimaschutz und Klimaanpassung in der Landwirtschaft längst keine abstrakten Zukunftsfragen mehr sind, sondern konkrete Handlungsfelder mit direktem Praxisbezug. Schon in den kommenden Jahren dürften sich aus den vorgestellten Forschungsvorhaben wichtige Erkenntnisse und Werkzeuge für die Betriebe ergeben:

  • Neue Kulturen und Sorten erweitern die Spielräume in der Fruchtfolge und bieten Alternativen bei zunehmender Hitze und Trockenheit.
  • Technische Innovationen wie emissionsarme Stalltechnik, ein innovatives Batteriewechsel- und effizientes
    Energiemanagementsystem für elektrisch betriebener Kleintraktoren, ein vollelektrischer Pflegetraktor oder Agri-Photovoltaik können Kosten sparen und gleichzeitig Emissionen reduzieren.
  • Digitale Systeme und KI-gestützte Lösungen ermöglichen es, Ressourcen wie Wasser und Dünger zielgenauer einzusetzen – ein Vorteil für Umwelt und Wirtschaftlichkeit.
  • Agroforst und andere Bewirtschaftungssysteme eröffnen neue Chancen für Kohlenstoffbindung, Biodiversität und Landschaftsanpassung.
  • Sozio-ökonomische Projekte wie KlimaLabel oder CarbonLeak liefern wichtige Grundlagen für Politik und Vermarktung, um Klimaschutz auch ökonomisch tragfähig zu gestalten.

Damit wird klar: Die Forschung schafft nicht nur theoretisches Wissen, sondern liefert konkrete Werkzeuge und Entscheidungsgrundlagen, die der landwirtschaftlichen Praxis helfen können, die Betriebe klimafreundlicher und gleichzeitig resilienter aufzustellen.
 

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Letzte Aktualisierung 07.11.2025


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