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Wie man Stallbauten systematisch plant Bauen und Technik

Wer Stallbauten planmäßig und konsequent angeht, vermeidet Fehler und spart Zeit und Kosten. Wie das funktionieren kann, wurde im Rahmen des EIP-Projektes "InnoBau" erarbeitet.

Höllnhof in Bönebüttel: Kuhstall vor dem Einzug der Kühe. Quelle: Sonja Donicht

Irgendwann wird jedem, der seinen Tierhaltungsbetrieb auf die Zukunft ausrichten möchte, ein Stallbauvorhaben ins Haus stehen. Besser wirtschaften, effizienter arbeiten, mehr Tierwohl und Tierkomfort schaffen – die Ziele des Neu- oder Umbaus sind meist schnell umrissen und in vielen Fällen existiert auch schon ein grobes Konzept. Doch wie sollten bauwillige Landwirtinnen und Landwirte im optimalen Fall vorgehen? Welche Punkte muss sie oder er abarbeiten, um Fehler zu vermeiden und keinen für den Bau relevanten Aspekt zu vergessen? Fest steht, wer systematisch plant, vermeidet Fehler und spart Zeit und Kosten.

EIP-Projekt "InnoBau – Nachhaltige Innovationen im landwirtschaftlichen Bauwesen"

Genau darum geht es beim Projekt "InnoBau – Nachhaltige Innovationen im landwirtschaftlichen Bauwesen", das im Rahmen der Europäischen Innovationspartnerschaft landwirtschaftliche Produktivität und Nachhaltigkeit (EIP Agri), ins Leben gerufen wurde.

Übersicht 1: Kriterien und Subkriterien zur Bewertung von Haltungssystemen (Donicht und Hellmuth, 2018, weiterentwickelt nach Schön et al., 1987)

Erprobt wird ein Verfahren der systematischen Vorplanung von Bauvorhaben in der Tierhaltung. Es orientiert sich an den Bewertungskriterien für Haltungssysteme (Übersicht 1), die am Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel (Prof. Dr. Urban Hellmuth) entwickelt wurden. Das Verfahren soll im Rahmen des EIP-Projektes InnoBau in die Praxis eingeführt und weiterentwickelt werden, um später als Handbuch allen bauwilligen Landwirten zur Verfügung zu stehen. Mit Hilfe des Handbuchs sollen innovative Bauideen aus der Praxis bereits während der Planungsphase auf ihre ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit bewertet werden können. Das Handbuch finden Sie auf der Projektseite.


EIP-Agri für Einsteiger

Der Film erklärt kurz und verständlich, wie EIP-Agri funktioniert und wie man ein landwirtschaftliches Innovationsprojekt beantragt und durchführt. Quelle: DVS


An der Innovation arbeiten alle gemeinsam

Die Arbeit am Projekt InnoBau erfolgt in einer so genannten Operationellen Gruppe - Landwirte, Berater, Wissenschaftler, Stallbaufirmen und Architekten bringen das Projekt gemeinsam voran. So hat jeder der Akteure die Möglichkeit, sich mit der Materie des Bauplanens auseinanderzusetzen. Darüber hinaus wird er für die Probleme der anderen Parteien sensibilisiert und er kann sein Wissen in die Gruppe mit einbringen. Von dieser Vernetzung und diesem Wissenstransfer profitieren letztendlich alle.

Das Ergebnis: Handbuch zur systematischen Bauplanung

Bei den Treffen der Operationellen Gruppe InnoBau kristallisierte sich heraus, dass zu einer systematischen Planung zehn grundsätzliche Schritte gehören, die sich drei Phasen zuordnen lassen: In Phase 1 geht es darum, Planungsgrundlagen zu schaffen, in Phase 2 wird der Bedarf ermittelt und die Entwicklung des Betriebs gestaltet, Phase 3 beinhaltet die nachhaltige und kritische Prüfung des Bauvorhabens.

Die zehn hier aufgeführten Schritte sollen nun in einem Handbuch zusammengefasst werden und nach Ende der Projektlaufzeit (Februar 2019) allen Landwirten verfügbar sein. Wer möchte, kann sich diese Anleitung zur systematischen Bauplanung dann unter der Adresse www.eip-agrar-sh.de aus dem Internet herunterladen. ¹

Übersicht 1: Kriterien und Subkriterien zur Bewertung von Haltungssystemen (Donicht und Hellmuth, 2018, weiterentwickelt nach Schön et al., 1987)
  1. Schritt: Status Quo notieren

    Am Anfang eines jeden Bauvorhabens sollte die schriftliche Analyse des aktuellen Zustandes auf dem Betrieb stehen. Zwar kennt jeder Landwirt grundsätzlich seinen Betrieb. Doch wer seine Eckdaten einmal aufgeschrieben hat, erhält einen anderen Blick darauf und hat gleichzeitig alle notwendigen Planungsdaten beisammen. Auch das Ziel der Baumaßnahmen sollte jetzt schriftlich festgehalten werden sowie die Frage, wo der Betrieb in fünf, zehn oder zwanzig Jahren stehen soll.
  2. Schritt: Betriebsdaten zusammenstellen

    In einem zweiten Schritt stellt der Landwirt die Daten und Fakten seines Betriebes tabellarisch zusammen (Hektar, Zahl der Tiere, Mitarbeiter etc.).
  3. Schritt: Bauvorhaben skizzieren

    Damit sich alle am Bau Beteiligten bereits in der Planungsphase ein Bild vom neuen Stall machen können, sollte der gewünschte Neubau auch als Zeichnung aufs Papier gebracht werden. Es ist sinnvoll, bereits an dieser Stelle alle Eckpunkte, Ziele und Wünsche mit einzuarbeiten (beispielsweise in Bezug auf die Grundflächen für die Tiere).
  4. Schritt: Standort prüfen – ist ein Bau überhaupt möglich?

    Ist ein Bau überhaupt möglich? Im vierten Schritt einer systematischen Bauplanung geht es um grundlegende Fragen, denn diese können den Erfolg des Bauvorhabens positiv oder negativ beeinflussen. Jetzt werden beispielsweise Immissionsschutzgutachten eingeholt, Bodenuntersuchungen veranlasst oder auch das Stimmungsbild in der Nachbarschaft abgeklopft. Das hilft einzuschätzen, ob der geplante Standort auch funktioniert.
  5. Schritt: Zusammenarbeit mit dem Architekten startet

    Wenn das Bauvorhaben richtig Form annimmt, beginnt auch die Zusammenarbeit mit dem Architekten. Nun werden die Aufgaben des Architekten festgelegt – ein Abschnitt im Planungsverfahren, der auf keinen Fall vernachlässigt werden sollte.
  6. Schritt: Phase der intensiven Prüfung

    Manchmal müssen für ein Bauvorhaben weitere Unterlagen erbracht werden. Dazu zählen spezielle Gutachten wie Bombengutachten oder archäologische Gutachten. Wer diese Gutachten jetzt einholt, vermeidet Verzögerungen während der Bauphase.
  7. Schritt: Funktionsbereiche ermitteln – Bauelemente wählen

    Jetzt geht es ins Detail. Das Bauvorhaben soll in allen Einzelheiten dargestellt werden, denn jeder einzelne Aspekt ist für die spätere Bauzeichnung sehr wichtig. Um diesen Schritt für die Landwirte zu vereinfachen und sicherzustellen, dass nichts vergessen wird, entwickelte das Projektteam „InnoBau“ einen großen Katalog, in dem die Bauelemente der verschiedensten Bereiche eines landwirtschaftlichen Betriebs akribisch aufgelistet sind (zum Beispiel Liegebereich, Fressbereich, Büro, Sozialräume etc.).
  8. Schritt: Unterlagen sammeln – Bauzeichnung erstellen

    Hat der Landwirt alle Unterlagen beisammen, ist es jetzt an der Zeit, sich mit dem Architekten intensiver zusammenzusetzen, damit dieser aus allen Wünschen, Zielen und den geplanten Bauelementen eine erste Bauzeichnung sowie einen Lageplan erstellen kann. Nun entsteht das Bild vom neuen Stall und es wird ersichtlich, wie sich der Neubau in den Betrieb einfügen wird.
  9. Schritt: Bauvorhaben und zukünftige Betriebssituation intensiv prüfen

    Für die nachhaltige und intensive Prüfung des Bauvorhabens benötigt der Landwirt die Detailzeichnung des Architekten, die während einer früheren Planungsphase angefertigt wurden. Auch die Status-Quo-Analyse und die Betriebszahlen werden jetzt wieder in die Hand genommen. Schließlich muss überprüft werden, ob der aktuelle Bauplan mit den vorhandenen Ressourcen überhaupt umsetzbar ist. Es gilt beispielsweise abzuchecken, ob die Maße und die Zuwegungen passen oder ob nachgebessert werden muss. Im Handbuch findet sich hierzu ein Katalog mit Fragen, der dem Landwirt bei der Überprüfung hilft.
  10. Schritt: Nichts vergessen?

    Checkliste abarbeiten! Den Abschluss des Handbuches bildet eine Checkliste, in der alle Punkte, die vor einem Bauvorhaben bedacht werden müssen, noch einmal abgehakt werden. Dann ist der Weg zur Baugenehmigung frei.

Erfolgsgeschichten

Auf dem Höllnhof in Bönebüttel laufen die Kälber drei Wochen bei den Müttern in der Herde. Quelle: Sonja Donicht

Einige Beispiele aus der operativen Gruppe des InnoBau-Projektes zeigen, wie gut systematische Bauplanung funktionieren kann: So wurde auf dem Höllnhof der Familie Kock-Rohwer in Bönebüttel (bei Neumünster) vor kurzem ein Tierwohlstall in Betrieb genommen, der in Kooperation mit dem EIP-Projekt InnoBau errichtet wurde. In dem neuen Stall können die Kühe zwischen einem Tretmist-Liegebereich und Liegeboxen frei wählen. Darüber hinaus betreibt der Höllnhof eine muttergebundene Kälberaufzucht: In den ersten drei Wochen ihres Lebens laufen die Kälber mit ihren Müttern mit.

In Tetenbüll auf Eiderstedt entsteht ein Stall für Milchschafe und eine Heutrocknung mit Heukran. Quelle: Sonja Donicht

Ein anderes Beispiel ist die Friesische Schafskäserei der Familie Volquardsen in Tetenbüll auf der Halbinsel Eiderstedt. Die Familie baute für ihre rund 140 Milchschafe einen großzügigen Stall, der den Schafen auch dann Auslauf gestattet, wenn die Wiesen zu nass sind, wie zum Beispiel im Winter. Weil eine gute und gleichbleibende Milchqualität für die eigene Käserei und Direktvermarktung wichtig ist, hat die Familie in ihren Stall zusätzlich eine Heutrocknung eingebaut.

Auf dem Kattendorfer Hof in Neverstaven werden Futtertisch und Liegebereich für die Tiere überdacht, die Laufgänge bleiben frei. Quelle: Sonja Donicht

Beispiel Nummer drei ist der Kattendorfer Hof in Neverstaven (Kreis Stormann). Der Betrieb, der eine solidarische Landwirtschaft betreibt, baut in Neverstaven (Kreis Stormann) eine komplett neue Hofstelle auf. Im neuen Stallgebäude sollen Mastrinder und Schweine gemeinsam untergebracht werden. Viel Platz, Licht und Luft für die Tiere sind – wie auch bei den vorhergehenden Beispielen – auch bei diesem Bauvorhaben kennzeichnend.

Das Projekt InnoBau startete im September 2015 und wird vom Innovationsbüro EIP-Agrar der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein in Rendsburg koordiniert. Bearbeitet wird es vom Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel.

Quellennachweis:

1) Innovationsbüro EIP Agrar Schleswig-Holstein, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, Grüner Kamp 15-17, 24768 Rendsburg, Tel:  +49 4331 9453-114 /-105, Fax: +49 4331 9453-109, E-Mail: eip-agrar(ät)lksh(punkt)de