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Praktikable und innovative Ansätze aus der Praxis für die Praxis – darum geht’s bei der Online-Seminarreihe „Praxis-Talks“ im Rahmen des Netzwerks Leitbetriebe Pflanzenbau. Je Seminar stellen zwei Betriebe des Netzwerks individuelle Lösungsansätze zu verschiedenen themenbezogenen Handlungsfeldern der Ackerbaustrategie 2035 vor. Ein neutraler Experte ordnet diese Maßnahmen fachlich ein. Dadurch wollen wir innovative Ansätze im Ackerbau praxisnah sichtbar machen und so zur Umsetzung auf dem eigenen Betrieb motivieren.
Angesprochen sind alle interessierten Praktikerinnen und Praktiker aus dem Netzwerk Leitbetriebe Pflanzenbau – und darüber hinaus – sowie Multiplikatoren mit besonderem Interesse am innovativen und nachhaltigen Pflanzenbau.
Wir freuen uns über Ihr Interesse, Ihre Teilnahme und die „Weitergabe“ in Ihren Netzwerken.
STRATEGIEN IN TROCKENEN ZEITEN: WASSERMANAGEMENT IM ACKERBAU MIT BLICK AUF DEN BODEN
Der dritte Praxis-Talk 2025 setzte sich mit den Möglichkeiten des Wassermanagements in der Landwirtschaft auseinander. Dr. Pia Euteneuer von der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU) brachte ihre wissenschaftliche Expertise ein und gab aus dieser Perspektive weitere Impulse.
Euteneuer legte den Fokus auf das Bodenleben und unterstricht die zentrale Rolle der Regenwürmer. Diese tragen maßgeblich zur Wasserspeicherfähigkeit des Bodens bei und sollten aktiv durch eine vielfältige Fruchtfolge, Zwischenfruchtanbau und reduzierte Bodenbearbeitung gefördert werden.
Phillip Harleß bewirtschaftet einen konventionellen Ackerbau- und Schweinemastbetrieb. Mit dem Anbau von Zwischenfrüchten versucht er, die Wasserspeicherfähigkeit und Struktur des Bodens zu verbessern. Erste Agroforstsysteme sollen außerdem helfen, Erosion zu minimieren. Zudem wird auf dem Betrieb mit reduzierter Bodenbearbeitung und Strip Till gearbeitet. „Als größte Herausforderung in diesem Zusammenhang empfinde ich die Unberechenbarkeit der zukünftigen Wetterextreme.“
Christian Voß führt einen Ackerbaubetrieb mit Saatgutvermehrung. Christian Voß stellte vor, wie er mit Kulturpflanzenwahl, Zwischenfruchtanbau und angepasster wendender und konservierender Bodenbearbeitung auf die Herausforderung Trockenheit eingeht. Dabei profitiert er von einem gesicherten Absatz durch Vertragsanbau. „Berufskollegen und Berufskolleginnen empfehle ich, vorab aktiv zu sein, um nicht nur auf Wetterextreme reagieren zu müssen.“
Um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen, erproben beide Betriebe unterschiedliche Ansätze und Methoden und tauschen sich darüber gerne mit anderen Interessierten aus. Euteneuer ermutigte Landwirtinnen und Landwirte diesem Beispiel zu folgen und eigenständig Versuche zur Verbesserung des Wassermanagements auf ihren Betrieben durchzuführen: „Es ist wichtig, mutig zu sein und etwas Neues auszuprobieren – das muss ja nicht gleich auf dem ganzen Betrieb sein“.
TREIBHAUSGASBILANZIERUNG IN DER LANDWIRTSCHAFT: CHANCEN, HERAUSFORDERUNGEN UND NUTZEN FÜR DIE BETRIEBE
Im zweiten Praxis-Talk dieses Jahres ging es um die Treibhausgasbilanzierung in der Landwirtschaft. Dr. Annette Freibauer, Vizepräsidentin Wissen an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft ordnete den Stellenwert der Treibhausgasbilanzierung aus dem Blickwinkel der Wissenschaft und mit Perspektive auf Markt und Politik ein.
Dabei unterstrich Freibauer die Bedeutung von Treibhausgasbilanzen für die Weiterentwicklung von Betrieben. „Treibhausgasbilanzierungen sind ein wichtiges Thema, mit dem ich mich als Betrieb auseinandersetzen muss. Weniger seitens der Politik als seitens der Verarbeiter könnte es für manche Betriebe bald verpflichtend werden“, so ihre Einschätzung. Dabei betonte sie, dass eine fundierte Beratung für die Betriebe wichtig sei und dass diese vielerorts noch gestärkt werden könne.
Klaus Albersmeier bewirtschaftet einen konventionellen Ackerbau- und Schweinemastbetrieb in Nordrhein-Westfalen. Im Ackerbau setzt er neben einer weiten Fruchtfolge auf Zwischenfrüchte, Untersaaten und Agroforstsysteme, um seinen Betrieb zukunftsfähig aufzustellen. Sein Fazit: „Nachhaltigkeit heißt für mich mehr als CO2 zu reduzieren. Insgesamt möchte ich mit meinem Betrieb einen Beitrag leisten für positive Weiterentwicklungen in der Landwirtschaft, hier gehört auch Tierwohl dazu.“
Jens Cordes führt einen biologisch-dynamischen Betrieb in Niedersachsen mit den Schwerpunkten Fleischrinderhaltung, Futterbau und Landschaftspflege. Mithilfe des „Farm Carbon Calculators“ erstellte er eine eigene Klimabilanz. „Es ist wichtig, mit offenen Augen durch den Betrieb zu gehen. Treibhausgasbilanzen zeigen Handlungsbedarf auf und unterstützen bei Entscheidungen – auch wenn die Zahlen nicht immer hundertprozentig exakt sind.“
Beide Betriebsleiter haben das Bestreben, ihren Betrieb kontinuierlich in Richtung Nachhaltigkeit weiterzuentwickeln. Treibhausgasbilanzen bieten Orientierung, sind allein jedoch nicht aussagekräftig. Dem schloss sich die Wissenschaftlerin Freibauer an und betonte, dass die Landwirtschaft nicht vollständig klimaneutral sein müsse aber einen stabilen und gut begründbaren Wert anstreben sollte.
WENN LANDWIRTINNEN UND LANDWIRTE TÜFTELN: MIT PRAXISFORSCHUNG DIE INNOVATIONSKRAFT AUF DEM ACKER SPRIESSEN LASSEN
Im ersten Praxis-Talk 2025 berichteten die Betriebsleiter Johannes Müller und Franz Lammer aus dem Netzwerk Leitbetriebe Pflanzenbau von ihren Erfahrungen mit Praxisversuchen. Professor Ralf Bloch von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde HNEE ging auf das Konzept Praxisforschung aus wissenschaftlicher Sicht ein und betonte die hohe Relevanz. Der Professor für Agrarökologie und nachhaltige Anbausysteme gab einen Einblick in verschiedene Praxisforschungsprojekte und betonte, wie wichtig Versuche unter Praxisbedingungen sind. Denn sie ergänzen Exaktversuche und berücksichtigen beispielsweise Standortbedingungen und andere betriebsindividuelle Faktoren.
Johannes Müller betreibt den Biolandhof Müller-Oelbke in Niedersachsen. Aktuell beteiligt sich der Betrieb an mehr als 20 Praxisversuchen und arbeitet dafür mit Universitäten, Landwirtschaftskammern und Firmen zusammen. Schwerpunkte sind Pflanzenschutz, Optimierung der Mechanisierung und allgemein Resilienz im Pflanzenbau.
Franz Lammer leitet den Familienbetrieb Lammer GbR in Bayern. Die Betriebsflächen mit zum Teil starker Hanglage sind für den dortigen Ackerbau eine große Herausforderung. Er führt unter anderem in Zusammenarbeit mit dem örtlichen Landwirtschaftsamt Versuche zum Zwischenfruchtanbau, zur Drohnen- sowie zur Direktsaat durch. Lammer empfiehlt anderen Landwirtinnen und Landwirten, sich zu trauen und die eigenen Ideen auch am Betrieb auszuprobieren.
Beide Landwirte machten mit ihren Ausführungen deutlich, dass Praxisversuche einen großen Mehrwert bringen können, der sich schlussendlich auch wirtschaftlich bemerkbar macht. Ohne Frage brauchen diese Versuche jedoch Zeit und müssen in Betriebsalltag und -abläufe passen.