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Humus ist ein wichtiger Bestandteil des Bodens: Er fördert die Bodenfruchtbarkeit, mindert die Erosionsanfälligkeit und speichert Wasser. Sein Gehalt im Boden sowie die Humuszusammensetzung sind damit entscheidende Größen für eine gute Ernte.
Humus hat noch eine weitere wichtige Funktion: Er speichert große Mengen an organischem Kohlenstoff und entzieht der Atmosphäre damit klimaschädliches Kohlendioxid (CO2). Langfristig stabile Humusvorräte im Boden sind daher also auch bedeutend für den Klimaschutz.
Wie viel Humus und organischer Kohlenstoff tatsächlich in deutschen Wiesen- und Ackerböden steckt, war lange Zeit nicht bekannt, denn es gab keine einheitliche deutschlandweite Erhebung dazu. Diese Wissenslücke konnte das Thünen-Institut durch die „Bodenzustandserhebung Landwirtschaft“ (siehe Infokasten) schließen. Die Daten dieser Erhebung geben erstmalig einen umfassenden Überblick über den Humusgehalt und die Vorräte an organischem Kohlenstoff unter Wiesen und Äckern – bis in eine Tiefe von einem Meter.
In der umfangreichen Erhebung erfasste das Thünen-Institut nicht nur den Status quo der Kohlenstoffvorräte. Die Wissenschaftler bewerteten auch den Einfluss verschiedener Klima-, Boden- und Nutzungsfaktoren. Außerdem entwickelten sie Modelle, um abschätzen zu können, mit welchen Veränderungen des Humusgehalts in Zukunft zu rechnen ist.
Deutschland hat sich im Rahmen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen dazu verpflichtet, über die vom Menschen verursachten Quellen und Senken von Treibhausgasen sowie die Vorräte an Kohlenstoff in Böden und Biomasse zu berichten. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) beauftragte daher das Thünen-Institut für Agrarklimaschutz mit der Planung und Durchführung der ersten Bodenzustandserhebung Landwirtschaft. So wurde eine bundesweit konsistente und vergleichbare Datenbasis über die Vorräte an organischem Kohlenstoff in den landwirtschaftlich genutzten Böden Deutschlands geschaffen. Am 5. Dezember 2018 wurde der Bericht an das Bundeslandwirtschaftsministerium übergeben.
Bodenkundler des Thünen-Instituts haben dafür zwischen 2012 bis 2018 deutschlandweit mehr als 120.000 Bodenproben genommen und analysiert. Die Bodenzustandserhebung diente in erster Linie als Grundlage für die weitere Bodenschutz- und Klimapolitik der Bundesregierung. Die Bodenzustandserhebung wird alle zehn Jahre stattfinden, um mögliche Veränderungen der Kohlenstoffvorräte und Bodeneigenschaften zu erfassen. In den Jahren 2023 bis 2027 werden die Böden also erneut untersucht.
Die Ergebnisse der Bodenzustandserhebung zeigen, dass in den oberen 90 Zentimetern landwirtschaftlicher Böden in Deutschland rund 2,4 Milliarden Tonnen Kohlenstoff gespeichert sind. Der Humus in landwirtschaftlich genutzten Böden speichert damit mehr als doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Bäume in den Wäldern Deutschlands zusammen.
Je nach Nutzungsart weisen Böden (jeweils 0-90 Zentimeter Bodentiefe) unterschiedlich hohe Vorräte an organischem Kohlenstoff auf: So fanden die Wissenschaftler in Ackerböden rund 95 Tonnen organischen Kohlenstoff pro Hektar, in Dauergrünlandböden dagegen 181 Tonnen pro Hektar. Waldböden weisen Vorräte von 100 Tonnen pro Hektar auf. Rund zwei Drittel des organischen Kohlenstoffs befinden sich im Oberboden, also in den oberen 30 Zentimetern. Dieser Teil des Bodens erhält den meisten Kohlenstoffeintrag durch Wurzel- und Erntereste sowie organische Dünger.
Unterböden liegen in einer Tiefe von 30 bis etwa 100 Zentimetern. Im Vergleich zum Oberboden haben sie aufgrund ihrer geringeren Humusgehalte ein großes Potenzial zusätzlichen organischen Kohlenstoff zu stabilisieren und zu speichern.
Moorböden oder moorähnliche Böden haben zwar nur einen Anteil von sechs Prozent an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche, sie speichern mit 507 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar aber ein Vielfaches von dem, was Mineralböden speichern können. Ihnen kommt daher als Kohlenstoffspeicher eine besondere Rolle zu.
Wie viel organischen Kohlenstoff ein Boden enthält, hängt entscheidend von den örtlichen Gegebenheiten ab. Überdurchschnittlich hohe Vorräte an Kohlenstoff im Oberboden (0 bis 30 cm) konnten die Thünen-Wissenschaftler in den moorreichen Regionen Nordwestdeutschlands sowie in den klassischen Grünlandregionen in Norddeutschland und im Voralpenland finden. Doch auch innerhalb der Mineralböden gibt es enorme Unterschiede: So enthalten die sandigen oder flachgründigen Böden Brandenburgs oder Mecklenburg-Vorpommerns mit 30 Tonnen pro Hektar sehr wenig Kohlenstoff. In grundwasserbeeinflussten Böden der reliefärmeren Altmoränenlandschaften konnten die Forscher hingegen bis zu 400 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar ermitteln.
Entscheidend für den Klimaschutz und die Bodenfruchtbarkeit ist die Veränderung des Bodenkohlenstoffgehalts über einen längeren Zeitraum. Da die Bodenzustandserhebung das erste Mal durchgeführt wurde, liegen jedoch keine Vergleichswerte aus früheren Untersuchungen vor.
Um trotzdem eine Prognose für die Zukunft zu ermöglichen, haben die Wissenschaftler verschiedene Modelle entwickelt. Diese sagen für Gesamtdeutschland einen Verlust an organischem Kohlenstoff in Höhe von jährlich 0,19 Tonnen pro Hektar für die nächsten zehn Jahre voraus. Auch hier gibt es regional starke Unterschiede. So ist die Gefahr für Humusverluste vor allem dort hoch, wo Böden nur einen geringen Eintrag an organischem Kohlenstoff durch zum Beispiel Pflanzenreste oder organische Dünger erhalten. Auch geringe Ton- und hohe Sandgehalte begünstigen den Humusverlust.
Die hohen Kohlenstoffgehalte von Moorböden machen deutlich, dass dauerhafte Wassersättigung einen enormen Einfluss auf den Kohlenstoffvorrat hat. Die Ursachen für die unterschiedlich hohen Vorräte an Kohlenstoff in Mineralböden sind dagegen sehr komplex. Die Bodenzustandserhebung zeigt, dass in verschiedenen Bodentiefen unterschiedliche Einflussgrößen relevant sind:
Besonders der Tongehalt hat deutlichen Einfluss auf den Kohlenstoffgehalt: Tonreiche Böden (> 45 Prozent Ton) haben in der Regel doppelt so viel Kohlenstoff im Oberboden gespeichert wie sehr sandige Böden (< 12 Prozent Ton). Mit fortschreitender Bodentiefe dominiert schließlich das geologische Ausgangsmaterial die Kohlenstoffverhältnisse.
Die Bodenzustandserhebung basierte auf einer Beprobung landwirtschaftlich genutzter Böden in einem deutschlandweiten Raster von acht mal acht Kilometern – das ergab insgesamt 3.104 Beprobungspunkte mit über 120.000 einzelnen Bodenproben. Die Erfassung der Bodenzustände wurde mit aktiver Unterstützung der Landwirtinnen und Landwirte durchgeführt: Sie bewirtschafteten die beprobten Flächen und stellten Informationen zur Bodennutzung sowie ihrem landwirtschaftlichen Betrieb bereit.
Die Standorte wurden nach den Vorgaben der bodenkundlichen Kartieranleitung (KA5) beprobt. Die Probenahme erfolgte einheitlich in den Tiefenstufen 0 bis 10, 10 bis 30, 30 bis 50, 50 bis 70 und 70 bis 100 Zentimeter. Bei Moorböden wurden auch tiefer liegende Torfhorizonte beprobt.
Die Bodenaufbereitung und -analysen erfolgten zentral im Labor des Thünen-Instituts. In den Bodenproben aller Standorte und Tiefenstufen wurden folgende Bodenkenngrößen gemessen: Gehalt an organischem sowie anorganischem Kohlenstoff, Gesamtstickstoff, pH-Wert, Feinbodenanteil (< 2 mm), Grobbodenanteil (≥ 2 mm), Wurzelanteil, Trockenrohdichte des Feinbodens und Bodentextur. Ein Archiv mit getrockneten Rückstellproben von allen Bodenproben wurde am Thünen-Institut eingerichtet.
Letzte Aktualisierung: 22.06.2023