Zertifizierung im Gartenbau Gartenbau

Arztpraxen sind gepflastert mit Zertifikaten. Joghurtbecher auch. Und gartenbauliche Produkte? Die müssten gefühlt längst ebenfalls eine breite Banderole mit Aufschriften tragen.

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Viele Produzenten können davon ein Liedchen singen, insbesondere dann, wenn sie die großen Handelsketten beliefern. "Was denn nun schon wieder?", mag sich manch einer denken, wenn beim Kundengespräch wieder mal das Thema Zertifizierung auf der Agenda steht.

Auf den ersten Blick verständlich, denn ob man an einem der großen Qualitätsmanagementsysteme wie GlobalG.A.P., MPS oder QS teilnehmen möchte, sich gerne mit dem Bio-Siegel oder dem Fairtrade-Siegel schmücken oder sich einem regionalen Label anschließen würde, eine Zertifizierung ist immer mit einem zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden. Doch einmal ganz davon abgesehen, dass nahezu jeder Produzent seinerseits auf Zertifikate vertraut (sei es beim RAL-gütegesicherten Substrat, beim Saatgut mit Bio-Siegel oder beim TÜV-geprüften Gabelstapler): Der Aufwand lohnt sich – vorausgesetzt, man hat richtig eingeschätzt, wo der eigene Betrieb am Markt positioniert ist.

Transparenz nach außen und innen

Eines der Hauptziele jedes Zertifizierungsverfahrens lautet Transparenz – und die wirkt nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. Wer sich dem jeweiligen Zertifizierungsprozess unterzieht, möchte vor allem das Vertrauen seiner Kundschaft gewinnen, erlangt auf dem Weg dorthin aber auch manche wertvolle Erkenntnis über den eigenen Betrieb.

Das gilt insbesondere für die großen betriebsbezogenen Qualitätsmanagementsysteme aber auch für produktbezogene wie das Bio-Siegel sowie für von Handelskonzernen oder Branchenverbänden vergebene Labels wie Pro Planet (Rewe-Group), Ich bin von hier! (Vereinigung Deutscher Blumengroßmärkte) oder Kompetenz in Stauden (Bund deutscher Staudengärtner).

So wenig wie möglich, so viel wie nötig

Welche Zertifikate oder Labels sind für den Betrieb geradezu lebensnotwendig, welche stellen eine interessante Option dar und welche sind als überflüssig oder gar kontraproduktiv einzustufen? Bei diesen Fragen hilft zunächst ein kritischer Blick in die Bücher. Ein Unternehmen, dessen Gewinn maßgeblich von der Belieferung großer Handelsketten abhängt, wird sich dem Ruf nach bestimmten Zertifikaten kaum verschließen können. Ebenso wenig kann eine Baumschule, die auch in Zukunft noch an Ausschreibungen der öffentlichen Hand teilnehmen möchte, auf die Mitgliedschaft in der "Zertifizierungsgemeinschaft gebietseigener Gehölze" verzichten.

Wer vom Trend zu regional erzeugten Produkten profitieren möchte, wird dies hingegen kaum in absolute Zahlen fassen können. Gefragt sind hier vielmehr Menschenkenntnis bei der eigenen Kundschaft und genaue Überlegungen, welchem der zahlreichen regionalen Labels man sich anschließen möchte – beispielsweise einem, das die "Region" oder die Verweildauer der Produkte in der Region nicht genauer festschreibt, oder lieber einem, das hier präzise Vorgaben macht.

Beratung und Erfahrungsaustausch

Generell ist bei der Lagesondierung vor der Zertifikatswahl, aber auch bei einem bereits bestens funktionierenden Qualitätsmanagement eine Einschätzung von außen oft ausgesprochen hilfreich. Wertvolle Unterstützung finden Betriebsinhaber beispielsweise bei den Fachberatern der Landwirtschaftskammern, den beruflichen Fachverbänden sowie bei Erfa-Gruppen.

Solche Erfahrungsaustauschgruppen bringen Unternehmer der gleichen Fachrichtung zusammen, die örtlich nicht direkt miteinander konkurrieren und daher verhältnismäßig offen miteinander sprechen können. Erfa-Gruppen werden häufig von Beratungseinrichtungen koordiniert und treffen sich in der Regel mindestens einmal jährlich, um sich über Erfolge, Probleme und unternehmerische Strategien auszutauschen. Kosten und Aufwand sind gering, der Gewinn für alle Teilnehmenden aber umso größer.

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