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Kunststofffolien im Gartenbau Gartenbau

Bei der Erzeugung von Gemüse – allen voran Spargel – und Erdbeeren ist ein Anbau ohne Kunststofffolie heute kaum noch vorstellbar. Folien haben zahlreiche Vorteile, sind aber auch problematisch für die Umwelt.

Folien sind im Spargelanbau heute der Standard.
Bild: RuudMorijn/iStock/GettyImages Plus via GettyImages

Kunststofffolien erfüllen im Gartenbau verschiedene Zwecke. Schwarze Mulchfolien zum Beispiel mindern den Unkrautwuchs und die Erosion auf dem Acker und schützen das Erntegut vor übermäßiger Verschmutzung. Außerdem erwärmt sich der Boden unter der Folie schneller, sodass früher mit dem Anbau begonnen werden kann. Ebenso geeignet für das Verfrühen sind durchsichtige Thermo- oder Lochfolien. Sie werden meist bis zum Abklingen der ersten Fröste direkt auf die Pflanzen gelegt oder in Form von mobilen, teils begehbaren Tunneln über dem Bestand aufgestellt.

Weiße Folien strahlen im Gegensatz zu schwarzen die Sonnenwärme ab und verringern damit die Temperatur im Bestand. Dies wird gezielt genutzt, um das Pflanzenwachstum zu bremsen und die Erntezeit zu verlängern. Im Spargelbau verwendet man sogenannte Wendefolien – mit einer schwarzen und einer weißen Seite – um das Wachstum der Spargelstangen zu steuern.

Nicht zuletzt wirken alle Formen von Folien als mechanische Barrieren und schützen damit die Pflanzen vor Schadinsekten. Auch übermäßige Nässe und daraus resultierender Pilzbefall werden vermindert. Speziell im Spargelanbau haben die lichtundurchlässigen Folien überdies die Funktion, die Spargelstangen auch bei nur einem Erntegang pro Tag zuverlässig vor Sonne abzuschirmen. Auf diese Weise wird verhindert, dass sich die Spitzen verfärben.

Auf wie viel Fläche und bei welchen Kulturen werden Folien eingesetzt?

Bei Erdbeeren findet man heute immer häufiger eine Mehrfachabdeckung in Form von Mulchfolie und Folientunnel.
Bild: Countrypixel/AdobeStock

Das Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) und das Institut für Ökologie und Politik (Ökopol) haben in der 2021 veröffentlichten Studie „Kunststoffe in der Umwelt: Emissionen in landwirtschaftlich genutzte Böden“ kalkuliert, auf wie viel Fläche in Deutschland Folien im Gartenbau eingesetzt werden. Die Folien-, Gewebe- und Netzfläche von Gemüse, Strauchbeeren, Kern- und Steinobst sowie den Sonderkulturen Spargel und Erdbeeren beträgt zusammen knapp 100.000 Hektar. Das entspricht rund 50 Prozent der Anbaufläche dieser Kulturen.

Auffallend hoch ist laut Studie die Flächenbelegung mit Folie bei Spargel und Erdbeeren. Hier findet der Anbau nahezu vollständig unter Einsatz von Folien statt. Teilweise wird in dieser Anbausparte sogar mit Mehrfachabdeckung gearbeitet. Das heißt, es werden Mulchfolien mit Folientunneln oder Vliesen kombiniert.

Bei Strauchbeeren und Gemüse (vor allem Gurke, Kürbis, Zucchini, Zuckermais, Rhabarber und Salat) ist der Grad der Flächenbelegung laut Fraunhofer/Ökopol dagegen noch deutlich niedriger. Die Forschenden erwarten aber auch in diesem Erzeugungsbereich eine Ausweitung des Folieneinsatzes.

Wie viele Tonnen Folie werden eingesetzt?

Mulchfolien werden nicht nur bei Erdbeeren, sondern auch bei zahlreichen Gemüsekulturen verwendet, wie hier für Salat.
Bild: inMBPROJEKT_Maciej Bledowski

Die Menge an Kunststoff, die in Folien, Vliesen und Netzen im Pflanzenbau zum Einsatz kommt, liegt in Deutschland laut Fraunhofer/Ökopol bei rund 16.000 Tonnen pro Jahr und hat damit einen Anteil von elf Prozent am gesamten Kunststoffverbrauch der Landwirtschaft (siehe Tabelle).

Spargel und Erdbeeren verursachen dabei den größten Kunststoffverbrauch. Da im Spargelanbau vor allem dicke Folien (100 bis 150 µm) eingesetzt werden, ist hier die Gesamtmasse besonders hoch. Dafür ist die Lebensdauer dieser Spargelfolien mit durchschnittlich sechs bis acht Jahren allerdings auch deutlich höher als zum Beispiel die gewöhnlicher PE-Mulchfolien (25 bis 50 µm), wie sie im Erdbeer- oder Gemüseanbau zum Einsatz kommen.

Tabelle: Kunststoffverbräuche in der Landwirtschaft

Anwendung/Quelle

Verbrauchsmenge in Tonnen pro Jahr

Folien, Vliese, Netze, Garne und Beschichtungen im Futterbau

58.743

Pflanzbehälter

45.360

Bewässerungssysteme

19.500

Folien, Vliese, Netze im Pflanzenbau

16.008

Pflanzhilfen

6.185

Umhüllte Düngemittel, Formulierungshilfsstoffe

2.520

Bodenverbesserer

110

Umhüllte Pflanzenschutzmittel, Formulierungshilfsstoffe

90

Umhülltes Saatgut

87

Quelle: Kunststoffe in der Umwelt: Emissionen in landwirtschaftlich genutzten Böden, Fraunhofer Institut für Umwelt, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) und Ökopol – Institut für Ökologie und Politik GmbH, im Auftrag des Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU), 2021 

Wie kritisch sind Kunststofffolien zu bewerten?

Der überwiegende Teil der im Pflanzenbau verwendeten Folien besteht aus Polyethylen, kurz PE, das aus Erdöl hergestellt wird. Erdölbasierte Kunststoffe sind bekanntermaßen problematisch: Zum einen, weil der Rohstoff Erdöl nur begrenzt verfügbar ist, zum anderen, weil sie in Form von Mikroplastik zunehmend unsere Ökosysteme belasten.

Das ist aber noch nicht alles: Erholungssuchende monieren, dass die Folien auf den Äckern das Landschaftsbild beeinträchtigen. Und Umweltschützerinnen und -schützer beanstanden, die folienbedeckten Flächen stünden Vögeln, Insekten und anderen Tieren nicht mehr als Lebensraum zur Verfügung.

Dadurch gerät der Gartenbau zunehmend unter öffentlichen Druck. Konkret stellen sich für die Branche zwei Fragen:

  1. Ist der Folieneinsatz in allen Bereichen des Gartenbaus unvermeidlich oder lassen sich die Verbrauchsmengen reduzieren?
  2. Wie kann man den Folieneinsatz umweltverträglicher und ressourcenschonender gestalten?
Infografik Kunststoff-Emissionen in der Landwirtschaft

Wie viel Kunststoff gelangt in landwirtschaftlich genutzte Böden?

Jährlich werden schätzungsweise rund 19.056 Tonnen Kunststoff in landwirtschaftliche Böden eingetragen. Die Kunststoffeinträge sind dabei je nach Anwendungsgebiet und Kulturtyp unterschiedlich hoch. Doch woher stammt der Kunststoff?

Zur Kunststoff-Infografik

Welche Vorteile bietet der Einsatz von Folien?

Ohne Folienabdeckung würden die Betriebe weniger Spargel ernten. Diesen wäre außerdem von geringerer Qualität.
Bild: Stefan Merkle/AdobeStock

Wie bereits erwähnt, ist in einigen Bereichen wie dem Spargel- oder Erdbeeranbau ein Anbau ohne Folien heute kaum noch vorstellbar. Das hat zahlreiche, sowohl ökonomische wie ökologische Gründe.

Zum einem kann unter Folie nicht nur mehr, sondern auch qualitativ höherwertiges und besser haltbares Obst und Gemüse erzeugt werden. Zum anderen lässt sich durch den Folieneinsatz der Angebotszeitraum zahlreicher Kulturen bedeutend verlängern. So ist es zum Beispiel möglich, den ersten deutschen Spargel schon ab Ende März zu ernten, erste deutsche Erdbeeren sind durch Folien bereits ab April verfügbar.

Über den Folieneinsatz lassen sich zudem die Kosten erheblich senken. Bei Spargel laut Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer e.V. (VSSE) um etwa 40 Prozent. Damit können die Erzeugerinnen und Erzeuger nicht nur dem Wunsch der Verbraucherinnen und Verbraucher nach möglichst frühen, sondern auch nach möglichst günstigen Produkten nachkommen.

Der hiesige Anbau unter Folie hat nachgewiesenermaßen auch ökologische Vorteile. So sinkt zum Beispiel der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln: Denn Unkraut kann unter den Folien nicht wachsen und auch vor Pilzsporen im Boden werden die Pflanzen und ihre Früchte durch die Folien geschützt. In Folientunneln können statt Pflanzenschutzmitteln Nützlinge zur Regulierung von Schadinsekten und -milben eingesetzt werden. Ein weiterer Pluspunkt: Auf folienbedeckten Flächen kommt es weniger zu Erosion. Außerdem sinkt der Wasserbedarf, weil es unter den Folien gleichmäßig feucht bleibt.

Ohne den Folieneinsatz hierzulande müssten Verbraucherinnen und Verbraucher für früheren Erdbeer- und Spargelgenuss verstärkt auf Importware zurückgreifen. Ökologisch gesehen ein Nachteil, denn die langen Transportwege wirken sich klima- und umweltschädlich aus. Außerdem werden auch in anderen Erzeugerländern Folien eingesetzt.

Der Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE) bietet Gartenbaubetrieben Flyer, Plakate und Argumentationshilfen, um ihre Kundschaft umfassend über die zahlreichen Vorteile des Folieneinsatzes – auch ökologische – zu informieren.

Mehr Infos finden Sie auf der Internetseite des VSSE

Wie wird sich zukünftig der Einsatz von Folien entwickeln?

Mit einer Reduzierung des Folieneinsatzes wird künftig kaum zu rechnen sein. Die Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau (LWG) geht aufgrund der steigenden Qualitätsanforderungen des Handels (Freiheit von Pflanzenschutzmitteln, bessere Haltbarkeit) eher davon aus, dass sich der geschützte Anbau unter Folie weiter ausweiten wird. Auch die immer strenger werdenden Regelungen zum Pestizideinsatz und die zunehmende Trockenheit werden hier eine immer größere Rolle spielen.

Was können folienverwendende Betriebe tun, um das Landschaftsbild zu verbessern?

Empfehlungen der LWG Bayern

  • Blühstreifen und Hecken rund um die folienbedeckten Flächen einrichten
  • Vorgewende und Laufgänge begrünen
  • Folien während der Zeit des Nicht-Gebrauchs
    • vom Feld abtransportieren und am Hof lagern oder
    • auf dem Feld ordentlich stapeln und mit grüner Folie abdecken, ggf. drum herum noch ein paar Sonnenblumen einsäen (zum Selberpflücken)
  • Verbraucherinnen und Verbraucher über das Recycling der Folien aufklären, z.B. über Hoffeste oder Feldschilder

Welche umweltverträglichen und ressourcenschonenden Alternativen gibt es?

Gartenbau und Landwirtschaft setzen aktuell viele Hebel in Gang, um den Folieneinsatz umweltverträglicher und ressourcenschonender zu gestalten. Ein wichtiger Ansatz ist das umfassende Recycling von gebrauchten Folien. Hier gibt es mit der Initiative ERDE inzwischen ein bundesweit erfolgreich agierendes System. Ein weiterer Ansatz ist die Verwendung von biologisch abbaubaren Kunststofffolien, die jedoch nur in wenigen Anwendungsbereichen die bessere Alternative sind. Weitere Informationen dazu finden Sie in den beiden Beiträgen:

Rücknahme und Recycling von Agrarfolien Kunststofffolien im Gartenbau

Die Initiative ERDE hat ein Sammel- und Recyclingsystem entwickelt, über das Stretch- und Silofolien sowie Spargel- und Mulchfolien stofflich wiederverwertet werden können. Erfahren Sie wie das System funktioniert und was bei Folienrecycling zu beachten ist.

Sind biologisch abbaubare Folien eine gute Alternative? Kunststofffolien im Gartenbau

Biologisch abbaubare Folien werden als Alternative zu herkömmlichen Kunststofffolien gehandelt. Sie sind jedoch nur in wenigen Anwendungsbereichen die bessere Alternative.

Letzte Aktualisierung 01.03.2023

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