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Auf den Einsatz von Folien kann in Gartenbau und Landwirtschaft so gut wie nicht mehr verzichtet werden. Sie bringen den Erzeugerinnen und Erzeugern zahlreiche Vorteile – nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch. Denn durch Agrarfolien können beispielsweise der Pflanzenschutzmittelaufwand, die Erosion und der Wasserverbrauch gemindert werden.
Der negative Effekt von Agrarfolien ist jedoch: es fallen jährlich große Mengen an Plastikmüll an, die zum Teil als Mikroplastik Böden und Gewässer belasten. Rund 16.000 Tonnen an Kunststoff werden jährlich für Folien, Vliese und Netze allein im Pflanzenbau verbraucht. Das geht aus einer 2021 veröffentlichten Studie des Fraunhofer Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) und des Instituts für Ökologie und Politik (Ökopol) hervor.
Gartenbau und Landwirtschaft setzen daher verschiedene Hebel in Gang, um den Folieneinsatz umweltverträglicher und ressourcenschonender zu gestalten.
Ein bedeutender Ansatz hierzulande ist die Initiative Erntekunststoffe Recycling Deutschland – kurz ERDE. Sie unterstützt Erzeugerinnen und Erzeuger dabei, gebrauchte Folien und andere Kunststoffe wie Garne, Netze und Vliese in den Wertstoffkreislauf zurückzuführen. Initiiert und realisiert wurde die freiwillige Initiative von der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e. V. in Kooperation mit der RIGK GmbH. Finanziert wird das Projekt von den Herstellern und Erstvertreibern der Kunststoffe.
Begonnen hat ERDE mit der Rücknahme und Verwertung von Stretch- und Silofolien aus dem Futterbau. Und das mit großem Erfolg: bereits 2020 konnten über ERDE mehr als die Hälfte der in Deutschland verkauften Silo- und Stretchfolien gesammelt und einer stofflichen Wiederverwendung zugeführt werden.
Der größte Anteil der in Landwirtschaft und Gartenbau eingesetzten Folien besteht aus Polyethylen (PE), ohne signifikante Zusatzstoffe. Das Material ist daher sehr gut recyclingfähig.
Bis Ende 2022 will man diesen Anteil auf 65 Prozent steigern – so hat es die Initiative in einer freiwilligen Selbstverpflichtung gegenüber dem Bundesumweltministerium festgelegt. Darin wurde außerdem vereinbart, dass nach und nach auch andere Kunststoffe aus der Landwirtschaft in das Recyclingkonzept mit einbezogen werden. Seit 2020 hat ERDE daher Spargelfolien und seit 2022 auch Mulchfolien in das Recyclingkonzept mit aufgenommen.
„Bei Spargelfolien gab es bereits vorher funktionierende Insellösungen für die Sammlung und das Recycling“, sagt Dr. Lorena Fricke, Geschäftsführerin von ERDE. „Hier bemühen wir uns nun darum, neue Wege aufzubauen, wo diese noch nicht vorhanden sind, und Mengen, die über bereits etablierte Wege gesammelt werden, entsprechend zu dokumentieren.“
Bereits ein Jahr nach dem Start konnte ERDE bei Spargelfolien deutliche Erfolge vermelden: So konnte die gesammelte Menge von 613 Tonnen im Jahr 2020 auf 1.400 im Jahr 2021 gesteigert werden. Das ist knapp ein Viertel der auf dem deutschen Markt jährlich gehandelten Spargelfolien.
Da mit der Mulchfoliensammlung erst 2022 begonnen wurde, gibt es noch nichts Konkretes zu Quoten oder Verwertungsergebnissen. „Anders als bei den Spargelfolien müssen wir hier aber ganz neue Recyclingwege etablieren“, so Fricke, „denn solche Folien wurden bislang fast ausschließlich thermisch verwertet.“
ERDE hat in den letzten Jahren ein engmaschiges Netz an Sammelstellen aufgebaut, bei denen Gartenbaubetriebe, landwirtschaftliche Betriebe sowie Lohnunternehmen gebrauchte Folien abgeben können. Eine Übersichtskarte der Sammelstellen findet man auf der Webseite von ERDE. Mulch- und Spargelfolien werden bisher in verschiedenen Fokusregionen gesammelt.
Organisiert werden die Sammlungen von Betrieben des Landhandels, von Maschinenringen, Lohnunternehmen oder Entsorgungsunternehmen. Je nach Abnahmebetrieb können die Folien ganzjährig oder an ein bis zwei Terminen pro Jahr abgegeben werden. Manche Betriebe bieten auch Abholungen an.
Die Folien müssen vorgereinigt und besenrein an den Sammelstellen abgeliefert werden. In der Praxis hat es sich bewährt, die Folien vom Feld zu ziehen, wenn die Witterung eher trocken ist, denn dann bleibt weniger Erde an den Folien hängen. Beim Aufwickeln lassen sich weitere Verschmutzungen leicht abklopfen. Die Sandtaschen der Spargelfolien müssen meist noch von Hand aufgeschlitzt werden, bevor die Folien aufgewickelt werden können. Das Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie entwickelt derzeit eine Maschine, die hier Abhilfe schaffen könnte.
„Mulchfolien sind die herausforderndste Folienfraktion unter den Agrarfolien in Bezug auf Recycling und Wiederverwertung“, sagt Fricke. „Hier kann der Verschmutzungsanteil je nach Dicke der Folie oft sogar 80 Prozent des Gesamtgewichts der gebrauchten Folie ausmachen.“
Im Projekt ERDE werden daher gerade verschiedene Techniken und Verfahren ermittelt, wie man dieses Problem lösen kann. Zum Beispiel Maschinen, die durch Vibration und Schütteln bereits beim Aufwickeln der Folie auf dem Feld einen bedeutenden Teil der Erdanhaftungen beseitigen. Aber auch Reinigungszwischenschritte beim Schreddern oder Vorwaschen vor dem eigentlichen Recyclingschritt kommen in Frage.
Die gesammelten Kunststoffe werden zu Entsorgungsbetrieben transportiert, wo die Folien teilweise nochmals vorgereinigt, nach Material sortiert und dann zu Ballen gepresst werden. Danach werden sie in Recyclingunternehmen als Rohstoffe für neue Produkte eingesetzt.
Die über ERDE gesammelten Folien werden ausschließlich innerhalb der Europäischen Union und überwiegend in Deutschland recycelt. Die Kunststoffe werden gewaschen, zerkleinert und wieder zu Granulaten eingeschmolzen. Je nach Verschmutzungsgrad, Restfeuchte, Foliendicke und dem jeweiligen Recyclingprozess schwankt die Rezyklatausbeute zwischen 40 und 90 Prozent. Die Kunststoffrezyklate werden dann zu neuen Produkten weiterverarbeitet – entweder zu neuen Agrarfolien oder zu Baufolien oder Kunststofftüten.
Die Kosten für die Folienrücknahme bestimmen die Sammelstellen selbst. „Sie variieren mit Nähe zu Entsorgern, Aufwand und Sammelfraktion“, so Fricke. „Zum Teil bietet der Landhandel sogar kostenlose oder sehr günstige Rücknahmen an, wenn dort gleichzeitig neue Folien gekauft werden.“ Die Erfahrungen im Bereich der Silo- und Stretchfolien haben gezeigt, dass Betriebe für das Recycling im Durchschnitt etwa 40 bis 50 Prozent weniger zahlen, als wenn sie die Folien einer thermischen Verwertung zuführen.
In Deutschland ist ERDE das bislang einzige System dieser Art. In Frankreich operiert seit 2002 erfolgreich das System von Adivalor. In Irland und Schweden gibt es ebenfalls seit langem funktionierende Rücknahmesysteme, und auch in Spanien und Großbritannien führt man gerade entsprechende Konzepte ein. In der Schweiz konnte die Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e. V. gemeinsam mit kunststoffe.swiss und der RIGK GmbH das System ERDE Schweiz etablieren, das seit 2021 Sammlungen durchführt.
Jährlich werden schätzungsweise rund 19.056 Tonnen Kunststoff in landwirtschaftliche Böden eingetragen. Die Kunststoffeinträge sind dabei je nach Anwendungsgebiet und Kulturtyp unterschiedlich hoch. Doch woher stammt der Kunststoff?
Letzte Aktualisierung 01.03.2023