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Eine kürzlich erschienene Studie mit dem Titel „Gesündere Böden, geringere Kosten, nachhaltige Erträge: Wie Konservierende Landwirtschaft Vorteile erntet.“ hat die Auswirkungen der Umstellung auf Conservation Agriculture (CA, zu Deutsch „konservierende Landwirtschaft“) untersucht. Dabei wurden die Effekte auf die Erträge, den Betriebsmittelverbrauch (Dünge-, Pflanzenschutzmittel (PSM) sowie Treibstoff) und die Bodenbiodiversität in den Fokus genommen. Zudem erfolgte eine ökonomische Bewertung. Die Studie wurde von der Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitung (GKB), dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Fachhochschule Weihenstephan-Triesdorf durchgeführt.
Die Ergebnisse können sich sehen lassen: Es zeigte sich ein deutliches Potenzial, den Betriebsmitteleinsatz und damit die Produktionskosten und den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und die Resilienz der Produktion zu fördern. Ein Großteil der finanziellen Einsparungen ergibt sich dabei aus der Reduktion von Überfahrten (insbesondere solche, die mit kraftstoffintensiver Bodenbearbeitung zusammenhängen) und der erhöhten Bodengesundheit. Letztere erlaubt eine Reduktion von Düngemitteln und PSM in Abhängigkeit von der Kultur. Die Studie enthält eine detaillierte Darstellung und die Diskussion der Ergebnisse.
CA ist eine spezielle Form der Landwirtschaft, die großen Wert auf einen gesunden Boden legt. Sie vereinigt die folgenden drei Prinzipien:
Das Ziel der Prinzipien ist, die Bodenfruchtbarkeit und die ökologischen Regulationsmechanismen durch die Bodenstruktur, das Nährstoff- und Schädlingsmanagement sowie die Mikroorganismen und andere Spieler zu fördern. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Gesundheit und Resilienz von Pflanzen maßgeblich durch assoziierte Mikroorganismen und dem gesamten ökologischen Gefüge beeinflusst werden. Die Direktsaat, die in der CA eine große Rolle zugesprochen bekommt, wird derzeit in Deutschland auf etwa ein bis zwei Prozent der Fläche umgesetzt.
Auch die Regenerative Landwirtschaft bedient sich dieser drei Prinzipien, ist allerdings nicht allein auf diese beschränkt.
Dr. Jana Epperlein ist Geschäftsführerin der GKB. Der landwirtschaftliche Verein setzt sich unter anderem für die Förderung des Erfahrungsaustausches zwischen Landwirtschaft, Beratung, Wissenschaft und Industrie im Themenbereich „Konservierende Landwirtschaft“ ein. In diesem Interview erläutert sie den Hintergrund der Studie und gibt Einblicke in die mit CA verbundenen Herausforderungen und Potenziale.
In einer vorangegangenen Studie mit dem Titel „Ein verborgener Schatz: Wie gesunde Böden in Deutschland jährlich einen Wert von 14 Milliarden Euro schaffen können”. beschäftigte sich der NABU gemeinsam mit der Boston Consulting Group mit dem Thema Boden und Biodiversität: Ein weiteres Thema war Regenerative Landwirtschaft. Vor circa zwei Jahren sind wir zusammengekommen und haben das „Projekt“ gestartet, um Betriebe zu finden, die ihre betriebswirtschaftlichen Daten für diese Studie zur Verfügung stellen möchten. Uns war die „neue” Konstellation bewusst, da es bisher kaum Zusammenarbeit zwischen Naturschutz- und Landwirtschaftsorganisationen gab. Gerade beim „heiklen“ Thema des PSM-Einsatzes in der Landwirtschaft klaffen die Ansichten der beiden NGOs doch deutlich auseinander.
Die Ergebnisse haben uns in den absoluten Zahlen doch überrascht. In unserem Netzwerk GKB gibt es natürlich Berichte über ein Einsparpotential und auch über das Weglassen beispielsweise von Insektiziden bei langjähriger Umsetzung der drei Prinzipien der CA. Allerdings gab es zahlenmäßig keinen direkten Vergleich zu normalen konventionellen oder auch Mulchsaatbetrieben. Hinsichtlich des Kraftstoffeinsatzes und Erträgen gab es bereits zahlreiche Veröffentlichungen, die auch unsere Zahlen bestätigen. Neu sind in der aktuellen Studie die Einschätzungen zum Einsatz der PSM und ihrer vergleichenden Toxizität.
Generell lässt sich sagen, dass es kein Universalrezept gibt. In der Praxis bedeutet das, dass man sich intensiver mit dem Boden auseinandersetzten und ihn genauer beobachten muss, um die dort stattfindenden Prozesse besser zu verstehen. Eine gute Dokumentation, diverse Anpassungen und der Erfahrungsaustausch mit anderen Betrieben und Beratung sind daher wichtig und empfehlenswert. Vor der Umstellung sollten man sich also bereits gut informieren, Kontakte knüpfen und Bodenanalysen anfertigen lassen.
Bis sich die natürlichen, ökologischen Regulationsmechanismen etablieren, vergehen oft mehrere Jahre. In dieser Zeit kann es zu Ertragseinbußen kommen. Wesentlicher Treiber dieser Regulationsmechanismen sind unterschiedliche Mikroorganismen und andere Lebewesen, die als pflanzliche Partner und als Gegenspieler für Krankheiten und Schädlinge in Erscheinung treten. Zudem helfen sie dabei, Nährstoffkreisläufe zu etablieren. Durch den Verzicht auf Bodenbearbeitung verändern sich also die ökologischen Bedingungen und Nährstoffdynamiken und -verfügbarkeiten, sodass langfristig oft Einsparungen bei Pflanzenschutz und Düngung möglich sind.
Allerdings wird durch den Verzicht auf den Pflug der Unkrautdruck anfangs oft stärker, da eine mechanische Bekämpfung erschwert wird. Häufig sind daher Kombinationen mit Herbiziden oder gezielten Mulchstrategien notwendig.
Sie sprechen einen wichtigen Punkt an. Die anfänglichen Investitionen können hoch sein. Es können Direktsaatmaschinen, Mulchgeräte und Technik zur Etablierung von Zwischenfrüchten erforderlich sein. Diese Kosten amortisieren sich jedoch durch geringere Betriebskosten. Dazu gehört auch der geringere Kraftstoffverbrauch durch weniger Arbeitsgänge.
Kulturen mit besonderer Eignung sind Winterweizen, Wintergerste, Triticale und Körnerleguminosen, wie Ackerbohne, Soja und Lupine. Außerdem funktioniert CA gut bei Mais in wärmeren Lagen oder mit Strip-Till, bei Raps mit vorsichtiger Herbizidanpassung und bei Kleegras als Dauerbegrünungselement in Rotationen.
Mit CA schwer vereinbar sind hingegen Kulturen mit hohem Bodenbearbeitungsbedarf, wie beispielsweise Hackfrüchte. Dazu zählen Kartoffeln, Zuckerrüben, Möhren und Sellerie, wobei es bei Zuckerrüben gute Erfahrungen und auch Forschungsergebnisse gibt, die auf Anwendung des Mulchsaatsystem beruhen. Bei den genannten Kulturen ist generell problematisch, dass sie eine starke Bearbeitungsintensität (wie Hacken, Dämme und Häufeltechniken) und ggf. einen tiefen Eingriff in den Boden bei der Ernte benötigen. Zudem kann der ungleichmäßige Feldaufgang bei der Anwendung des Mulchsystems Probleme bereiten, wie es zum Beispiel bei Möhren der Fall ist. Ein möglicher Lösungsansatz bei Kartoffeln und Zuckerrüben ist Versuchen zufolge beispielsweise Strip-Till mit Lebendmulch oder Transfermulch. Diese Verfahren gehen allerdings mit hohen technischen und betrieblichen Anforderungen einher.
Die CA ist kein starres System, sondern ein an die Gegebenheiten anpassbarer und anzupassender Ansatz. Das eröffnet schon mal ein weites Feld für Fragestellungen zur Optimierung auf Standort- und Fruchtartenanpassung und effizientem Unkrautmanagement ohne Bodenbearbeitung. Bezüglich des Unkrautmanagement wären Forschungen zur Umsetzung von CA im ökologischen Landbau interessant, da dies dort eine besondere Herausforderung darstellt. Ein möglicher Weg zur Unkrautkontrolle, auch im konventionellen Bereich, könnte eine bessere Einbindung von Zwischenfrüchten und Untersaaten (Kleinwüchsigkeit, Pflanzengesellschaften, Handling im Fruchtfolgesystem der Hauptfrüchte) oder die Einbindung von Robotik sein. In der konventionellen CA könnten Pflanzenschutzzulassungen und intelligente Spritztechnologien oder biologische Herbizidalternativen weitere Potenziale freilegen.
Zudem fehlen vielerorts Langzeitstudien, die sich mit dem Humusaufbau im Anbausystem CA oder in der Regenerative Landwirtschaft beschäftigen. Auch der damit verbundene und noch zu wenig ergründete Einfluss des Mikrobioms oder die Resilienz gegenüber Starkregen und Hitze sollte bearbeitet werden. Neben neuen Ansätzen wie Controlled Row Farming (CRF) wäre auch die Beleuchtung sozioökonomischer Fragestellungen rund um die betriebswirtschaftliche Rentabilität, Arbeitszeitaufwand, Maschinennutzung, die Akzeptanz in der Praxis und die Hürden bei der Umstellung interessant.
Letzte Aktualisierung 24.10.2025