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Der Blick in die Nachrichten zeigt, dass sich Überflutungen und Ernten bedrohende Trockenperioden auch in Deutschland häufen und sich in immer kürzer werdenden Abständen abwechseln (BMUV 2024).
Die zunehmend häufiger auftretenden Trockenperioden beeinflussen nicht nur die landwirtschaftlichen Erträge (Abbildung 1), sondern haben vielfältige negative Folgen, beispielsweise für das Grundwasser, Straßenbäume und Forstgebiete.
Bei Überflutungen ist auffällig, dass sie meist überraschend schnell erfolgen und das Wasser häufig nicht aus einem Fluss, sondern von untypischen Orten kommt, wie aus einem Acker (Abbildung 2), von einer Straße oder sogar aus dem Wald.
Es ist deutlich, dass sich etwas verändert hat. Fast einstimmig wird dafür der von CO2 (Kohlenstoffdioxid) und anderen Treibhausgasen getriebene Klimawandel verantwortlich gemacht. Die Klimawirkung diese Treibhausgase wird üblicherweise in CO2-Äquivalenten ausgedrückt. Daher wird dies hier als CO2-getriebener Klimawandel bezeichnet.
Es ist bekannt, dass die Niederschlagsmenge einzelner Regenereignisse mit zunehmender Temperatur ansteigt. Der Anstieg beträgt sieben Prozent je Grad Temperaturzunahme (Fowler et al. 2021). Da der Temperaturanstieg heute bei etwa 1,5 Grad Celsius liegt, ist demnach ein Anstieg der Niederschlagsmenge bei Einzelereignissen um etwa zehn Prozent zu erwarten, in wenigen Fällen vielleicht um zwanzig Prozent. Dieser Anstieg ist bislang noch im Bereich der Nachweisgenauigkeit und der regionalen Variabilität, die als normal und unproblematisch empfunden wird (Willems et al. 2023).
Auch wenn mit Fortschreiten des CO2-getriebenen Klimawandels zweifellos die Niederschlagsmengen einzelner Ereignisse weiter zunehmen werden, sind die bisherigen Änderungen zu gering, um die bereits zu beobachtenden Schadereignisse zu erklären. Denn die bisher noch kleinen Änderungen der Niederschlagsmenge können auch nur kleine Änderungen im Abfluss zur Folge haben. Auch das Phänomen, dass es nach einem extremen Niederschlagsereignis immens schnell zu Überflutungen kommt, kann nicht durch den CO2-getriebenen Klimawandel erklärt werden – die Fließgeschwindigkeit des Wassers ändert sich durch eine Temperaturzunahme nicht!
Es muss daher neben dem CO2-getriebenen Klimawandel noch weitere, bisher unterschätzte Ursachen für die Zunahme an Überflutungen und Dürren geben. In den letzten 200 Jahren, besonders nach 1950, wurden die Böden zunehmend trockengelegt, versiegelt und durch den Einsatz immer größerer Maschinen in der Land- und Forstwirtschaft verdichtet. Diese Änderungen in Landnutzung und Bewirtschaftung haben den Bodenzustand verschlechtert.
Die Konsequenz ist, dass weniger Niederschlagswasser infiltriert, stattdessen fließt es vermehrt und schneller ab. Schadereignisse wie Bodenerosion und Hochwasser sind die Folge. Gleichzeitig fehlt dieses Wasser in regenfreien Zeiten im Boden und steht daher den Pflanzen nicht zur Verfügung.
Dieses Phänomen wird als landnutzungsgetriebener Klimawandel bezeichnet, der ebenfalls zu Überflutungen und Trockenperioden führt (rechte Hälfte von Abbildung 3; Auerswald et al. 2025).
Aus dem Auftreten von Hochwasser oder Dürre kann nicht auf eine konkrete Ursache geschlossen werden. Wie Abbildung 3 zeigt, können verschiedene Ursachen zur gleichen Wirkung führen.
In der öffentlichen Diskussion wird aber meist der CO2-getriebene Klimawandel alleine dafür verantwortlich gemacht. Es ist allerdings wichtig, alle Ursachen zu betrachten und in ihrer Wirkung quantitativ zu vergleichen.
Die Böden spielen eine wichtige Rolle als Puffer für Niederschlagswasser: wie ein Schwamm lässt ein intakter Boden Wasser infiltrieren, speichert es über Monate und stellt es den Pflanzen auch in Trockenzeiten zur Verfügung. Ein verdichteter oder versiegelter „Schwamm“ funktioniert schon bei durchschnittlichen Niederschlägen nicht mehr richtig. Wenn durch den CO2-getriebenen Klimawandel die Wassermenge eines Regenereignisses zunimmt, ist das bei verdichtetem oder versiegeltem Boden deutlich fataler als bei einem intakten Boden. Somit verstärken sich der CO2-getriebene und der landnutzungsgetriebene Klimawandel in ihren Wirkungen.
Funktionsfähige Böden werden daher in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen. Dennoch wurde die „Schwammfunktion“ der Böden in der Vergangenheit stark reduziert und wird zunehmend weiter beeinträchtigt. Im Wesentlichen erfolgt dies durch:
Wie lassen sich die Schäden an Böden vermeiden und wie lassen Böden sich wieder intakt setzen?
Die Fläche versiegelter Böden ist in den vergangenen Jahrzehnten stark angewachsen. Städte und Ortschaften werden größer und dies macht immer mehr Straßen notwendig. Gleichzeitig erforderte auch die Mechanisierung von Land- und Forstwirtschaft immer mehr kraftfahrzeugtaugliche Wege und Straßen. Daher ist die Landschaft mittlerweile durchzogen von einem dichten Netz an Straßen, Feldwegen und Forststraßen. Beispielsweise hat das Wegenetz in Bayern eine Länge von ca. 462.000 km (davon 142.000 km Straßen (BayStMB 2018), 200.000 km Feldwege (ArgeLandentwicklung 2018), 120.000 km Forststraßen (BMEL 2021). Dieses Wegenetz wird meist ein- oder beidseitig von Wegseitengräben oder unterirdischen Entwässerungseinrichtungen begleitet, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten (FGSV 2021). Damit ist das künstliche Netz der Wegseitengräben in Bayern vielfach größer als das natürliche Gewässernetz von rund 100.000 km Länge (LfU Bayern o.J.). Auch Dachflächen sind in der Regel an eine Entwässerungseinrichtung angeschlossen. Insgesamt wurde so ein dichtes Entwässerungsnetz geschaffen.
Dieses Entwässerungsnetz führt, ebenso wie die Straßen, direkt in die nächste Ortschaft. Orte liegen selten auf Kuppen und befinden sich in der Regel in tieferen Lagen der Landschaft (Schwarz 1989). Daher leiten die Wegseitengräben bei Starkregenereignissen den Oberflächenabfluss aus der Landschaft trichterartig auf kurzem Wege und schnell in die nächste Ortschaft.
Eine Verdopplung der Abflussgeschwindigkeit führt aber bei gleicher Abflussmenge zu einer Verdopplung des Hochwasserscheitels (Seibert & Auerswald 2020). Dies erklärt, warum Orte bei Unwetterereignissen fast ohne Vorwarnzeit überflutet werden und oft auch Todesopfer zu beklagen sind.
Das Gewicht der land- und forstwirtschaftlichen Maschinen hat seit den 1960er Jahren linear zugenommen; beispielsweise ist die Auflast beim Vorderrad von Mähdreschern von rund zwei Tonnen um 1960 auf acht Tonnen um 2010 gestiegen (Keller et al. 2019). Durch die Verwendung breiterer Reifen blieb der Kontakflächendruck an der Bodenoberfläche zwar gleich, aber die Belastung des Unterbodens stieg in immer größerer Tiefe an (Keller & Or 2022). Untersuchungen haben gezeigt, dass in Deutschland mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Böden eingeschränktes Wurzelwachstum durch einen verdichteten Unterboden aufweisen (Schneider & Don 2019a).
Dies hat vielfältige negative Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion:
Die Vermeidung einer Unterbodenverdichtung ist immer der Schadensbehebung vorzuziehen. Dafür werden leichtere Maschinen mit einer Radlast unter fünf Tonnen sowie bodenschonende, reduzierte Bearbeitungsmethoden empfohlen (Fründ, 2021). Breitere Reifen oder eine Reifendruckregelanlage mindern nur das Problem an der Oberfläche, verhindern aber die Unterbodenverdichtung nicht.
Eine bestehende Unterbodenverdichtung kann durch Bearbeitung oder biologisch gelockert werden. Dabei steht die aufwendige, relativ teure Tiefenlockerung den Methoden einer regenerativen Landwirtschaft gegenüber, die einen längeren Zeitraum für die Umsetzung erfordern. Bei Letzterer erfolgt die Tiefenlockerung beispielsweise durch tiefwurzelnde, mehrjährige Pflanzen und die Förderung wichtiger Bodenorganismen wie Regenwürmer und Bodenwühler (Fründ 2021; Schneider & Don 2019b).
Das Aufbrechen von Unterbodenverdichtung ist jedoch nur erfolgreich, wenn dauerhaft auf ein bodenschonendes Befahren mit unter fünf Tonnen Radlast geachtet und auf eine reduzierte Bodenbearbeitung umgestellt wird.
Im 19. und 20. Jahrhundert wurden in Deutschland große Teile landwirtschaftlicher Nutzfläche durch Drainagen entwässert, um die Bedingungen einer intensiven Produktion wie Befahrbarkeit und Durchlüftung zu verbessern. Deutschlandweit wurden insbesondere Moorböden entwässert und der landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt. Heute ist bekannt, dass Moorböden aus Klimaschutz- und Naturschutzgründen wiedervernässt werden sollten.
Die Entwässerungssysteme dienen dem effektiven Ableiten von Wasser von landwirtschaftlichen Flächen, das meist in das nächste Fließgewässer geleitet wird. Dadurch wird die Grundwasser-neubildung reduziert. Die Konsequenz daraus ist, dass das abgeleitete Wasser in Trockenperioden fehlt. Damit beeinflusst die Drainage auch die Nachbarflächen, denn die ehemals feuchten Flächen waren in Trockenzeiten Pufferflächen, die die Luftfeuchtigkeit erhöhen und die Temperatur senken konnten. Während in feuchten Jahren die drainierte Fläche profitiert, wird in trockenen Jahren auch die Umgebung geschädigt.
Auch alte Drainagen sind heute noch aktiv. Problematisch ist, dass durch veränderte Besitz- oder Pachtverhältnisse das Wissen über ihre Existenz und Position verloren gegangen ist. Ein erster Schritt, um Niederschlagswasser sinnvoll auf dem Acker zurückzuhalten, ist es, sich einen Überblick über bestehende Entwässerungssysteme und deren Funktion zu verschaffen. Im nächsten Schritt kann über einen Rückbau von Drainagen oder den Einsatz steuerbarer Wehre entschieden werden.
Letzte Aktualisierung 07.11.2025