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Neue Stoffstrombilanzverordnung: Vorerst viehstarke Betriebe betroffen Recht

Seit 2018 gilt die neue Stoffstrombilanzverordnung. Sie ist nach dem Düngegesetz und der Düngeverordnung der letzte Baustein des neuen Düngepakets, das die Bundesregierung 2017 auf den Weg gebracht hat.

Quelle: mulderphoto-stock.adobe.de

Mit der Stoffstrombilanzverordnung verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, die Nährstoffflüsse in den Betrieben transparenter zu machen. Dadurch sollen Nährstoffverluste aus der Landwirtschaft verringert und die Einhaltung von Umweltzielen gewährleistet werden.

Was ist die Stoffstrombilanz?

Bei der Stoffstrombilanz werden alle Nährstoffströme, die in den Betrieb hinein gehen, und solche, die wieder hinausgehen dokumentiert und bewertet. Damit unterscheidet sich die Stoffstrombilanz vom Nährstoffvergleich, wie ihn die Düngeverordnung vorschreibt. Der Nährstoffvergleich stellt eine reine Flächenbilanz dar, bei der nur innerbetrieblich erzeugte und verwertete Futtermittel und Wirtschaftsdünger berücksichtigt werden.

Das Prinzip der Stoffstrombilanz ist in der Landwirtschaft nicht unbekannt. Eine sehr ähnliche Methode, die Hoftorbilanz, stand Landwirtinnen und Landwirten bis zum Jahr 2006 neben der Flächenbilanz als Option für die Nährstoffbilanzierung zur Auswahl. In der Gewässerschutzberatung gilt die Hoftorbilanz seit Jahren als Standard für die Beurteilung des Nährstoffmanagements in landwirtschaftlichen Betrieben. Denn sie bietet für viehhaltende Betriebe, insbesondere solche mit Futterbau, aussagekräftigere Ergebnisse.

Was wird erfasst?

Die gesamtbetriebliche Stoffstrombilanz stellt eine Ergänzung zum Nährstoffvergleich dar, sie ersetzt ihn nicht. Somit kommt auf die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe ein zusätzlicher Dokumentationsaufwand zu. Die Landwirtschaftskammern und -ämter in Deutschland arbeiten aber an Computer-Programmen, die Landwirtinnen und Landwirten die Arbeit erleichtern sollen.

Erfasst werden muss der Nährstoffimport über Futter- und Düngemittel, Saatgut, Viehzukauf und Leguminosen-Stickstoffbindung. Demgegenüber wird der Nährstoffexport in Form von pflanzlichen und tierischen Erzeugnissen, Düngemitteln oder Saatgut gestellt. Diese Nährstoffflüsse müssen sowohl für Stickstoff als auch für Phosphor auf Basis von Lieferscheinen oder Rechnungen dokumentiert werden.

So funktioniert die Stoffstrombilanz

Quelle: Jörg Planer

Gestuftes Verfahren: Wer ist bereits ab 2018 betroffen?

Die Stoffstrombilanz wird schrittweise eingeführt. Bereits ab 2018 müssen alle Betriebe mit mehr als 50 Großvieheinheiten oder mit mehr als 30 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche bei einer Besatzdichte von jeweils mehr als 2,5 Großvieheinheiten je Hektar eine Stoffstrombilanz erstellen. Das heißt, es trifft in erster Linie viehstarke Betriebe mit einer hohen Besatzdichte. Darüber hinaus sind ab diesem Jahr aber auch schon kleinere viehhaltende Betriebe betroffen, wenn sie Wirtschaftsdünger von anderen Landwirtschaftsbetrieben aufnehmen.

Um kleine Betriebe zu entlasten, sieht die Verordnung Bagatellgrenzen vor. So müssen viehhaltende Betriebe nur dann eine Stoffstrombilanz erstellen, wenn sie mehr als 750 Kilogramm Gesamtstickstoff aus betriebsfremden Wirtschaftsdüngern beziehen. Als viehhaltend gelten dabei solche Betriebe, bei denen mehr als 750 Kilogramm Stickstoff aus Wirtschaftsdüngern tierischer Herkunft anfällt. Ackerbaubetriebe, beispielsweise, die nebenbei einen kleinen Mobilhühnerstall betreiben oder ein paar Schafe zur Beweidung von Grünlandflächen halten, sind also nicht betroffen.

Zur Stoffstrombilanz verpflichtet sind ab 2018 außerdem Betriebe mit Biogasanlage, wenn sie Wirtschaftsdünger aus anderen Betrieben beziehen. Klassische Ackerbaubetriebe dagegen, auch wenn sie Wirtschaftsdünger aufnehmen, müssen (noch) keine Stoffstrombilanz erstellen.

Ab 2023 gilt Stoffstrombilanz auch für viehlose Betriebe

Geplant ist, dass die Stoffstrombilanzierung zukünftig auch auf viehlose Betriebe ausgeweitet wird. So soll ab 2023 auf allen Betrieben mit mehr als 20 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche eine Stoffstrombilanz erstellt werden. Vorher wird vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) allerdings noch einmal überprüft, ob sich die Stoffstrombilanzierung in gewünschter Weise ausgewirkt hat. Das BMEL wird dazu Ende 2021 einen Bericht vorlegen.

Bewertung der Stoffstrombilanz

Aus den Zu- und Abflüssen errechnen die Betriebe jährlich einen Nährstoffsaldo, den sie zu einer dreijährigen Stoffstrombilanz fortschreiben müssen. Für die Bewertung der errechneten Bilanz – bewertet wird nur Stickstoff – gibt die Verordnung zwei Möglichkeiten vor: Entweder der Betrieb entscheidet sich für eine dreijährige betriebliche Stoffstrombilanz mit einem zulässigen Bilanzwert in Höhe von 175 Kilogramm Stickstoff pro Hektar und Jahr. Oder der Betrieb setzt einen betriebsindividuellen dreijährigen Bilanzwert an, bei dem verschiedene Verlustpotenziale in Ansatz gebracht werden können.

Wann muss die Bilanz erstmals vorliegen?

Bevor die erste Stoffstrombilanz erstellt wird, muss der Betrieb sich entscheiden, ob sich die Bilanzierung auf das Wirtschaftsjahr oder das Kalenderjahr beziehen soll. Spätestens sechs Monate nach Ablauf des Bezugsjahres muss die Bilanz vorliegen und zu einer dreijährigen Bilanz fortgeschrieben werden. Das heißt, wird als Bezugsjahr das Kalenderjahr 2018 gewählt, muss bis zum 30 Juni 2019 des Folgejahres eine Bilanz vorliegen. Wird dagegen als Bezugszeitraum das Wirtschaftsjahr 1. Juli 2018 bis 30. Juni 2019 gewählt, muss die Bilanz bis 31. Dezember 2019 fertig gestellt werden.

Nicht ohne Kritik

Der Beschluss wird von Seiten der Umwelt- und Bioverbänden, aber auch von Vertretern der Wasserwirtschaft und der Wissenschaft kritisiert. Der betriebsindividuelle Bilanzwert würde es insbesondere Betrieben, die viel Stickstoff ausbringen, ermöglichen Bilanzüberschüsse kleinzurechnen, beklagt der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW).

Prof. Dr. Friedhelm Taube, Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität Kiel, der als Mitglied der BMEL-Arbeitsgruppe "Betriebliche Stoffstrombilanzen" mitwirkte, bezeichnet die Stoffstrombilanzverordnung in einem Bericht der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) als "legalisierte Wasserverschmutzung durch die Intensivtierhaltung". Er hatte mit seiner Kieler Gruppe eine einheitliche Obergrenze von 130 Kilogramm Stickstoff pro Hektar als maximalen Stickstoffüberschuss gefordert.

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