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Die aktuelle Düngeverordnung (DüV) ist in Deutschland am 1. Mai 2020 in Kraft getreten. Bei der Ausweisung der nitratbelasteten Gebiete musste allerdings im Jahr 2022 nachjustiert werden. Die EU-Kommission akzeptierte die in Deutschland angewendete, auf Emissionen begründete Binnendifferenzierung nicht, weil sie nicht mit der EU-Nitratrichtlinie vereinbar war.
Die neuerliche Ausweisung der roten Gebiete basiert vor allem auf den Ergebnissen der Nitrat-Messstellen. Das neue Verfahren zur Ausweisung wurde in der „Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Ausweisung nitratbelasteter und eutrophierter Gebiete“ (AVV GeA) am 16. August 2022 im Bundesanzeiger veröffentlicht. Die Bundesländer waren gefordert, bis Ende 2022 die roten Gebiete nach den einheitlichen Vorgaben auszuweisen. Seit Jahresbeginn 2023 gelten die neuen Landesdüngeverordnungen.
Insgesamt befinden sich in Deutschland rund 3 Millionen Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche in nitratbelasteten Gebieten, sowohl Acker- als auch Grünland. Im Internet haben die Landesbehörden interaktive Karten veröffentlicht, auf denen die Gebiete dargestellt sind. Landwirtinnen und Landwirte können dort nachsehen, ob ihre Flächen im roten Gebiet liegen.
In den nitratbelasteten Gebieten gelten bundesweit besondere Maßnahmen und Düngeregeln gemäß § 13a DüV. Sie beziehen sich auf die Höhe der Stickstoffdüngung (N-Düngung), aber auch auf Sperrfristen zur Ausbringung von organischen Düngemitteln:
Zusätzlich zu den bundesweiten Regeln gelten in den einzelnen Bundesländern weitergehende Auflagen zur Düngung. Jedes Bundesland ist verpflichtet, zu den sieben bundesweiten Regelungen zwei weitere zu erlassen. Die Regelungen können in den jeweiligen Landesdüngeverordnungen eingesehen werden.
In Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Bayern beispielsweise sind Landwirtinnen und Landwirte in den nitratsensiblen Gebieten verpflichtet, betriebseigene Proben zum bodenverfügbaren Stickstoff (Nmin) im Frühjahr vor der ersten Düngung zu ziehen sowie die Nährstoffgehalte des Wirtschaftsdüngers bestimmen zu lassen. Auch in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen ist in den roten Gebieten eine Nährstoffanalyse der Wirtschaftsdünger und Gärreste erforderlich. Zudem müssen die Landwirtinnen und Landwirte den ausgebrachten Wirtschaftsdünger auf dem unbestellten Acker innerhalb einer Stunde einarbeiten.
Die Kürzung des Düngebedarfs um 20 Prozent bei Stickstoff erfordert in den nitratbelasteten Gebieten eine Optimierung der Dünge- und Fruchtfolgestrategie. Eine Erweiterung der Fruchtfolge um Leguminosen und Sommerungen kann für viele Betriebe sinnvoll sein.
Zudem gilt es, die berechnete Gesamtstickstoffmenge für alle Flächen in den roten Gebieten zwischen den Kulturen klug aufzuteilen. Der Gesetzgeber erlaubt einen Ausgleich zwischen den einzelnen Kulturen, sodass nicht auf jedem einzelnen Schlag in den belasteten Gebieten die Stickstoffdüngung um 20 Prozent reduzieren werden muss. Allerdings muss in der Summe eine Reduktion von 20 Prozent auf den Betriebsflächen in den belasteten Gebieten gegeben sein.
Besonders Winterweizen, Wintergerste und Raps reagieren mit Ertrags- und Qualitätsverlusten auf eine Stickstoffversorgung unter Bedarf. Wenn möglich, sollten sie voll ausgedüngt werden. Roggen und Triticale hingegen besitzen eine sehr gute Nährstoffaneignung, so dass sie auf eine reduzierte Düngung mit geringeren Ertragsverlusten reagieren. Aufgrund ihrer guten Stickstoffeffizienz können Zuckerrüben Stickstoffmengen an andere Kulturen abgeben, unter günstigen Bedingungen auch Mais. Leguminosen kommen in der Regel ohne eine Stickstoffdüngung aus.
Auch die Form des Stickstoffs hat einen Einfluss auf die Düngewirkung. Der Einsatz von so genannten stabilisierten Düngern kann dazu beitragen, Stickstoffverluste im Boden und über die Luft zu verhindern und die Effizienz der Düngung zu verbessern. Urease- und Nitrifikationsinhibitoren verlangsamen die Umwandlungsprozesse des Stickstoffs im Boden. Mit einem Ureasehemmer versehener Harnstoff wird beispielsweise um bis zu zwei Wochen langsamer zu Ammonium umgewandelt. Nitrifikationshemmer sorgen dafür, dass Ammonium deutlich langsamer in Nitrat umgewandelt wird. Dadurch wird unter anderem eine Auswaschung von Stickstoff bei Extremwetter vermieden. Bei Wirtschaftsdüngern wie Gülle und Gärresten wird dieser Effekt durch eine Ansäuerung erreicht.
Die optimale Versorgung mit allen anderen für die Pflanzen wichtigen Nährstoffen gewinnt in der Kulisse der Düngeverordnung an Bedeutung. Ein Mangel kostet Ertrag. Bei Wintergetreide begrenzt ein Mangel an Phosphat die Bestockung. Eine optimale Schwefelversorgung ist Voraussetzung für eine hohe N-Effizienz. Im Frühjahr sind Nmin- und Smin-Analysen geeignet, den Vorrat an Stickstoff und Schwefel im Boden zu bestimmen und daraus den Düngebedarf abzuleiten.
Weitere Messungen der Pflanzenversorgung während der Vegetationsperiode, beispielsweise über Blattanalysen, können helfen, die Düngung optimal an Witterung und Wachstum der Kulturpflanzen anzupassen. Auch der Anbau von Zwischenfrüchten ist ein Instrument, um hohe Nmin-Werte nach der Ernte zu vermeiden und die Nährstoffe für die Folgefrucht zu konservieren.
Wie wirksam sind die gesetzlichen Maßnahmen zur Reduktion der Stickstoffüberschüsse auf landwirtschaftlich genutzten Flächen?
Die Auswirkungen und Erfolge der reduzierten Stickstoffdüngung und anderer Maßnahmen sind im Nitratmesssystem durch die zum Teil langen Fließzeiten des Sickerwassers unter Umständen erst nach Jahren bis Jahrzehnten messbar.
In dem Demonstrationsvorhaben „Multiparametrisches Monitoring von Nitratfrachten in der Landwirtschaft“ (MoNi) sollen die Änderungen der Nitratfrachten sichtbar gemacht werden, die durch die an die Düngegesetzgebung angepasste Bewirtschaftungsweise der Flächen bewirkt wird. Dafür werden sogenannte Frühindikatoren eingesetzt. Das sind Bodenuntersuchungsverfahren und Bilanzierungsmethoden, die sich im Trinkwasserschutz bewährt haben. Auf diese Weise sollen Ergebnisse über die Wirksamkeit der Maßnahmen schneller zur Verfügung stehen, als wenn Messungen im Grundwasser durchgeführt würden, um Veränderungen der Nitratbelastung abzubilden. Denn diese stehen erst mit großen zeitlichen Verzögerungen zur Verfügung.
Am Demonstrationsvorhaben sind landwirtschaftliche Betriebe in ganz Deutschland beteiligt. Auf über 1000 Ackerschlägen werden Stickstoffbilanzen sowie Stickstoffgehalte fortlaufend erfasst und ausgewertet. Die Ergebnisse des Monitorings sollen perspektivisch für die Nitratberichterstattung gegenüber der EU genutzt werden. Das Projekt läuft noch bis 2024.
Bei einer reduzierten Stickstoffdüngung werden die vom Handel geforderten Proteinwerte häufig nicht erreicht, so dass der Weizen nur noch als Futterweizen vermarktet werden kann. Die Qualitätskriterien für die Vermarktung des Weizens beim Handel besagen, dass ein Backweizen (B-Weizen) mindestens 12 Prozent Protein enthalten muss. Ein Aufmischweizen (A-Weizen) muss mindestens 13 Prozent enthalten. Für die Betriebe bedeutet das unter Umständen einen erheblichen wirtschaftlichen Verlust.
Es gibt aber auch Beispiele, wie reduziert gedüngter Weizen dennoch als Backware vermarktet werden kann. Denn der Proteingehalt allein sagt nicht genug über die Backqualität einer Sorte aus. Auch Weizen mit weniger als 12 Prozent Protein kann verbacken werden. Im Projekt „Wasserschutz-Weizen“ in Niederbayern verzichten Landwirtinnen und Landwirte seit 2014 in wassersensiblen Gebieten auf die dritte Stickstoffgabe zu Winterweizen und begrenzen die Düngung auf 160 kg Stickstoff je Hektar. Außerdem verpflichten sie sich, bestimmte Sorten mit guten Backeigenschaften anzubauen. Der Weizen wird von den am Projekt beteiligten Mühlen und Bäckereien vermahlen und verarbeitet, die Ware als „Wasserschutzbrot“ verkauft. Die Landwirte erhalten einen finanziellen Ausgleich für die geringeren Eiweißgehalte.
Letzte Aktualisierung: 31.07.2023