In Deutschland hatten passionierte Landwirte Mitte des 19. Jahrhunderts mit einer systematischen Züchtungsarbeit begonnen. Dies war der Ursprung der bis heute mehrheitlich privatwirtschaftlich strukturierten deutschen Züchterlandschaft. Als Anfang des 20. Jahrhunderts endlich die Bedeutung der Mendelschen Regeln erkannt wurde, begannen viele Gutsbesitzer, sich per Kreuzungszüchtung auf die Verbesserung einzelner Kulturpflanzenarten zu spezialisieren. Vor allem in Mittel- und Ostdeutschland waren sowohl die Betriebsgrößen als auch die natürlichen Standortbedingungen günstig, weswegen die Region heute als „Wiege der deutschen Pflanzenzüchtung“ gilt.
In Deutschland fand die kurze Blütezeit der Züchtungswissenschaften durch Nationalsozialismus und Krieg ein jähes Ende. Die Teilung Deutschland nach Kriegsende zerriss auch die Züchtergemeinde und zwang fast die Hälfte der ostdeutschen Unternehmer zum Neuanfang in der Bundesrepublik.
Nach der Wiedervereinigung fand sich die Züchterlandschaft allmählich zu ihrer heutigen Struktur zusammen. 130 Unternehmen befassen sich in Deutschland mit der Züchtung und dem Vertrieb landwirtschaftlicher und gartenbaulicher Kulturarten, 60 von ihnen betreiben eigene Zuchtprogramme und forschen oft an mehreren Kulturarten. Die meisten Züchterhäuser sind mittelständische Unternehmen, daneben sind auch einige Konzerne in der Züchtung aktiv. Diese einzigartige Struktur aus vielen Wettbewerbern macht die Züchtungsbranche innovativ und schlagkräftig. Auf der anderen Seite sind gerade die kleineren Unternehmen wirtschaftlich gefährdet: Züchtungsforschung ist – aufgrund der technischen Fortschritte der letzten Jahrzehnte – technisch sehr viel aufwendiger geworden. Neben dem normalen Wettbewerbsrisiko beeinflussen auch politische Vorgaben, gesellschaftliche Einflüsse und ungeklärte Fragen zu Sortenschutz und dem Schutz geistigen Eigentums den Planungshorizont der Züchter.