Zum einen können Landwirtinnen und Landwirte eine nachhaltige bäuerliche Landwirtschaft praktizieren, ohne sich dem globalen Konkurrenzdruck stellen zu müssen. Zum anderen erhalten Verbraucherinnen und Verbraucher regional erzeugte und hochwertige Lebensmittel, deren Anbau und Ernte sie hautnah miterleben können. Eine Win-win-Situation, die immer mehr Landwirtinnen und Landwirten Mut macht, auf Solidarische Landwirtschaft umzustellen oder sie in ihren Betrieb zu integrieren.
„Solidarische Landwirtschaft" – so funktioniert sie
Solidarische Landwirtschaft beruht darauf, dass ein oder mehrere Höfe oder Gärtnereien eine Gruppe von Verbraucherinnen und Verbrauchern mit Lebensmitteln versorgen. Im Gegenzug verpflichtet sich die Verbrauchergemeinschaft, einen vereinbarten Betrag an den Hof zu zahlen – und zwar jährlich oder monatlich im Voraus. Damit wird die gesamte landwirtschaftliche Produktion finanziert – einschließlich der Betriebsmittel, Löhne, Pacht und Maschinen. Die produzierten Lebensmittel werden nicht verkauft, sondern untereinander verteilt.
Durch die Finanzierung des Hofes, die vollständige Abnahme der Produkte und dem gemeinsamen Tragen von Risiko und Verantwortung entstehen Solidarität und Wertschätzung zwischen aktiven Landwirtinnen und Landwirten sowie den Mitgliedern der Verbrauchergemeinschaft.
Steigendes Interesse an SoLaWi
Die Anzahl der SoLaWis nimmt zu. Waren es deutschlandweit 2011 etwa 25 Solidarhöfe und -gärtnereien, gab es 2023 laut einer Übersicht des Netzwerkes Solidarische Landwirtschaft e.V. über 460. Die Betriebsgrößen reichen von Gärtnereien mit nur einem Hektar bis hin zu großen Universalbetrieben mit über 200 Hektar. Sie liegen sowohl in ländlichen als auch stadtnahen Regionen und haben zwischen 50 und mehreren hundert Mitglieder – die genaue Gestaltung bleibt den Beteiligten überlassen.
Mit einem Hektar landwirtschaftlicher Fläche werden in der SoLaWi auf der Grundlage der ökologischen Anbaupraxis etwa vier Menschen versorgt. Wird nur Gemüse angebaut, können mit einem Hektar etwa 100 Menschen versorgt werden. Die genaue Anzahl der Personen hängt jedoch vom Produktionsspektrum und den natürlichen und betrieblichen Gegebenheiten ab.
Kosten einer Mitgliedschaft
Je nach SoLaWi gibt es unterschiedliche Finanzierungsmodelle. In der Regel gibt es keinen Durchschnittsbeitrag, den alle gleichermaßen zahlen müssen, sondern einen Orientierungs- oder Richtwert. So gibt es die Möglichkeit, dass einzelne Mitglieder auch höhere oder niedrigere Beiträge leisten. Dadurch findet ein sozialer Ausgleich statt zwischen jenen, die mehr, und jenen, die weniger geben können.
Die monatlichen Orientierungswerte schwanken, je nach Angebot. Eine gemüsebetonte Versorgung kostet weniger als eine Vollversorgung, die auch Brot, Milchprodukte oder Fleisch miteinschließt. Darüber hinaus können Beiträge auch in nicht-monetärer Form erbracht werden, beispielsweise durch Hilfe beim Zaunbau oder bei der Obsternte.
Mindestens einmal im Jahr treffen sich alle Mitglieder, um das neue Wirtschaftsjahr zu planen. Die Landwirtinnen und Landwirte machen transparent, wie viel Geld sie im kommenden Jahr benötigen, was mittel- und langfristig angeschafft werden muss und was im vergangenen Jahr ausgegeben wurde. Aus dem Jahresbudget errechnet sich dann der Mitgliedsbeitrag für das nächste Jahr.
Freie Gestaltung: Regional, saisonal, vielfältig
Die Auswahl an Lebensmitteln, die in einem SoLaWi-Betrieb erzeugt werden, treffen die Landwirtinnen und Landwirte und die Mitglieder gemeinsam. Die endgültige Entscheidung, was unter den örtlichen Gegebenheiten mit den vorhandenen Ressourcen umsetzbar ist, liegt jedoch bei den Fachleuten. Hieraus ergibt sich für SoLaWis ein regional typisches und saisonales Angebot. Im Gemüseanbau sind über das Jahr verteilt an die 40 Gemüsekulturen durchaus möglich.
So lernen Mitglieder auch Lebensmittel kennen, die im Handel nicht unbedingt üblich sind, wie Postelein oder Schwarzwurzel. Diese Vielfalt ist für Mitglieder der SoLaWi besonders attraktiv. Durch kurze Transportwege kann außerdem eine Frische und Qualität angeboten werden, die in längeren Handelsketten nicht erreichbar ist.
Wie kommen die Lebensmittel vom Hof zu den Mitgliedern?
Um Transportwege zu sparen und eine möglichst umweltfreundliche Organisation der Lebensmittelverteilung zu erreichen, gibt es je nach Betrieb verschiedene Möglichkeiten. Manche SoLaWis arbeiten mit Abholgemeinschaften, andere beliefern einmal wöchentlich private oder öffentliche Depots, etwa bei Bioläden oder in Garagen. Es gibt aber auch SoLaWis, bei denen die Ernte zentral vom Hof ausgefahren wird.
In der Regel ist ein- bis zweimal in der Woche Abhol- oder Liefertag. Der Rhythmus wird an den Bedarf und die Produktion angepasst. Beschränkender Faktor sind die Zugänglichkeit und Lagerkapazitäten des Lieferraums sowie die Haltbarkeit der Lebensmittel.
Mehr Mut zur SoLaWi-Gründung
Wer sich als Landwirtin oder Landwirt zur Gründung einer SoLaWi entscheidet, sollte mit dem Konzept gut vertraut sein und sich bei bereits existierenden Solidarhöfen über Abläufe und Möglichkeiten informieren.
Bei der Umstellung kann es sinnvoll sein, sich vorerst an den gegebenen Betriebsstrukturen zu orientieren, diese nach und nach an den Bedarf anzupassen und gegebenenfalls weiterhin Teile der Produktion außerhalb der SoLaWi abzusetzen. Das reduziert das Risiko und ermöglicht zunächst das Sammeln von Erfahrung und den Aufbau einer verlässlichen Verbrauchergemeinschaft.
Im Hinblick auf die bestmögliche Versorgung der Mitglieder kann alles angebaut werden, was landwirtschaftlich sinnvoll ist. Um dies gewährleisten zu können, sind der langfristige Aufbau der Bodenfruchtbarkeit und die Etablierung geschlossener Nährstoffkreisläufe zentrale Erfolgsfaktoren. Bewährt haben sich auch regionale Kooperationen mit anderen landwirtschaftlichen Betrieben.
Betreuung der SoLaWi-Gemeinschaft benötigt Zeit
Nicht zu unterschätzen ist der zeitliche Aufwand für die Kommunikation nach außen, die Anwerbung von Mitgliedern und die Organisation der Lebensmittelverteilung. Wie sich eine SoLaWi entwickelt, hängt nicht zuletzt vom Engagement der Mitglieder ab. Darüber hinaus gilt es natürlich auch, eine Reihe von rechtlichen und steuerlichen Fragen zu klären. Auch hier ist es hilfreich, sich Best Practice-Beispiele anzusehen und Kontakt zu bestehenden SoLaWi-Initiativen aufzunehmen, um von deren Erfahrungen und Erkenntnissen profitieren zu können und letztendlich ein zukunftsfähiges Modell aufzubauen.