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Torffreie Produktion im Zierpflanzenbau Gartenbau

Im Zierpflanzenbau wird das Thema Torfersatz immer wichtiger. Wie gut torffreie und torfreduzierte Substrate in der Praxis funktionieren, untersuchte das Projekt „Torfersatzstoffe im Gartenbau“. Ein teilnehmender Betrieb berichtet von seinen Erfahrungen.

Im Projekt wurden Weihnachtssterne in torffreiem und torfreduziertem Substrat herangezogen. Sie zeigen Probleme bei der Kulturführung schnell an.
Bild: Radila - stock.adobe.com

In vielen Gärtnereien und Gartencentern gehören torfreduzierte und torffreie Hobbyerden zum Standardsortiment. Die Zierpflanzen, die darin wachsen sollen, werden hingegen nach wie vor oft in torfhaltigen Substraten herangezogen. Dabei hat die Branche das Thema Torfersatz durchaus auf dem Schirm, was Diskussionen und Forschungsprojekte belegen.

Gärtnermeisterin Julia Behre hat die Chance genutzt und mit ihrer Großhandelsgärtnerei an einer Versuchsreihe des Projektes „Torfersatzstoffe im Gartenbau“ (TeiGa) mitgewirkt. Das Projekt lief von 2016 bis 2019. Ihre Bilanz zur torffreien Weihnachtssternkultur war nach Projektende gemischt.

Gärtnermeisterin Julia Behre im Interview

praxis-agrar.de: Was hat Sie dazu bewogen, an dem Forschungsprojekt teilzunehmen und Ihre Produktionsweise in Teilen umzustellen?

Julia Behre: Zum einen persönliches Interesse – wir haben mit Maßnahmen zum biologischen Pflanzenschutz und mit effektiven Mikroorganismen schon gute Erfahrungen gemacht. Zum anderen möchte ich gerne vorne mit dabei sein, wenn die torffreie Produktion tatsächlich zum flächendeckenden Trend wird. Dass es so kommen wird, ist meiner Einschätzung nach nur eine Frage der Zeit. Denn Torf ist nun mal nur begrenzt vorhanden beziehungsweise aus ökologischen Gründen nur begrenzt nutzbar. Da wäre es fatal, sich vorab nicht zumindest schon mal Gedanken zu machen. Als sich die Gelegenheit zur Projektteilnahme ergab, habe ich sie daher auch sofort ergriffen.

praxis-agrar.de: Hatten Sie vorher schon praktische Berührungspunkte mit dem Thema Torfersatz?

Behre: Ja, wir verwenden für unsere Zierpflanzenproduktion Substratmischungen mit 20 Prozent Torfersatzstoffen, hauptsächlich aufbereitete Holzfaser. Das ist für den Zierpflanzenbau schon ein sehr hoher Anteil an Ersatzstoffen – von der Hydrokultur einmal abgesehen.

Wir waren auch schon mal bei einem Anteil von 30 Prozent, das war eine Betriebsmischung mit hohem Kompostanteil, die sehr gut funktioniert hat und preislich gleichauf mit dem Standardsubstrat lag. Dann musste das Erdenwerk die Preise erhöhen, weil weniger Kompost in der notwendigen hohen Qualität verfügbar war. Da hat es sich für uns leider nicht mehr gerechnet.

praxis-agrar.de: Von 30 Prozent Torfersatzstoffen zur torffreien Produktion ist es ein ziemlicher Sprung. In anderen Anbausparten gibt es bereits Betriebe, die ganz oder in Teilen torffrei produzieren, im Zierpflanzenbau sieht es anders aus – warum?

Mehrkosten für torfreduzierte oder torffreie Substrate müssen sich über den Verkauf auch wieder einspielen lassen.
Bild: sablinstanislav - stock.adobe.com

Behre: Bei mehrjährigen Kulturen wie Gehölzen und Stauden lassen sich durch die längere Kulturdauer Probleme besser auffangen und selbst hier sind nicht alle Kulturen gleich gut geeignet. Im Zierpflanzenbau haben wir viele empfindliche Kulturen mit raschem Biomassezuwachs und müssen innerhalb weniger Wochen auf den Punkt produzieren, Probleme bei der Kulturführung wirken sich da oft unmittelbar auf die Verkaufsqualität aus.

Außerdem spielt natürlich der Preis eine entscheidende Rolle, da ist es mit der torffreien Produktion ähnlich wie mit der Bio-Zertifizierung: Für entsprechend produzierte Kräuter und Gemüsejungpflanzen sind die Endverbraucher vielleicht noch bereit, etwas mehr zu zahlen, aber für ein Stiefmütterchen sehe ich das derzeit einfach nicht.

praxis-agrar.de: Welche Substrate kamen bei Ihnen während des Projekts zum Einsatz?

Behre: Eine Mischung war eine geheime Rezeptur eines großen Erdenwerks – für die Substratproduzenten ist das natürlich auch ein Zukunftsthema und wird entsprechend intensiv beforscht. Das Substrat wurde auch schon offiziell angeboten, war mit Mehrkosten von 25 Prozent im Vergleich zu Standardsubstraten für uns aber noch völlig uninteressant.

Die zweite Mischung wurde von den TeiGa-Projektpartnern entwickelt. Sie bestand aus 50 Volumenprozent Kokosmark, 35 Volumenprozent Holzfaser und 15 Volumenprozent Kompost und einer NPK-Grunddüngung. Der pH-Wert lag bei 5,9.

Als Kontrollvariante haben wir unser Standardsubstrat mit 20 Prozent Torfersatzstoffen verwendet.

praxis-agrar.de: Mit welchen Erwartungen sind Sie und Ihr Team in die torffreie Produktion gestartet?

Behre: Ich war schon ziemlich skeptisch, weil gerade Euphorbien sehr nährstoffbedürftig und empfindlich sind. Aber gerade wegen ihres aktiven Stoffwechsels sind sie natürlich auch gut als Modellorganismen geeignet, weil man die Wirkung schnell sieht.

Unsere Mitarbeiter waren von der Versuchsteilnahme anfangs nicht besonders begeistert, weil wir natürlich ein besonderes Auge auf die Kultur haben mussten. Aber mit dem Tun stieg das Interesse und am Ende waren alle von dem Thema begeistert und würden gerne weitere Erfahrungen sammeln.

praxis-agrar.de: Waren Ihre Erfahrungen demnach positiv?

Behre: Nein, tatsächlich waren die Ergebnisse sogar recht ernüchternd: Bei beiden Substraten waren 70 bis 80 Prozent der torffrei produzierten Pflanzen nicht vermarktungsfähig – da kamen wir in unserem Betrieb auf ähnliche Zahlen wie in einem zweiten Versuchsbetrieb sowie an der gartenbaulichen Versuchsanstalt selbst.

Wir mussten häufig eingreifen, etwa den pH-Wert erhöhen, Einzelnährstoffmangel ausgleichen und für kurze Zeit hatten wir eine zu nasse Kulturführung – bis wir gemerkt haben, dass das betreffende Substrat, wenn es aufhellt, trotzdem noch genügend Feuchtigkeit speichert und nicht gewässert werden muss. In der Folge dieser Probleme waren die Pflanzen am Ende der Kulturzeit sehr ungleichmäßig und hatten zum Teil starke Blattaufhellungen.

Allerdings könnte man ja nun genau an diese Erfahrungen bei der Kulturführung anknüpfen, ein zweiter Durchlauf würde daher sicherlich schon bessere Ergebnisse bringen. Eventuell wird es demnächst einen Langzeitversuch über vier Jahre und verschiedene Kulturen im Querschnitt geben, daran würde ich sehr gerne teilnehmen. Dauerhaft könnte ich die Produktion nach derzeitigem Stand leider noch nicht auf torffreie Substrate umstellen.

Positiv überrascht waren wir allerdings, als wir vor einigen Wochen Stiefmütterchen in vom Versuch übriggebliebenes Substrat getopft haben – einfach aus persönlicher Neugier. Das Substrat lagerte schon eine Weile und der Langzeitdünger hatte sich bereits verflüchtigt, es waren also denkbar schlechte Ausgangsbedingungen. Und die Violen haben sich zunächst auch sehr zögerlich entwickelt und zeigten starke Blattaufhellungen. Nachdem wir allerdings noch mal ordentlich Phosphor gedüngt und an einigen weiteren Einzelnährstoffen gedreht hatten, haben sie sich so gut gemacht, dass wir nun absolut verkaufsfähige Ware erwarten. Falls sich das bestätigt, wäre es zwar immer noch eine Preisfrage, aber ich könnte mir prinzipiell vorstellen, in dieser Kultur künftig torffreies Substrat einzusetzen.

praxis-agrar.de: Welche Ziele halten Sie beim Thema Torfersatz im Zierpflanzenbau für realistisch?

Behre: Ich persönlich möchte versuchen, in den nächsten Jahren auf eine Torfreduktion von 50 bis 60 Prozent zu kommen. Das halte ich für ambitioniert, aber realistisch, wenn gleichzeitig möglichst keine Mehrkosten entstehen sollen.

Auf jeden Fall werde ich auch den Markt weiter beobachten, denn sobald sich ein Mehrwert bei der Vermarktung ergibt, wächst natürlich auch der Spielraum bei der Produktion. Ich vermarkte meine Waren über eine Erzeugergenossenschaft, die eigene Regional- und Nachhaltigkeitslabel am Markt etablieren möchte. Wenn es gelänge, auf diesem Weg höhere Preis zu erzielen, würde das eine weitere Torfreduktion sicherlich beschleunigen.

Letzte Aktualisierung 21.02.2024

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